Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
ist auch gar nicht nötig. Ich würde den Chef-Landwirt fragen, ob es weitere Bauernhöfe gibt, auf denen die Asix allein arbeiten. Ich könnte einen Besuch machen und Blutproben nehmen, die ich mit einer hormonellen Dosierung anreichere. Nach meiner Rückkehr könnte ich eine Reihe von Grafiken ausarbeiten. Ich habe das Ganze noch nicht völlig durchdacht, was mögliche Korrelationen betrifft, doch zuerst würde ich auf Anzeichen und Symptome für Stress, Schlaflosigkeit und Hypertonie achten. Außerdem würde ich die Zahl der Auseinandersetzungen und Arbeitsunfälle überprüfen. Ist dir bewusst, dass sich auf den Bauernhöfen eine Vielzahl von Unfällen ereignen, ausgelöst durch Unaufmerksamkeit, die vermieden werden könnten und müssten?«
»Das hört sich gut an. Ich werde dich nicht mehr für weitere Eingriffe im Operationssaal einschreiben. Wie viele Tage läuft dein Dienst noch?«
»Siebzehn, Jestak Adaï.«
»In siebzehn Tagen bis zum Nachmittag wirst du hoffentlich genügend Zeit gehabt haben, um die Berichte über die Ursprünge der Asix überflogen und die Statistiken der Bevölkerung, die Sevrin ausarbeitet, studiert zu haben. Hat Yoriko Sobieski schon mit dir gesprochen?«
»Ja, meine Dame.«
»Sag ihr, dass sie dir einen Auszug gibt, und bitte Sighell Jestak um ein Resümee ihrer Arbeit. Sie ist es, die sich mit dem Programm ›Karin bestrafen‹ beschäftigt. Du erinnerst dich, dass du daran teilgenommen hast.«
Suvaïdar grüßte mit einer tiefen und überaus förmlichen Verbeugung und bat um die Erlaubnis, gehen zu dürfen. Sie wollte an diesem Abend nach Niasau, und beinahe freute sie sich darüber. Das würde sie beschäftigen und es ihr ersparen, allein mit einem quälenden Gedanken in ihrem Zimmer zu sitzen – ein Gedanke, der an ihr nagte wie das ätzende Gift eines Skorophons: Könnte Saïda noch leben, wenn sie, Suvaïdar, nicht ins Gesundheitszentrum gegangen wäre?
Ihre Wunden im Gesicht vernarbten gut, aber sie sahen immer noch so übel aus wie am ersten Tag. Die Wange zeigte ein Farbenspiel, das von Maronenrot bis Violett reichte, und das Auge war noch immer geschwollen und halb geschlossen.
In der Botschaft waren die Außenweltler bestürzt über Suvaïdars Aussehen.
»Meine Güte, was ist Ihnen denn zugestoßen?«, fragte der Botschafter sie konsterniert.
»Ich habe jemanden zum Duell herausgefordert, der viel besser war als ich«, antwortete Suvaïdar trocken. Ihr fiel aber noch rechtzeitig ein, dass es für die Fremden nichts Beleidigendes an sich hatte, in der Öffentlichkeit Fragen über die Folgen eines Duells zu stellen. »Machen Sie sich keine Sorgen, die Wunden sehen schlimmer aus, als sie sind«, fügte sie in freundlicherem Tonfall hinzu.
»Aber man hat die Wunden genäht«, sagte die erste Frau Rasser mit Abscheu in der Stimme. »Mit grässlichen Fäden. Wollen Sie, dass wir Doktor Singh rufen? Auf unseren Planeten gibt es eine Art Kleber – ich weiß nicht genau, wie man ihn nennt. Aber wenn man ihn auf eine Wunde gibt, verheilt sie, ohne dass eine Narbe bleibt.«
»Sie meinen organische Gelatine«, sagte Suvaïdar. »Wir verwenden sie auch, aber nicht bei Wunden, die von einem Duell stammen.«
»Und warum nicht?«
»Das ist Tradition. Vielleicht, weil wir stolz darauf sind und wollen, dass die Narben sichtbar bleiben.«
»Aber bei einer Dame ...«, murmelte die junge Frau Rasser. »Bei einem Mann ist Schönheit weniger wichtig, aber für eine Frau ...«
Macht sie eigentlich immer nur den Mund auf, um etwas Schwachsinniges von sich zu geben?, fragte sich Suvaïdar gereizt. Wenn es jemanden gab, der auf sein Äußeres achtete, dann waren es die männlichen Asix, insbesondere dann, wenn eine Shiro in ihrer Nähe war.
Suvaïdar wandte sich der jungen Frau zu und lächelte allerliebst – ein Lächeln, dem meist eine Frechheit folgte.
»Oh, ich glaube, dass meinen Landsleuten diese Narben sehr gut gefallen.«
Während Suvaïdar dies sagte, gab sie dem »Mädchen für alles«, das gerade das Zimmer betreten hatte, ein Zeichen. Er war stehen geblieben und starrte sie offen an. Zufrieden nahm Suvaïdar den Ausdruck wahr, der über die Gesichter ihrer Gastgeber huschte. Dabei habe ich noch gar nicht erzählt, ging es ihr durch den Kopf, dass wir für die Wunden, die wir uns beim Duell zuziehen, weder ein Betäubungsmittel noch ein Analgetikum verwenden.
»Ach, jetzt hätte ich fast den Hauptgrund für meinen Besuch vergessen«, sagte sie dann. »Ihrer
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