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Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines

Titel: Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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führen, wenn er die Hälfte der Zeit keine Ahnung hatte, wovon sie redete.
    »Was sie immer wollen. Den Gang.«
    »Welchen Gang?«
    Plötzlich sah sie auf. »Was tust du hier?«
    Alex zuckte die Achseln. »Heute ist mein Geburtstag, Mom. Ich wollte ihn mit dir verbringen.«
    »Du solltest deinen Geburtstag nicht an diesem Ort verbringen, Alex.«
    Einen Moment lang stockte ihm der Atem. Die wenigen Male, da sie ihn beim Namen genannt hatte, ohne dazu gedrängt zu werden, konnte er an den Fingern abzählen.

    »Es ist mein Geburtstag, Mom. Und das möchte ich eben tun«, erwiderte er ruhig.
    Ihre Gedanken schienen vom Thema fortzutreiben. »Sie starren mich durch die Wände an«, sagte sie mit teilnahmsloser Stimme. Ihr Blick wurde wirr. »Sie starren mich an!«, kreischte sie. »Warum hören sie nicht auf, mich anzustarren!«
    Einige der Leute auf der anderen Zimmerseite wandten sich herum, um die schreiende Frau anzustarren. Die meisten machten sich gar nicht erst die Mühe. Schreie waren in der Anstalt alles andere als ungewöhnlich und wurden normalerweise mit Gleichgültigkeit behandelt. Der Pfleger mit dem Servierwagen sah kurz herüber, um die Situation einzuschätzen. Alex legte ihr eine Hand auf den Arm.
    »Schon gut, Mom. Im Augenblick starrt dich niemand an.«
    Sie ließ den Blick über die Wände schweifen, ehe sie sich anscheinend wieder beruhigte. Einen Moment darauf machte sie sich wieder über ihr Sandwich her, als wäre nichts geschehen.
    Nachdem sie einen Schluck Orangensaft getrunken hatte, erkundigte sie sich: »Welcher Geburtstag ist es?« Sie führte das Sandwich zum Mund.
    »Mein siebenundzwanzigster.«
    Sie erstarrte.
    Sie nahm das Sandwich aus dem Mund und legte es behutsam zurück auf den Pappteller. Dann blickte sie um sich und fasste Alex am Arm.
    »Ich will zurück auf mein Zimmer.«
    Wie so oft war Alex von ihrem Verhalten leicht verwirrt, ging aber darauf ein. »In Ordnung, Mom. Dort können wir uns auch hinsetzen. Das wird nett werden, nur wir zwei.«
    Auf dem Weg zurück durch den deprimierenden Krankenhausflur hielt sie seinen Arm mit festem Griff umklammert. Alex
ging, sie schlurfte; dabei war sie gar keine alte Frau, nur machte sie stets einen seelisch gebrochenen Eindruck.
    Es war das Thorazin und die anderen starken antipsychotischen Medikamente, die sie in diesen Zustand versetzten und ihr diesen schlurfenden Gang aufzwangen. Laut Dr. Hoffmann hatte sie es allein dem Thorazin zu verdanken, dass sie einigermaßen funktionierte. Ohne es würde sie unter so heftigen psychopathischen Schüben leiden, dass sie rund um die Uhr fixiert werden müsste. Und das wünschte Alex ihr nun wirklich nicht.
    Nachdem sie ihr einfaches Zimmer betreten hatten, schloss sie die Tür, öffnete sie aber noch dreimal, um auf dem Flur nach dem Rechten zu sehen, ehe sie zufrieden schien. Ihre Zimmernachbarin, Agnes, war älter und sprach kein Wort. Allerdings starrte sie einen ständig an, weshalb Alex froh war, dass sie auf der Glasveranda geblieben war.
    Der oben an der Wand verankerte Fernseher lief, allerdings war der Ton stumm geschaltet. Er hatte den Fernseher nur selten ausgeschaltet gesehen, der Ton hingegen war für gewöhnlich heruntergedreht. Auch hatte er seine Mutter niemals umschalten sehen. Es war ihm unbegreiflich, warum sie und Agnes wollten, dass der Fernseher ohne Ton lief.
    »Geh fort«, sagte Alex’ Mutter.
    »Später, Mom. Ein bisschen würde ich gern noch mit dir zusammensitzen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Geh fort und versteck dich.«
    »Wovor, Mom?«
    »Versteck dich«, wiederholte sie.
    Alex atmete tief durch. »Verstecken, wovor denn?«
    Seine Mutter sah ihn eine Weile durchdringend an. »Siebenundzwanzig«, meinte sie schließlich.
    »Ja, stimmt genau. Ich bin heute siebenundzwanzig geworden.
Du hast mich vor siebenundzwanzig Jahren bekommen, am neunten September um neun Uhr abends. Das ist das Datum von heute. Du hast mich übrigens hier, genau in diesem Gebäude gekriegt, als es noch ein ganz gewöhnliches Krankenhaus war.«
    Sie beugte sich vor und benetzte ihre Lippen. »Versteck dich.«
    Alex fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. »Vor wem, Mom?« Er war diese sinnlose, sich im Kreis drehende Unterhaltung leid.
    Seine Mutter erhob sich von der Bettkante und ging hinüber zu einer kleinen Garderobe, wo sie zwischen den auf dem Regalbord gestapelten Gegenständen etwas suchte. Kurz darauf förderte sie einen Schal zutage. Erst dachte Alex, ihr sei kalt, doch dann legte

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