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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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ausgehen, dass er sich während der Weltumseglung entschieden anders äußerte als in den Schriften, die sich im Verlauf der späteren Jahrzehnte entwickelten.
    Und nun wird der Anker gehievt: 27 . Dezember 1831 , Devonport, Plymouth. Mit an Bord der 22 -jährige Charles Darwin.]

    … geschrieben, nun schreibt der Kapitän! Der Darwins Freund war, sein Vertrauter – schließlich ist Charles nicht mit dem Fliegenden Holländer über die Weltmeere gefahren, geschwebt, also lassen sich Koordinaten auch in übertragenem Sinne exakt bestimmen.
    Auf der Fahrt zu den Kapverdischen Inseln und weiter nach Rio de Janeiro: präludierende Gespräche, zuweilen auch über Affen. Trotz seiner vorherigen Naturstudien (vor allem und speziell über Schmetterlinge, Käfer, Meerestiere): Affen in freier Wildbahn hatte Charles noch nicht beobachten können, er gab nur wieder, was er, unter anderem, bei einem Forscher namens Rengger gelesen hatte.
    Wenn man in Afrika oder auf Ceylon Affen fangen will, so stellt man eine Schale oder Schüssel Starkbier auf, das lockt die an, das saufen die weg und wissen dann nicht mehr, wie ihnen geschieht. Dies schon gar nicht, wenn sie auch noch ein paar Schluck Branntwein zu sich nehmen. Da lassen sie sich fast willenlos festsetzen. Haben am nächsten Morgen offenbar Kopfschmerzen, pressen die Handflächen an die Schläfen. Wenn man ihnen nun wieder Bier anbietet, wenden sie sich ab, trinken höchstens Zitronensaft. Zeigen ansonsten eine rege Vorliebe für Tee und Kaffee. Rauchen auch gern mal eine Zigarre, ein Pfeifchen. Können allerdings auch leiden wie Menschen, unter gleichen Krankheiten: Schnupfen, ja Katarrh … Bauchfellentzündung … ältere Affen mit grauem Star. Was lässt sich aus diesen Ähnlichkeiten schließen? fragte er, während HMS
Beagle
auf Südamerika zusteuerte, doch es blieb bei dieser Frage, er insistierte nicht.

    »Wir hatten völlige Windstille, die See war mit roten, zwei Zoll langen Heuschrecken bedeckt, von welchen eine Menge aufgefischt wurde. Unser Naturforscher behauptete, sie kämen aus Afrika; wahrscheinlich durch Sturm von der Küste fortgetrieben, finden sie in der See ihr Grab; da wir uns an einem Punkte befanden, der 600 Seemeilen von Afrika entfernt ist, dürfte ein so weiter Flug nicht vorauszusetzen sein.«

    [Anm.d.Hrsg.: Der kleine, von Fitz-Roy (oder FitzRoy) hinterlassene Faszikel ist offensichtlich durch mehrere Hände gegangen, es fanden Ergänzungen statt. So auch durch obiges Zitat. Dass es von Fitz-Roy stammt, konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Mit Sicherheit liegt (auch) hier die Notiz eines Kapitäns vor. Phillip Parker King? Otto von Kotzebue? Hier müsste verifiziert werden.
    Bezeugt ist hingegen, dass sich Fitz-Roy eingehend mit Schriften von Johann Kaspar Lavater beschäftigt und so den Blick für Physiognomik und überhaupt für Phänotypisches geschärft hat.]

    Ein guter Bekannter, ausgewiesener Ornithologe, Verfasser gelegentlicher Beiträge für die
Biology Letters
der Royal Society, erzählte mir reichlich Irritierendes über den Glanzkuckuck.
    In Kuckucksmanier legt der sein Ei in das Nest eines Singvogels, der es gefälligst ausbrüten und das Küken anschließend auch aufziehen soll. Das Ei, das der Glanzkuckuck in das Nest eines dienstverpflichteten Singvogels legt, es gleicht in Farbe und Musterung genau den Eiern, die der Singvogel selber legt. Und ich fragte mich, fragte an einem der ruhigen Kajütenabende meinen Gast und Begleiter: Wie gelangen Farbe und Musterung auf die Eierschale?
    Ich spare noch das entscheidende Stichwort aus, das Darwin erst nach einigen Jahren der Weltumsegelung aussprach, halblaut, ich erwähne stattdessen gleich das nächste, höchst überraschende, mir vom Ornithologen vermittelte Faktum: Im Dunkel des Eies nimmt das Küken des Glanzkuckucks das Aussehen der jeweiligen Singvogelküken an, in Form, Flaum, Farbe. Und der Wirtsvogel, obwohl genau hinschauend und Verdächtiges sofort aussortierend, er lässt sich täuschen vom Fremdling, der eigener Brut zum Verwechseln ähnlich ist, hat sich nach einigen Tagen denn auch völlig an ihn gewöhnt – bis zum Zeitpunkt, an dem der kleine Glanzkuckuck –

    [Anm.d.Hrsg.: Hier bricht der Text ab. Offenbar versuchte der Kapitän im Ruhestand, der vormalige Gouverneur von Neufundland, der weiter forschende Privatier, einzustimmen auf das Leitthema seines Briefes an die Royal Society, London, Somerset House. Der unter Depressionen leidende Fitz-Roy fühlte

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