Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
nur damit einige wenige ihre Machtgier stillen können.«
Es war herzzerreißend zu hören, wie sehr sie das quälte, den Schmerz in ihren Augen zu sehen.
Alex wischte ihr eine Träne von der Wange.
Als eine weitere folgte, und schließlich noch eine, lehnte er sich in den Winkel der vorspringenden Auslage eines Schuhgeschäfts und zog sie in seine schützenden Arme.
Kaum spürte sie seine beschützende Umarmung, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Während sie leise vor sich hinweinte, zog er sie fester an sich.
Alex warf einen Blick in die Halle, wo die Besucher der Passage ihrem Tun nachgingen. Die meisten bemerkten sie überhaupt nicht, und wer es doch tat, hielt sie für ein Pärchen, das sich in einem Mauerwinkel umarmte – was in einer Einkaufspassage nicht übermäßig ungewöhnlich war. Die Passanten waren höflich genug, nicht herüberzustarren.
»Jax, hör mir zu«, sagte er ruhig, aber entschieden. »Diese Leute, gegen die du kämpfst, kommen hierher, weil sie etwas brauchen. Das werden wir verhindern. Wir werden sie stoppen, und dann werden die Menschen in deiner Welt eine Chance bekommen.«
»Du kennst diese Leute nicht, Alex«, erwiderte sie unter Tränen. »Ich könnte dir nicht einmal ansatzweise beschreiben, mit welcher Brutalität sie vorgehen. Wenn wir nicht herausfinden, worauf sie es abgesehen haben, werden die Menschen in meiner Welt alles verlieren. Ich bin hier nur eine einzelne Frau ohne jede Macht.«
Er strich ihr über den Hinterkopf. »Wir werden sie aufhalten, Jax. Deswegen bist du hergekommen, deswegen hast du mich gefunden. Ich werde nicht aufgeben oder dich mit dieser Geschichte alleine lassen. Ich werde dir helfen.«
»Aber ich fühle mich so alleine, habe solches Heimweh … und doch kann ich nicht zurück.«
»Ich weiß«, sagte er leise und drückte sie an sich.
Schließlich krallte sie ihre Finger fest in seine Jacke. »Tut mir leid«, sagte sie unter Tränen, »verzeih.«
»Es gibt nichts, was dir leidtun müsste.«
»Doch, gibt es. So viele Menschen zählen auf mich, so viele sind darauf angewiesen, dass ich Stärke zeige. Aber manchmal habe ich Angst, dass ich für sie nicht stark genug bin. Ich habe fürchterliche Angst, ich könnte sie enttäuschen.«
Obwohl es ihm in der Seele wehtat, sie so unglücklich zu sehen, konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Wenn ich dich mit einem Wort beschreiben müsste, Jax, dann wäre das gewiss nicht ›schwach‹.« Er strich ihr über den Rücken, während sie sich ein wenig beruhigte. »Wir werden einen Weg finden, um ihnen Einhalt zu gebieten. Weswegen auch immer sie hergekommen sind, wir werden sie daran hindern. Versprochen.«
Sie nickte an seiner Brust. Im Augenblick gab sie sich damit zufrieden, in der Geborgenheit seiner Arme zu liegen, erleichtert, sich dieser ihr so fremden Welt nicht stellen zu müssen.
Etwas an ihrer Art, sich an ihn zu schmiegen, sagte ihm, dass sie diese Art behütende Geborgenheit nicht gewohnt war, sie keine freundliche Schulter hatte, an der sie sich ausweinen konnte, oder überhaupt jemanden, der sie in die Arme nahm.
Irgendetwas sagte ihm außerdem, dass sie es nicht gewohnt war, jemals auch nur die geringste Schwäche zu zeigen. Die Stärke, die es brauchte, um in einer fremden Welt zu überstehen, wenn man wusste, dass man nicht nach Hause konnte, und dabei auch noch, wie sie es gewöhnlich tat, die Fassung zu bewahren, war für ihn unvorstellbar. Unter solchem Druck hätte er seine Gelassenheit vermutlich längst aufgegeben.
»Danke, Alex, dass du so stark bist und mich daran erinnerst, stark zu sein.«
»Dazu sind Freunde doch da – damit sie einem in einem Augenblick der Schwäche den Rücken stärken.«
»Schätze, ich hatte vorher noch nie einen echten Freund.«
»Nein?« Als sie daraufhin den Kopf schüttelte, meinte er: »Nun, jetzt hast du einen. Manchmal ist ein Freund alles, was man braucht.«
»Weißt du was«, sagte er nach einer Weile. »Was hältst du davon, wenn ich dich mitnehme und deiner künftigen Schwiegermutter vorstelle?«
Sie musste lachen. Es tat gut, ihr Lachen zu hören. Es war so bezaubernd wie alles an ihr.
»Also gut«, willigte sie schniefend ein, »gehen wir und lernen Mutter kennen.«
27
Es war früher Nachmittag, als sie am »Mutter der Rosen«-Heim im älteren Teil von Orden eintrafen. Entsprechend seiner Gewohnheit suchte sich Alex einen Parkplatz auf einer abschüssigen Straße am Ende eines Blocks, so dass er den Wagen im
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