Das Gesetz des Irrsinns
nicht primär der regulären Truppe. Würde im Film ein renommierter preußischer Offizier die Verteidigung der »Thermopylen« übernehmen, so könnte damit ein gewisser Ausgleich erfolgen; Harlan solle sich über Truppenaufgebote für die Leonidas-Szenen also keine Gedanken, erst recht keine Sorgen machen. Auch finanziell dürften keine Probleme bestehen.
Harlan zeigte sich erfreut über die Zusagen, wies aber darauf hin, dass er schon rein topographisch keine Möglichkeit sehe, im verbliebenen Reichsgebiet eine zusätzliche Leonidas-Szene zu realisieren.
Aber nun denken Sie mal scharf nach, Harlan! Die napoleonischen Truppen müssen beim Anmarsch auf Kolberg mit Sicherheit ein Tal durchqueren. An solch einer Engstelle kann und muss von einer vergleichsweise kleinen preußischen Einheit anhaltender Widerstand geleistet werden, selbst unter ständiger Dezimierung durch französische Artillerie. Währenddessen könnten in Kolberg die Befestigungsanlagen verstärkt, die Verteidiger neu formiert, könnte damit die Eroberung verhindert werden.
Harlan: Er werde darüber nachdenken.
Was ist im Busch, Harlan? Wo hakt es?
Herr Minister, ich darf daran erinnern, dass ich mich so langsam auf das Shylock-Projekt vorbereiten sollte.
Über diesen Film reden wir noch, Harlan. Jetzt wird erst mal das Kolberg-Projekt zu Ende geführt. Sie kriegen die nötige Zahl von Soldaten zugewiesen, und wenn es Brigaden sind oder eine Division. Muss doch ein erhebendes Gefühl sein, wenn einige tausend oder mehr als zehntausend Mann auf jede Anweisung, auf jeden Wink von Ihnen geschlossen reagieren, wie?
Ich kann in dem Punkt nicht widersprechen.
Dürfte Ihnen auch schwerfallen, Harlan. Augenzeugen haben mimisch ausgeprägtes Vergnügen registriert. Könnte sich bald wieder einstellen. Die Voraussetzungen dazu werden geschaffen. Die Vollendung unseres Großfilms liegt in staatspolitischem Interesse.
Ich werde über die Erweiterung nachdenken.
Nachdenken ist immer erwünscht, weniger erwünscht wären Bedenken. Dr. G. schien sich an seiner Formulierung zu erfreuen und wiederholte sie sogleich.
Harlan erklärte, er müsse erst mal einen geeigneten Schauplatz suchen. In Anbetracht der knappen Zeit bräuchte er ein Flugzeug, am besten einen Fieseler Storch. Nach Ortung aus dem Luftraum sodann eingehende Vorbesichtigung. Die Inszenierung einer Leonidas-Szene sei auf jeden Fall verbunden mit einem weiteren Aufschub der Endfertigung. In dieser Zeit könnten gewisse Entwicklungen an den Fronten –
Nun machen Sie sich darüber mal keine Gedanken! Ihnen werden schon keine Rotarmisten bei den Dreharbeiten zuschauen. Speer möbelt die Rüstungsproduktion mächtig auf, so viele Flugzeuge und Panzer pro Monat sind noch nie geliefert worden. Treffen Sie getrost die nötigen Vorbereitungen. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass Ihnen auf Gatow ein Storch mit Pilot zur Verfügung gestellt wird, zur Nahaufklärung. Und Dr. G. betonte: Die Leonidas-Szenen seien keine Anregung, sondern ein Auftrag.
Den Harlan selbstverständlich annahm, wenn auch ohne Zusammenschlagen der Hacken. Er gab nur noch mal zu bedenken, dass erneut Truppen für die Aufnahmen ausgestattet, instruiert, eingeübt werden müssten, und das sei zeitraubend.
Sie sollten bei der Gewohnheit bleiben, Forderungen zu erheben statt Bedenken vorzutragen. Ihnen werden alle notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Ich will einen Film haben, wie er in der Geschichte der Cineastik noch nie zu sehen war, wir werden selbst DeMille übertreffen. Also, Sie bauen ein Leonidas-Szenario in den Film ein. Ich bestehe darauf aus aktuellen Anlässen wie aus symbolischen Gründen.
Nachtrag, Zusatz: Die ministerielle Anweisung, den Kolberg-Film durch Leonidas-Szenen zu erweitern, kommt Harlan offenbar äußerst ungelegen. Die Kollegen der Briefüberwachung haben ein Schreiben des Spielleiters an Hinkel vorgelegt.
Ich habe die Kopie in das D r G / VH -Faszikel aufgenommen, in der Annahme, dass Dir eine knappe Zusammenfassung reichen wird, um auf dem Laufenden zu bleiben, auch für den Fall einer überraschenden Nachfrage durch RM .
Harlan betont Hinkel gegenüber pflichtgemäß, wie überzeugend der Vorschlag des Herrn Reichsministers sei, den Film mit dem Leonidasmotiv zu erweitern, zu vertiefen. Es sei jedoch zu überlegen, ob das Kräftepotential, das für den Nachdreh aufgebracht werden müsse, nicht besser in ein vordringliches Projekt eingebracht werde, in den bereits erörterten
Weitere Kostenlose Bücher