Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
einzuholen. Ohne sich umzuschauen, bog sie in eine enge, schlecht beleuchtete Seitenpassage ein, die zu einem Seitenausgang führte, die langen, welligen Strähnen ihres blonden Haars hinter sich wie Banner ihres Zorns. Ein beleuchtetes Ausgangsschild tauchte den Gang in ein verschwommen rötliches, unwirkliches Licht.
Jax erreichte die Tür, bevor er sie einholen konnte. Abrupt blieb sie stehen und wandte sich zu ihm herum, auf eine Weise, die ihn auf der Stelle stehen bleiben ließ. Er stand fast so nahe, dass er sie hätte berühren können, doch irgendetwas sagte ihm, dass es besser wäre, sich nicht von der Stelle zu bewegen.
»Kennst du die Bedeutung des Namens Alexander?«
Alex wollte irgendwas erwidern, sich entschuldigen, sie zum Bleiben überreden, doch war ihm jenseits allen Zweifels klar, dass er gut daran täte, ihre Frage zu beantworten, nicht mehr, oder er würde abermals eine Linie überschreiten … für immer.
»Er bedeutet, ›Verteidiger der Menschen, Krieger‹.«
Sie lächelte, allerdings war es ein sehr dünnes Lächeln. »Das ist korrekt. Und magst du deinen Namen, das, wofür er steht?«
»Was glauben Sie, warum ich meine Werke, die mir alles bedeuten, mit ›Alexander‹ signiere?«
Sie musterte ihn mit einem langen Blick, wobei sich ihre Züge leicht entspannten. »Vielleicht besteht doch noch Hoffnung für dich. Vielleicht besteht für uns alle noch Hoffnung.«
Unvermittelt machte sie kehrt, stieß die Tür auf und sagte, ohne sich umzusehen, über ihre Schulter: »Hör auf meine Worte,
Alexander, Verteidiger der Menschen: Ärger wird dich finden.«
Grelles Nachmittagslicht flutete in den Gang und verwandelte ihre Gestalt in nicht mehr als eine scharf umrissene Silhouette, an der sich die Lichtstrahlen brachen.
Alex erreichte die Tür im selben Moment, als sie krachend ins Schloss fiel. Er riss sie wieder auf und lief hinaus auf einen menschenleeren Nebenparkplatz. Auf einem schmalen Streifen dicht am Gebäude standen Bäume. Jenseits einiger grasbewachsener Erhebungen warteten parkende Autos, die im konturlos grauen Licht des bedeckten Nachmittags nicht mehr annähernd so prächtig glänzten.
Jax war nirgends zu sehen.
Alex stand da und sah sich auf dem stillen, verlassenen Gelände um.
Er hatte sie nur wenige Sekunden aus den Augen verloren. Sie konnte nicht mehr als ein halbes Dutzend Schritte Vorsprung gehabt haben. Es schien verrückt, aber sie war verschwunden. Die Frau hatte sich einfach in Luft aufgelöst.
Genau wie beim letzten Mal.
Ihm kam der Gedanke, ob es für seine Mutter genauso gewesen war.
12
Alex merkte, dass es Abend geworden war und er bereits seit Stunden wie benommen durch die Gegend kutschierte. Er fand es beunruhigend, dass er das Dunkelwerden nicht einmal mitbekommen hatte.
Jax’ letzte Worte, ihre eindringliche Warnung, gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. War sie nun wörtlich gemeint gewesen oder eher so, wie sein Großvater sie stets meinte? Er begann sich zu fragen, ob hinter den Worten seines Großvaters mehr steckte, als er bisher vermutet hatte. Im Fall der Sieben hatte sich Ben – laut Jax – zwar geirrt, trotzdem war er einer Sache auf der Spur gewesen, oder doch zumindest beinahe.
Das alles galt aber nur für den Fall, dass sie die Wahrheit sagte. Ansonsten wäre Ben einfach jener alte Exzentriker, für den ihn die meisten hielten. Dennoch, Alex kannte ihn als willensstarken und lebensklugen Mann, den seine langjährige Zugehörigkeit zu den Spezial-Einsatzkräften – wo er, lange vor Alex’ Geburt, Gott weiß was getan hatte – geformt hatte und die ihn vielleicht immer noch verfolgte.
Nur auf Umwegen, aus den Unterhaltungen seiner Eltern, hatte er von dem nebulösen Vorleben Bens erfahren, hatte ab und zu einen Blick auf irgendwelche Medaillen erhascht, die gewöhnlich unter Verschluss gehalten wurden. Zweimal hatte er Telefongespräche mit Männern mitgehört, die Ben nur mit »Sir« angesprochen hatte. Auf seine typische Art hatte Ben versonnen gelächelt und sich bei dem Anrufer für die Mitteilung bedankt. Ben redete nie über seine früheren Aktivitäten. Das gehörte für ihn der Vergangenheit an, oder zumindest einer Zeit, die allein ihm gehörte.
Sein Wissen aus jenen Zeiten gab er jedoch weiter. Er hielt es für wichtig, dass Alex gewisse Dinge wusste, die ihm kaum jemand sonst hätte beibringen können. Ein Wissen, das über den Lehrer Bände sprach.
Jax’ – und Bens – Warnung kam ihm wieder in den Sinn.
Er
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