Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
dich mögen. Ich denke, mit einem von denen wärst du besser bedient als mit
mir. Mit denen würdest du erheblich mehr Spaß haben, mit Typen, die die gleichen Interessen haben wie du.«
»Aber ich mag dich.«
»Warum?«
»Ich weiß nicht.« Sie zögerte einen Moment. »Du machst mich scharf«, sagte sie schließlich, indem sie wieder diesen lüsternen Ton anschlug, so als könnte Lüsternheit wie durch Magie jeden Einwand ausräumen. Auf die meisten Männer traf dies vermutlich sogar zu, nur war er eben nicht wie die meisten Männer.
»Tut mir leid, Bethany. Du bist wirklich sehr nett, aber wir sind einfach nicht füreinander geschaffen. So einfach ist das.«
»Verstehe.«
Er schwieg in der Hoffnung, dass sie es dabei belassen und davon absehen würde, ihm eine hässliche Szene zu machen, schließlich war es ja nicht so, dass sie sich schon längere Zeit trafen. Es gab nicht den geringsten Grund, eine große Sache daraus zu machen. Sie hatten sich ein paar Mal verabredet, weiter nichts. Er hatte sie ein paar Mal geküsst, das war’s. Sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er gerne auch weitergehen dürfe, so weit er nur wolle, aber irgendetwas hatte ihn bewogen, sie nicht allzu nah an sich heranzulassen. Jetzt war er froh darüber.
»Ich muss jetzt los, Alex. Ich muss … ich muss darüber nachdenken.«
»Das verstehe ich. Denk darüber nach. Trotzdem halte ich es für das Beste, wenn sich unsere Wege trennen.«
Einen Augenblick lang konnte er sie noch atmen hören, dann unterbrach sie ohne ein weiteres Wort die Verbindung.
»Gut«, sagte er bei sich, während er das Handy mit dem Daumen wieder in die Tasche seiner Jeans zurückschob.
Er sah seine Mutter an, die noch immer starren Blicks zur Decke stierte.
Als ein weiterer Bericht über die beiden städtischen Streifenpolizisten gebracht wurde, griff Alex zur Fernbedienung. Der Ort, an dem man sie gefunden hatte, lag gut ein Dutzend Meilen von der Stelle entfernt, wo er Officer Tinney und Officer Slawinski zuvor am selben Tag begegnet war.
Die Erkenntnis, dass die beiden tot waren, traf Alex bis ins Mark. Auch wenn er ihnen nur ein paar Minuten lang begegnet war, so schien die Vorstellung absurd, dass sie nun beide tot sein sollten. Der Eindruck der Vergänglichkeit ihrer Begegnung erschütterte ihn und verstärkte seine Bedrücktheit noch.
Er beneidete Menschen, die sich ihres Geburtstags erfreuen konnten.
Genau in diesem Moment klingelte sein Handy abermals. Eigentlich wollte er gar nicht drangehen, da es vermutlich Bethany war, die sich mit einem Wortschwall ausgiebig über ihre verletzten Gefühle beklagen wollte, doch als er auf das kleine Außendisplay schaute, war dort KEIN NETZ zu lesen.
Alex klappte das Gerät auf und hielt es an sein Ohr. »Hallo, hier Alex.«
Aus dem Hörer drangen seltsam gurgelnde Laute und körperloses Flüstern. Die Laute ließen ihm den Mund trocken werden.
Sofort klappte er das Handy wieder zu. Einen Moment lang starrte er auf das Gerät und schob es dann wieder in seine Hosentasche.
Die Laute hatten so ungewöhnlich, so gespenstisch geklungen, dass er sich genau daran erinnerte, sie schon einmal gehört zu haben – bei dem Anruf, den er vorhin bekommen hatte, als er das Haus seines Großvaters verlassen wollte. Unmittelbar nachdem er von dem Land erfahren hatte, das mit seinem siebenundzwanzigsten Geburtstag in seinen Besitz überging.
Jetzt erinnerte er sich. Der Anruf war gekommen, unmittelbar
nachdem er das Gefühl gehabt hatte, jemand betrachte ihn durch den Spiegel – und kurz nachdem er Ben gefragt hatte, ob er glaube, er, Alex, werde genau wie seine Mutter den Verstand verlieren.
Alex betrachtete den polierten Metallspiegel, ließ dann seinen Blick durch das mintgrüne Zimmer schweifen. Er fragte sich, ob es sein Schicksal war, den Rest seines Lebens in einer Anstalt wie dieser zu verbringen – genau wie seine Mutter.
Er überlegte, woher er wissen würde, ob er den Verstand verloren hätte. Er hatte nicht das Gefühl, verrückt zu sein.
Und er hätte wetten können, dass es seiner Mutter ebenso ging.
8
Als Mr. Martin völlig unverhofft anrief, konnte Alex die Neuigkeiten kaum glauben: Alle seine sechs Gemälde waren verkauft.
Das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte er seinen Pinsel in einem Einmachglas mit trübem Wasser ausgespült und ihn anschließend an einem Papierhandtuch abgewischt, während Mr. Martin auf ihn einredete, er solle vorbeikommen und sein Geld abholen.
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