Das Gesetz des Irrsinns
Verpflichtung folgend, nach der Entwarnung als Erster den LS -Raum verlässt, um sich an Löscharbeiten in der Nachbarschaft zu beteiligen oder um Löscharbeiten in den ihm zugewiesenen Baulichkeiten zu organisieren. Dies jeweils ohne Unterstützung der (total überforderten) Jungfeuerwehr. Nach einem Terrorangriff, der ihn bei einem Besuch in einem anderen Stadtteil überraschte, konnte er nur das Heil in der Flucht suchen, den Mantel zuvor mit Wasser durchtränkt, ein klatschnasses Handtuch um den Kopf gebunden, in der Mitte der Straßen laufend, um von herabstürzenden, brennenden Trümmern nicht erschlagen zu werden – Parcours durch eine Höllenszene. So etwa brachte er das zum Ausdruck.
Auch vor diesem Hintergrund will er die Rolle, die ihm für den Nachdreh zudiktiert ist, nur höchst ungern, am liebsten gar nicht übernehmen: Es geht darum, dass er, im Rahmen eines Leonidas-Nachdrehs, eine kameradschaftliche Absprache mit Schill treffen soll, wodurch die Verbindung sichtbar gemacht werden soll zwischen Kolberg (bei Glienecke) und den ›Thermopylen‹ (bei Dreigleichen). Von dieser kameradschaftlichen Verständigung soll wiederum Nettelbeck/George in einem kurzen Nachdreh informiert werden – dies auf besonderen Wunsch des Herrn Reichsministers, dem Nettelbeck offenbar am Herzen liegt. Das Ganze scheint Caspar zu missfallen, er suchte hier offenbar meine Zustimmung.
Den Höhepunkt des Harlan-Films und damit seiner Gestaltung der Gneisenau-Rolle sieht er in der Szene auf dem Marktplatz des nachgebauten Kolberg, wo er, hoch zu Ross, umgeben von einem Truppenkarree, die flammende, vom Herrn Minister wohl weithin inspirierte Rede hält, die den Kampfwillen, die Kampfmoral von Soldaten wie von Bürgern steigern soll. Dagegen sei die geplante Abstimmung mit Dießl in der Rolle des Schill von weitaus geringerer Bedeutung.
Ich hoffe, mit diesen Mitteilungen ein zutreffendes Bild der inneren Verfassung eines unserer führenden Schauspieler vermittelt zu haben, und verbleibe mit deutschem Gruß als Ihr getreuer Hanns-Karl Erckmann.
Bericht anhand unseres Abhörprotokolls über eine längere telefonische Verhandlung zwischen Produktionsleiter Sperber, derzeit Gotha, und Ministerialdirigent Hübner im Heeresverpflegungsamt. Über einen Zweitanschluss nahm Reinhard Bultmann, NS -Führungsoffizier der Division, an der fernmündlichen Verhandlung teil.
Sperber berichtete einleitend, die (intern so genannte) »Führerspende« habe in der Region der Dreigleichen-Burgen Quartier bezogen, erste Probeaufnahmen seien erfolgt. Aber noch immer sei eine auch nur annähernd ausreichende Verpflegung in keinster Weise gewährleistet.
Der Ministerialdirigent fragte an, ob eine geschlossene Division zu verpflegen sei – das würde die Abwicklung erleichtern.
Sperber: Die Division sei von weißrussischem Ari-Beschuss zusammengehämmert, anschließend von einer Panzertruppe fast vollständig überrollt, ja überwalzt worden; sie hätte einen hohen Blutzoll entrichtet und fast ihr gesamtes schweres Gerät verloren. Vor Beginn der neuen Dreharbeiten sei die Truppe wieder zur Sollstärke aufgefüllt, wenn auch nicht neu ausgerüstet worden.
Nach einer Zwischenfrage zur Zusammenstellung der Ersatzkräfte bezog Sperber den Offizier in die Unterredung ein. Demnach wurde die Einheit noch an der Front verstärkt durch Zuführungen aus der Heeres-Unteroffiziersschule Wittstock sowie der Aufklärungs-, Ersatz- und Ausbildungsabteilung 9 . Auch hätten Sanitätssoldaten ihre Rot-Kreuz-Armbinden ablegen und Beutegewehre in Empfang nehmen müssen. Bei der Luftwaffe entbehrliche Soldaten seien einer dreitägigen Grundausbildung unterzogen und an den betreffenden Frontabschnitt geschickt worden. Ebenso ein Deputat des RAD ; hier waren die Männer, bisher nur im Umgang mit Spaten ausgebildet, im Einsatz von Maschinengewehren und Granatwerfern instruiert worden. Hinzu kamen noch nicht erdkampffähige Eleven der Fahnenjunkerschule sowie Männer der Verwaltungsführerschule. Unter diesen Aspekten stehe eher ein Divisions-Äquivalent als eine Division zur Verfügung. Die disparate Truppe soll durch Uniformierung im Stil der Napoleonzeit, sodann durch Aufmarschmanöver bei den Dreharbeiten zusammengeschweißt und für den Fronteinsatz reaktiviert werden.
Der Ministerialdirigent: Gehe ich fehl in der Einschätzung, dass es sich letztlich um eine aus infanteristisch wenig vorgebildetem, letztlich nicht feldverwendungsmäßigem Personal
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