Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
in seine Tasche.
»Gehen wir.«
54
Als sie das Motel verließen und mit eiligen Schritten das Zentrum des kleinen Städtchens Westfield ansteuerten, legte sie ihm in einer Geste stummen Mitgefühls die Hand auf den Rücken.
Keiner von beiden sprach. Die unerwartete Wendung der Ereignisse hatte sie beide in einen Schockzustand versetzt.
Soeben hatte Radell Cain das Unterste zuoberst gekehrt. Hatte Alex zuvor nicht gewusst, wie er vorgehen sollte, die Aufgabe selbst aber eher unkompliziert ausgesehen, so empfand er nun eine lähmende, von Betroffenheit und Verzweiflung ausgelöste Dumpfheit. Es schien nicht mehr bloß darum zu gehen, zu verhindern, dass Radell Cain sich Zutritt zu dem Durchgang verschaffte, nein, angesichts dieses Chaos waren die Dinge erheblich komplizierter geworden.
Der tief verhangene Himmel schien sich ihrer Stimmung angepasst zu haben und verlieh dem Tag eine niederdrückende Stille.
»Ich schäme mich, dass Menschen aus meiner Welt hierhergekommen sind und so etwas getan haben«, meinte Jax, als sie an einer Bäckerei vorüberkamen.
Alex wechselte die Reisetasche auf die andere Seite, damit er ihre Hand ergreifen konnte, während sie weitereilten.
»Nimm nicht die Schuld von Mördern auf dich, nur weil sie aus deiner Heimat stammen. Du bist hierhergekommen, um diese Leute aufzuhalten, und riskierst dafür dein Leben. Du hast keinerlei Grund, dich zu schämen.«
Dankbar drückte sie seine Hand. Wieder konnte er ein, zwei Tränen über ihre Wange laufen sehen.
»Ich bin es, der etwas hätte unternehmen sollen«, brach er schließlich das Schweigen. »Du hast mir von Anfang an zu erklären versucht, wie brutal diese Leute sind. Du hast etwas zu tun versucht, aber ich hab dir nicht zugehört. Hätte ich dir von Anfang an geglaubt und eher gehandelt, wäre es vielleicht gar nicht erst so weit gekommen.«
»Jetzt gib nicht dir die Schuld, Alex. Die Verantwortung liegt allein bei Radell Cain.«
»Aber vielleicht hätte ich …«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Geh ihm nicht in die Falle, dein Handeln nachträglich zu kritisieren. Er hat dich beobachtet und seine Schachzüge danach ausgerichtet, was du tust, nicht wann du es tust. Hättest du eher gehandelt, hättest du ihn lediglich gezwungen, seine Schachzüge früher durchzuführen.
Er schickt uns eine Botschaft. Keiner von uns beiden hätte irgendetwas tun können, um ihn daran zu hindern. Wären wir früher hergekommen, hätte er seine Attacken einfach vorverlegt.
Ich habe ihn schon früher derartige Dinge tun sehen, es entspricht seiner Denkweise. Um zu bekommen, was er will, bringt er einfach jeden um, der ihm im Weg steht. Allerdings wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, dass er seine skrupellosen Methoden in diese Welt tragen würde. Das war naiv von mir.«
Alex fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Trotzdem kapiere ich das nicht. Ich verstehe nicht, wieso er überall in der Welt wahllos Menschen umbringt. Er wollte uns von Anfang an in seine Gewalt bringen. Er hat mir diese Notiz hinterlassen, demnach wusste er, wo wir waren. Er hätte letzte Nacht ins Zimmer stürmen und uns im Schlaf überwältigen können. Warum stattdessen das? Was glaubt er damit zu erreichen?«
»Ich fürchte, er hat seine Taktik geändert.« Jax sah zu ihm hinüber. »Den Zettel hat er dir zugespielt, um dir mitzuteilen, dass er den falschen Namen kennt, den sich die Daggett-Gesellschaft zu deinem Schutz ausgedacht hat. Du solltest wissen, dass du dich nicht vor ihm verstecken kannst, dass es keinen sicheren Ort gibt, wo du für ihn unauffindbar bist.
Die Angriffsziele hat er dir genannt, damit du weißt, dass er dafür verantwortlich ist. Er wollte, dass dir klar wird, wie weit sein Einfluss reicht.«
Prüfend ließ Alex den Blick über die Touristenautos und
Müllfahrzeuge schweifen, die sich durch die enge, verstopfte Hauptstraße des Örtchens quälten, und vergewisserte sich, dass von keinem eine unmittelbare Gefahr ausging.
Er seufzte schwer. »Schätze, du hast recht. Das Ganze war eine wohl durchdachte blutige Demonstration, die allein für mich bestimmt war. Eine Art Vergeltungsakt, um mir zu sagen, wenn ich nicht tue, was er will, kann er tausende unschuldiger Menschen umbringen.«
»Ich fürchte ja. Die von ihm geschickten Mörder haben weder Gefangennahme noch Bestrafung zu befürchten. Und sobald der Eindruck entsteht, es könnte jemand sie stoppen, aktivieren sie ihre Rettungsleine und verschwinden einfach im
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