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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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zur Taktik des Devisen-Entzugs, zur Verschärfung des Devisenmangels im Großdeutschen Reich – dies als zusätzliche Maßnahme zur Reduzierung der Produktion von kriegswichtigen Produkten (zumindest bei Skoda).
    Hier ein Beispiel. Das zur Herstellung von Stahl notwendige Wolfram: sehr rar, für das Deutsche Reich nur gegen Devisen erhältlich, und die wurden immer knapper – was selbst das Devisenfahndungsamt, das Devisenschutzkommando nicht verhindern konnte. Die Restbestände an Valuten wollten wir fallweise abschöpfen, um so den Import von Wolfram, auch von Kugellagern, Waffen, Lastwagen zu drosseln; der bevorstehende Krieg, vom ersten Schuss an für Deutschland verloren, sollte damit ein früheres Ende finden. Unsere geheime Mission! Ja, letztlich: unsere patriotische Mission!
    Ich darf dieses Stichwort nicht länger aufschieben, muss näher auf meine, auf unsere Taktik eingehen, die schwindenden Valuten-Ressourcen des Reptilienfonds von Hermann Göring, damit der Reichsbank, damit des Deutschen Reiches weiter zu reduzieren: hier sind die wahren Motive der Fälschungsaktion!
    Von entscheidender Bedeutung war hierbei die Vermittlung durch Albert Göring. Für ihn als Vorstandsmitglied des Skoda-Konzerns wurden Kontakte mit dem Bruder in Berlin organisatorisch und geschäftlich notwendig. Hermann war schließlich Beauftragter für den Vierjahresplan der Rüstungsindustrie, hatte damit in der Wirtschaft weitreichende Weisungsbefugnis; über ihn war Albert sehr gut informiert. Er sah, wie Inkompetenz und Eitelkeit, Karrieregeilheit und Zuständigkeitsgerangel die Grundlagen der Wirtschaft untergruben. Wie ja überhaupt – Hitler voran! – weithin Vabanque gespielt wurde.

    Ich muss dies zur Erklärung meiner Handlungsweise noch deutlicher machen. Eine der Sollbruchstellen des NS -Systems war das Defizit an ausländischer Valuta.
    Ich gebe wieder, was mir Albert berichtete: Hatten 1932 die deutschen Devisenreserven noch, umgerechnet, im Bereich einer Milliarde Reichsmark gelegen, so waren davon Mitte 1934 bloß noch 78 Millionen übrig, und dieser Restbestand schrumpfte. Januar 39 meldete die Reichsbank, freilich nur intern: Die Gold- und Devisenreserven sind erschöpft.
    Und damit noch einmal, weil für mich von entscheidender Bedeutung: Nur über Devisen konnten für die Rüstungsindustrie unabdingbar notwendige Rohstoffe, konnten für die Wehrmacht dringend benötigte Produkte bezogen werden: Wolfram aus Spanien, Stahl und Kugellager aus Schweden, Waffen und LKW s aus der Schweiz. Gezahlt werden musste in Dollar oder Schweizer Franken. Indem wir die Preise meiner Valuta-Gemälde möglichst hoch ansetzten, trugen wir bei zur weiteren Reduzierung dieser Reserven, ergo zur negativen Zahlungsbilanz, ergo zum Nettodevisendefizit, sprich: zum Devisenmangel.
    Es ging hier, wohlgemerkt, nicht um Görings private Valuta, sein Büro musste die Devisenabrechnung jeweils über die Reichsbank durchführen. Was ich mit meinen sogenannten Fälschungen bewirkte (wobei es sich eher um hochkarätige, letztlich gleichrangige Ergänzungen des jeweiligen Gesamtwerks handelte!): Valuten, letztlich für die Rüstung bestimmt, sie wurden umgewidmet in Zahlungen für Kunstwerke. Und, um das gleich zu ergänzen: für humanitäre Hilfeleistungen. Darunter verstanden wir die Förderung, die Erleichterung von Emigration. Davon später.
    Je länger wir uns kannten, Albert und ich, desto deutlicher ausgesprochen wurde die gemeinsame Taktik der Devisenabschöpfung. Albert brachte es, bei einem opulenten Essen in einem Uferlokal in der Nähe von Kap Sounion, auf den Punkt: Je teurer die Valuta-Bilder, desto kürzer der Krieg. Und, gleich relativierend: Wenn wir den Krieg damit zwar nicht um Minuten verkürzen, so doch immerhin um Sekunden – und wie viele Bomben, wie viele Granaten können da schon auf den weltweiten Kriegsschauplätzen explodieren …!

    Zentrale Figur meiner Strategie: Eine Koryphäe, die ein überzeugendes Echtheitszertifikat ausstellt und für die Provenienz bürgt. Da hieß es geschickt vorgehen.
    Selbstverständlich war M. H. de Marneffe die allererste Wahl, als Verfasser der schon erwähnten fünfbändigen Geschichte des niederländischen Stillebens. Die Bände reich an Abbildungen, wenn auch überwiegend, den technischen und finanziellen Möglichkeiten entsprechend, in Schwarzweiß, für mich dennoch eine fast unerschöpfliche Quelle der Vermittlung von Details, die ich mir, wortwörtlich: farbig ausmalen konnte

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