Das Gesetz des Irrsinns
Höhepunkt des Dressurakts: Charlotte Roggenkamp führte vor, wie ihr Mann einen Spreizschritt rückwärts macht und daraufhin der Dackel rückwärts von rechts nach links zwischen den kurzzeitig verharrenden Beinen hindurchkroch, was sich bei einem weiteren Spreizschritt rückwärts von links nach rechts wiederholte, der Dackel wohlgemerkt rückwärts krauchend, was er, beim nächsten Spreizschritt folgerichtig von rechts nach links wiederholte. So etwas konnte sich, nach Aussage der Roggenkamp, minutenlang wiederholen. Die »Übung« jeweils beendet durch eine Belohnung, für die der dressierte Dackel »Männchen machte« vor dem breitbeinig stehenden »Herrchen«. Der Erfolg des langdauernden Dressurakts ist auch fotografisch festgehalten – die Fotos wurden, samt Dackeln, mit der Wohnung in der Nähe der Waterloobrücke vernichtet.
Was die Berufstätigkeit des Ressortleiters betrifft, so verhält sich seine Frau völlig korrekt – als wäre auch hier ein Dressurakt erfolgt. Sie erging sich diesbezüglich nur in Äußerungen allgemeinster Natur, ja, sie legte, bei einer scheinbar teilnehmenden Frage unserer Mitarbeiterin, eine falsche Spur: Wie schon die Bezeichnung sage, würden im Forschungsamt der Luftwaffe waffentechnische Neuentwicklungen betrieben und gefördert; damit würden Erprobungsflüge notwendig, zu denen vor allem der Amtsleiter als erfahrener Pilot herangezogen würde, bzw., zu denen sich der Oberst wiederholt melde, freiwillig – er sei lieber in einer Flugzeugkanzel als im Büroraum, greife lieber zu Steuerhörnern als zum Füllfederhalter.
Heil Hitler! Ihr ergebener Kaltenbrunner.
Hier, lieber Bor, eine weitere Ergänzung des Faszikels D r G / VH . Zugrunde liegend das Abhörprotokoll eines Telefonats zwischen Wilhelmplatz und Tannenbergallee. Dr. G. fragte Harlan, ob er zusätzlich zum Gespräch Nettelbeck/Gneisenau eine Leonidas-Szene in den Film einbauen könne.
Ich darf Deine Vermittlung an RM erleichtern durch Angaben, die unser Auswerter in unbürokratischer Amtshilfe rasch zusammengestellt hat. Demnach verteidigte Leonidas in militärisch aussichtsloser Lage die Thermopylen, jenen Engpass, durch den die persische Armee Richtung Sparta vorstoßen wollte; Leonidas opferte seine Truppe, schließlich sich selbst, um die Perser so lange wie möglich aufzuhalten, während in Sparta die Verteidigung neu organisiert und damit die Eroberung der Stadt verhindert wurde.
Dr. G. dürfte bei seinem Vorschlag an den Untergang der 6 . Armee gedacht haben, dies in propagandistischer Umwertung: Mit dem hinhaltenden Widerstand der Truppen in Stalingrad sei es der Heeresgruppe Mitte ermöglicht worden, sich neu zur Abwehrschlacht zu formieren.
Harlan, eher den Titular-Professor als den Regisseur hervorkehrend, sah erst einmal keine Möglichkeit, den »produktiven Vorschlag« des Herrn Reichsministers aufzugreifen und umzusetzen. Es sei nun mal höchste Eisenbahn für Schnitt und Mischung des Films; durch den überaus schneereichen, viel zu langen Winter sei er in Planung und Ausführung um Monate zurückgeworfen worden. Mit einer weiteren Erweiterung werde man unvermeidlich in den bereits anlaufenden Winter geraten und damit werde die Endfertigung des Films unkalkulierbar. Überhaupt, zu einem Leonidas-Szenario passe Schnee nun wirklich nicht!
Im Gegenteil: es passt absolut! Ich möchte einen zeitbezogenen historischen Film haben! Der Heldenkampf um Stalingrad vollzog sich schließlich auch im Winter. Es liegt durchaus in meinem Sinne, wenn das Kinopublikum bei Leonidas-Szenen im Schnee an Stalingrad denkt. Genau die Ausrichtung, die ich haben will, haargenau!
Harlan wies darauf hin, dass man für die Leonidas-Szenen eine gewisse, nicht unbeträchtliche Anlaufzeit benötige. Die bisher als Komparserie eingesetzten Einheiten stehen längst wieder an der Front. Für Nachaufnahmen müssten erneut Soldaten von der kämpfenden Truppe abgezogen werden; Etappenhengste oder Wehrmachtbeamte würden, trotz genauer Instruktion, im Gesamtbild eher stören.
Dr. G.: Ein erneuter Einsatz von Frontsoldaten bei Dreharbeiten lasse sich mit Sicherheit organisieren. Wie aus dem Führerhauptquartier verlaute, seien zusätzliche Filmszenen mit der Präsentation von preußischem Militär sogar erwünscht; man sei im Wehrmachtführungsstab nicht recht zufrieden mit der (subversiv vermittelten) Version, die Rettung von Kolberg sei letztlich einem alten Seebären und der zusammengetrommelten Bürgerwehr zu verdanken und
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