Das Gesetz des Irrsinns
Gneisenau in den Mund gelegt werden soll: »Der Tod ist mein Freund, weißt du? Ich bin ihm oft begegnet. Und wenn er mich mal einlädt mitzukommen, dann werde ich ihm sagen, dass ich schon immer neugierig war, mal seine Wohnung kennenzulernen.«
Soweit der Hauch von Nachdenklichkeit über der rauchgeschwängerten Szenerie.
Zu berichten ist noch von einem Telefonat zwischen Harlan und Dr. G. Der Spielleiter: Man sei durch den allzu schneereichen und hartnäckigen Winter mit den Dreharbeiten um mehrere Monate in Verzug geraten, hätte die Außen-Drehtermine erst Ende September zum Abschluss bringen können, müsse sich dringendst auf Schnitt und Endmischung konzentrieren. Ein Nachdreh würde die Zeitplanung erneut ins Schleudern bringen.
Nun machen Sie sich da mal keine unnötigen Gedanken, Harlan. Diesen kleinen Nachdrehtermin werden Sie ja wohl noch hinkriegen. Soviel Flexibilität werde ich einem alten Hasen wie Ihnen ja wohl zumuten können.
Harlan bekundete seine ungebrochene Bereitschaft, die Wünsche des Herrn Reichsministers in die Tat umzusetzen, letztlich entscheidend sei hier jedoch die weitere Mitarbeit von Heinrich George und Horst Caspar. Die Verträge der beiden Herren seien abgelaufen, für Nachaufnahmen müssten neue Abschlüsse erfolgen. Dabei werde man sich im Fall George leicht und unbürokratisch auf einen Tagessatz einigen können, der bei etwa zweitausend Reichsmark liegen dürfte.
Verkraften wir auch noch, bei all den Millionen bisher. Und so teuer wie der Albers ist er noch längst nicht.
Mit Horst Caspar hätten wir allerdings ein gravierendes Problem. Er soll eingezogen werden. Der Gestellungsbefehl aus Wien liegt bereits vor.
Wen interessiert das schon! Ich werde mich gegebenenfalls beim Führer dafür einsetzen, dass Caspar freigestellt wird.
Gerade vom Führer ist jedoch die Weisung erfolgt, »Helden des deutschen Films« sollten endlich auch an die Front. Auch ein Herr Caspar dürfe nicht nur vor der Kamera seinen Mann stehen. Dies, wie intern verlautet, mit dem Zusatz: Der soll an der Front mal seinen Anteil an jüdischem Blut zur Ader lassen. So jedenfalls wurde das von Hinkel vermittelt.
Goebbels: Na ja, das haben wir bisher nicht an die große Glocke gehängt. Ich werde mit dem Chef darüber sprechen. Der Fronteinsatz von Caspar dürfte sich verschieben lassen.
Sperber: Problematisch wird es allerdings mit Terminen in Babelsberg. Die Studios sind total ausgebucht. Alles weicht aus in die Prager Studios.
Na, da werden die Dreharbeiten für einen der Revuefilme halt ein paar Tage aussetzen. Trommeln Sie schon mal die Techniker zusammen.
Die Atelierbelegschaft ist radikal ausgekämmt worden. Außerdem hat Chefbeleuchter Fritz Siewert Selbstmord begangen. Mit seiner Frau.
Kommen Sie mir nicht mit diesem leidigen Judenthema! Wo es einen Chefbeleuchter gibt, muss es auch Stellvertreter geben – wo stecken die?
Sperber erinnerte daran, dass Wiberny freigestellt wurde für den Sondereinsatz in Carinhall: Dokumentation der Kunstsammlung. Und Michalik ist an Liebeneiner ausgeliehen worden – dann aber plötzlich erkrankt. Weil die Berliner Krankenhäuser von Bombenopfern bis auf den letzten Flurplatz belegt sind, wurde er in Hohenlychen eingeliefert. Diagnose unbekannt, beziehungsweise rätselhaft.
Nachhaken, nachhaken! Die Aufnahmen müssen auf jeden Fall stattfinden, ich bin auch in dieser Angelegenheit zu keiner Konzession bereit!
Soweit der Minister. Sperber schickte sogleich einen jungen Mitarbeiter nach Hohenlychen. Der konnte sich trotz diverser Widerstände zu Michalik durchfragen und mit ihm sprechen.
Ergebnis: Der Lichtmeister wurde von Liebeneiner für neu anberaumte Dreharbeiten angefordert, kurz darauf Michaliks Erkrankung, die Gestapo kriegte Wind davon, das RSHA bot Hilfe an, der Patient wurde in das SS -Krankenhaus eingeliefert. Dort geht es Michalik immer schlechter. Nach jeder Spritze, die ihn aufbauen, ihn stärken soll, wie der SS -Arzt nachdrücklich erklärt, fühlt sich Michalik noch kraftloser, noch elender. »Ich muss hier raus, muss hier raus!« flüsterte er heiser. »Helft mir hier raus, ich geh sonst vor die Hunde.« Dies laut telefonischem Bericht des Mitarbeiters, dem noch die Erregung anzuhören war nach dem Lazarettbesuch.
Sperber wird alle Hebel in Bewegung setzen, damit Michalik aus Hohenlychen in das Urban-Krankenhaus überwiesen und dort möglichst rasch kuriert wird. Falls es mit dem Transfer Probleme geben sollte, wird sich Sperber an
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