Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
können sie doch nicht mit dem Toten allein lassen.«
»Ich werde darum bitten, dass das Hospital von Gaia sich ihrer annimmt. Dort weiß man um die Risiken und Gefahren, die beim Überschreiten der Brücke von Niasau bestehen. Im Übrigen ... euer Mediziner«, sie machte eine verächtliche Geste in Richtung Duncan, der in einer Ecke des Zimmers auf dem Sofa der Botschaft lag und schnarchte wie ein dicker Wal, »scheint mir im Augenblick nicht in der Verfassung zu sein, eine Entscheidung zutreffen. Ich gehe sofort nach Gaia, um die Leiche einer Autopsie zu unterziehen und die noch Lebenden zu untersuchen. Wenn Sie intervenieren wollen, müssen Sie mich begleiten.«
Sie drehte ihnen den Rücken zu und ging.
Rasser blieb die Nacht über auf, aber es kamen keine Anrufe mehr, und es nahm auch niemand ab, wenn er anrief. Er wusste nicht, was er machen sollte, und ging im Salon der Botschaft wie ein Tiger in seinem Käfig umher.
Im Morgengrauen kam die Ärztin zurück.
»Fieber von Gaia, ein neuer viraler Stamm«, sagte sie kurz und knapp. »Ich habe die Leiche verbrennen lassen und auch das Forschungszentrum – mit allem, was darin war. Die beiden anderen Männer befinden sich auf der Isolierstation.«
»Und wo ist die?«
»Natürlich in Gaia, im Hospital, wie ich Ihnen bereits gesagt habe.«
»Ich würde es vorziehen, dass die Männer hierher ins Hospital kommen. Mittlerweile kann auch unser Arzt wieder die Arbeit aufnehmen und wird sich um sie kümmern.«
»Ich bin entschieden dagegen. Damit riskieren wir, dass sich in der Stadt eine Epidemie ausbreitet.«
Die Shiro sprach in einem autoritären Tonfall, und der nach der langen Nacht müde Botschafter, der es gewohnt war, dass man seinen Weisungen Folge leistete, fühlte sich in seiner Würde verletzt.
»Ich nehme von anderen keine Befehle an!«, rief er aus, und nur das letzte bisschen Diplomatie hinderte ihn daran zu sagen: »Schon gar nicht von einer Frau, die von einem winzigen, halb barbarischen Planeten stammt, gekleidet wie ein Bettler ist und sich aufführt, als wäre sie ein General der Luftraumfahrt«.
»Dann machen Sie doch, was Sie wollen. Mich betrifft es ja nicht unmittelbar. Mein Volk ist immun gegen das Fieber. Es sind Ihre Landsleute, die darunter leiden würden. Es versteht sich von selbst (die ausdruckslosen Augen der Ärztin fixierten ihn), dass ich jegliche Verantwortung für die Toten ablehnen werde, die es aufgrund Ihrer leichtsinnigen Entscheidung geben würde.«
Bevor Rasser auf die Kränkung reagieren konnte, hatte die Ärztin sich mit großen Schritten in ihrem wehenden, sandfarbenen Mantel entfernt.
Aziz Rasser fühlte sich verpflichtet, die Ankündigung wahr zu machen, die er der Ärztin gegenüber geäußert hatte, um das Gesicht nicht zu verlieren. Obwohl auch Doktor Duncan anderer Meinung war, organisierte er die Rückkehr der beiden Forscher, die relativ isoliert in ihren Zimmern im Hotel Aldebaran – eines der beiden Hotels in Schreiberstadt – bleiben sollten. Er schickte einen Asix mit zwei versiegelten sterilen Gewändern zum Hospital in Gaia.
Die beiden Forscher trafen am frühen Nachmittag ein, zwar verängstigt, aber ohne alarmierende Symptome. Sie schlossen sich in den für sie vorgesehenen Zimmern ein und blieben dort allein, um abzuwarten, ob sie sich mit der Krankheit angesteckt hatten oder nicht.
Sie verbrachten eine Woche in Angst und Schrecken.
Sie wussten, dass je nach Virenstamm die Symptome der Infektion mit dem Gaia-Virus unterschiedlich ausfallen konnten und verbrachten ihre Zeit damit zu überlegen, welche sich rasend schnell entwickelnde Form wohl den armen Salis dahingerafft hatte. Denn einige Stunden vor seinem Ableben hatte er sich noch bester Gesundheit erfreut.
Am Ende der Woche wachte Buce trotz der drückenden Hitze mit Schüttelfrost auf. Duncan eilte herbei, um ihn zu untersuchen, konnte aber keine ihm bekannte Krankheit diagnostizieren, obwohl der Mann sich offensichtlich in schlechtem Zustand befand. Er litt an einem Migräneanfall. Alle Muskeln taten ihm weh, und ein heftiger Schmerz im Hals hinderte ihn am Sprechen. Er schaffte es gerade noch zu sagen:
»Sieben Tage Inkubation ... Isolieren Sie mindestens zehn Tage lang alle, die Kontakt mit mir hatten.«
Einmal im Leben dachte er an andere Dinge als an seine Karriere, und es erwies sich, dass er recht behalten sollte. Der vom Alkohol geschwächte Arzt wurde drei Tage später krank. Fünf Tage später folgte ihm der Wirt des Hotels,
Weitere Kostenlose Bücher