Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
das nicht glauben«, sagte Suvaïdar kopfschüttelnd. »Wenn es wahr wäre, müsste es mir auf die eine oder andere Weise doch längst klar geworden sein.«
»Karin!«, rief Maria.
Man hörte schnelle Schritte im Flur, und eine sehr junge und überaus verlegen wirkende Asix betrat das Zimmer.
»Ist es wegen dieser Reaktionsserie, Jestak Adaï? Ich bedaure, es war mein Fehler, ich weiß nicht, wie ich die Etiketten so durcheinanderbringen konnte.«
»Karin hat eine Dummheit gemacht. Sie ist unkonzentriert gewesen und hat sich bei den Etiketten für eine Reaktionsserie geirrt. Das hat die Arbeit des Teams von mehreren Monaten zunichte gemacht. Was würde mit einem Shiro geschehen, wenn er einen ähnlichen Fehler beginge?«
»Ich kann mir vorstellen, dass er eine Korrektur nötig hätte.«
»Gut, dann tun wir das.«
Maria reichte ihr den Stab, mit dem sie die Basenpaare auf den DNA -Strängen bestimmt hatte, und wartete. Suvaïdar versuchte ihn anzuheben, aber ihr Arm fühlte sich mit einem Mal bleischwer an.
»Vielleicht war es gar nicht ihr Fehler«, murmelte sie. »Der Irrtum könnte bei jemand anderem liegen.«
»Ich bedaure, Shiro Adaï, aber es war mein Fehler«, sagte die Asix.
»Aber du hast es doch nicht absichtlich getan, oder?«
»Nein, ganz sicher nicht, meine Dame.«
»Siehst du, Maria Adaï? Sie hat es nicht mit Absicht getan«, sagte Suvaïdar seufzend. Es sah aus, als wollte sie den Stab weit weg werfen.
»Ach, wirklich? Das ist eine der plumpen Entschuldigungen, wie sie in den Schulen oder auf der Arbeit üblich sind.«
Suvaïdar musste schlucken. Sie hatte eine derartige Entschuldigung in ihrem Leben bisher erst einmal benutzt, und das hatte ihr die doppelte Anzahl der üblichen Peitschenhiebe eingebracht – einmal für den begangenen Fehler und zum anderen dafür, dass sie versucht hatte, sich mit einem dummen Vorwand der Bestrafung zu entziehen.
»Was ist denn nun?«, fragte die Jestak ungeduldig.
Suvaïdar bemühte sich, den Stab anzuheben und versuchte, die Beine der jungen Asix zu schlagen, doch dann fühlte sie einen heftigen Brechreiz in sich aufsteigen, schmerzhaft und unbezwingbar.
»Du kannst es noch einmal versuchen, wenn du willst«, sagte Maria, »aber ich rate es dir nicht. Die Reaktionen verschlechtern sich bei jedem weiteren Versuch. Du kannst gehen, Karin. Das Mädchen hat übrigens gar keinen Fehler gemacht, aber sie hat an dieser Art Experiment bereits mehrmals teilgenommen und wusste, was sie zu sagen hatte. Seit zwei Jahren studieren wir dieses Phänomen. Siebenhundertsechsundvierzig Shiro haben dieses Experiment bereits mitgemacht.«
»Und haben alle so reagiert wie ich?«
»Abgesehen von einem Fall haben alle Abscheu in unterschiedlichsten Abstufungen gezeigt, allerdings nicht so ausgeprägt wie bei dir.«
»Ich hoffe, du sagst mir, wer die Ausnahme war?«
»Ein Mädchen, das wegen seines unangepassten Verhaltens der Akademie anvertraut war. Die Autopsie hat eine schwere Gehirnschädigung zutage gefördert. Ein invasiver Krankheitsverlauf hatte einen Bereich der rechten Gehirnhälfte hoffnungslos beschädigt.«
»Ihr habt eine Autopsie vorgenommen?«
»Wir mussten ihr zu dritt die Reitpeitsche aus der Hand reißen. Ich habe sie sofort einschläfern lassen, sie war gefährlich. Komm, wir gehen in mein Büro zurück.«
Maria schloss die Tür des Labors hinter sich und stieg die Stufen hinauf, die in ihr Büro im Erdgeschoss führten.
»Wir können es nicht dabei belassen, die beiden Sobieskis zusterilisieren«, sagte sie. »Wir müssen vertiefende Untersuchungen machen, um herauszufinden, ob es ein Stabilitätsproblem bei der Transplantation gibt. So etwas ist auch schon im Rogers-Clan vorgekommen.«
»Rogers? Aber es gibt doch gar keinen Rogers-Clan.«
»Nicht mehr.«
»Und warum hast du dann ein neues Untersuchungsprogramm auf den Weg gebracht? Wenn ich richtig verstanden habe, ist das Problem den Jestaks seit Jahrhunderten bekannt.«
»Es gibt eine Evolution im Sinne der Phylogenetik, zumindest nehmen wir das an. Dieses Phänomen muss von Grund auf erforscht werden.« Maria zog eine Grimasse, als hätte sie aus Versehen in eine Zitrone gebissen. »Lass uns diese Diskussion mal kurz beiseiteschieben. Würdest du mir eine Frage beantworten, damit ich deinen Namen mit in die Statistik aufnehmen kann? Die Shiro, die am heftigsten reagierten, haben erklärt, dass sie Asix als Sexualpartner bevorzugen und dass sie sich kaum für ihre Artgenossen
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