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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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zusammengewürfelte Gruppierung handelt? Allenthalben ausgekämmt oder zusammengeklaubt? In dem Fall müsste wohl eher die NS -Volkswohlfahrt einspringen.
    Glauben Sie, dass uns in der gegenwärtigen Lage Zynismus weiterhilft?
    In Anbetracht der obwaltenden Umstände kann ich nur sagen: Bei einer derart zusammengestoppelten Truppe ist es extrem schwierig, eine bestimmte Dienststelle für die Versorgung in die Pflicht zu nehmen. Ganz abgesehen davon wüsste ich nicht, wo und wie sich ein Depot auftun sollte.
    Sperber übernahm nun wieder die Gesprächsführung. Er hatte Probleme in der Frage der Zuständigkeit vorausgesehen und machte sogleich den Vorschlag, ja, stellte den Antrag, Versorgungsgüter für die Zivilbevölkerung in Heeresverpflegung umzuwidmen, mit interner Genehmigung des Ministeriums Ern u La, sowie mit Unterstützung der regional zuständigen Transportdienststelle.
    Na schön, aber wo lassen sich diese wundersamen Depots aufspüren?
    Bultmann schaltete sich wieder ein. Falls das Heeresverpflegungsamt keine Lösung anbieten könne, und zwar binnen kurzem, sehe sich die Divisionsführung genötigt, das Verpflegungsmagazin bei Rheinbach unter militärischen Schutz zu stellen. Dies auch unter dem generellen Aspekt: Es dürfe sich auf keinen Fall wiederholen, was im September bei Stolberg geschehen sei: Dass der Zahlmeister vom Verpflegungsamt das für weiträumige Versorgung vorgesehene Verpflegungsdepot sprengte, obwohl Landser wie Zivilisten in Anbetracht der allgemeinen Notlage auf Freigabe bestanden. Der Zahlmeister berief sich auf den Befehl, dem Westfeind nichts in die Hände fallen zu lassen, und forderte Feldpolizei an; unter ihrem Waffenschutz wurden von herangezogenen Soldaten eines Versorgungstrosses Hunderte von Zuckersäcken, Zehntausende von konservierten Eiern, achttausend hartgefrorene Hasen auf die Straße verlagert, mit Benzin übergossen und angezündet. Dies bevor die Lagerhalle gesprengt wurde – nicht einmal Verpflegungsreste sollten anschließend von unbefugten Personen unter den Gebäudetrümmern freigelegt werden. Kurzum: Die im Depot Rheinbach gelagerten Versorgungsgüter müssten als Divisionsnachschub deklariert werden, unter Kontrolle und Leitung des Divisionsnachschubführers.
    Der Ministerialdirigent, nun doch zur Konzession bereit, bestand darauf, dass dies, der guten Ordnung halber, auf dem Schriftweg beantragt werde.
    Und wie lange würde es dauern, bis die Bestätigung vorliegt?
    Es sei mit drei, vier Tagen zu rechnen.
    Darauf der Oberst: Mehrere Tage?! Na hören Sie mal, die Division soll auf Weisung des Führes bei den Dreharbeiten zum Einsatz gelangen! Es dürfte kaum in Ihrem Interesse liegen, dass wir dem Führerhauptquartier melden, Sie hätten es da am Nötigsten fehlen lassen. Also, die Sache geht klar? Die Abwicklung kann einem bevollmächtigten Transportoffizier übertragen werden?
    Ich rufe zurück.
    Das wollen wir schwer hoffen. Sonst schicken wir einen Stoßtrupp zu euch in die Wilhelmstraße. Die Männer haben sich an raue Umgangsformen gewöhnt. Also, ich erwarte positive Rückmeldung binnen einer Stunde. Sonst soll Sie der Himmler holen!

    Mein Reichsführer! Die Drehpausengespräche setzen sich fort, nun vielfach in einem Hinterzimmer des Hotels in Gotha. Die ›Sitzungen‹ dehnen sich mehr und mehr aus, zumeist bedingt durch unfreiwillige Wartezeiten, witterungs- und technisch bedingt.
    Mein Zuträger will nicht genannt werden. Er ist kein Mitglied der Schutzstaffel, steht Dr. Goebbels jedoch kritisch gegenüber – was bei der Mitarbeit zusätzlich motivierend wirkt.
    Zusätzlich zu den Berichten der Gestapo und des SD dürften Stimmungslagen in besagtem Kreis von Künstlern und Technikern symptomatisch sein. Einleitend sollte erneut erwähnt werden, dass in der Runde heftig geraucht wird, dass zumeist eine Flasche mit Hochprozentigem kreist. In bald gelöster Stimmung offenbart sich eine Mentalität, die zu grassieren droht.
    Charakteristisch für derartige Aufweichungstendenzen eine der Geschichten, mit denen sich die Runde unterhält: Die (hier geraffte) Wiedergabe eines »Frontberichts« aus rheinischem Munde (Kameramann Karl »Charlie« Richmodis). Dies deklariert als ›Beitrag‹ zum derzeit begonnenen vierten Ostwinter.
    Ein Soldat auf Vorposten im tiefen Schnee, allein auf weiter Flur, Feind im Blick, und es kam ein Panzer angerollt, blieb neben dem Vorposten stehn, drehte den Geschützturm, aber immer in die falsche Richtung. Da brüllte

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