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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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Bitte um Visa wurde stattgegeben. Sie dürfen die Brücke passieren, um die Hochebene zu besuchen. Irgendjemand wird Sie dabei begleiten.«
    »Nicht Sie?«, fragte Rasser verdrossen.
    »Ich habe keine Weisung erhalten.«
    Suvaïdar hatte bei Fior Sadaï insistiert, damit diese Erlaubnis erteilt wurde, und nun fragte sie sich, ob das gut gewesen war. Nach Saïdas Tod war sie sich nicht mehr sicher. Ungeachtet dessen war sie mehr und mehr davon überzeugt, dass es einer völligen Reintegration der Fremden in die Gesellschaft Ta-Shimodas eher hinderlich wäre, würde sie weiterhin regelmäßigen Kontakt zu ihnen haben. Beinahe mit Bedauern erklärte sie ihren Gastgebern, dass ihre Arbeit sie weit von hier weg führen würde, sodass sie bis Sommeranfang nicht da sei.
    »Wir werden uns in den nächsten fünf, sechs Monaten nicht sehen«, sagte sie. »Sind Sie zu Beginn der nächsten Regenzeit denn noch hier?«
    Statt zu antworten, brach die erste Frau Rasser in Tränen aus, stand auf und verließ das Zimmer.
    »Was hat sie denn?«, wollte Suvaïdar wissen.
    »Man hat meine Mission um weitere vier Standardjahre verlängert, und ich befürchte, das gefällt ihr nicht sonderlich«, sagte seine Exzellenz verlegen. »Die Frauen sind schnell nervös, das wissen wir alle ... oh, entschuldigen Sie bitte, Frau Doktor, ich wollte Sie nicht beleidigen.«
    »Ich bin nicht beleidigt, warum sollte ich?«, antwortete Suvaïdar verdutzt.
    Rasser hatte indiskrete Fragen zu ihren Wunden gestellt, die aus einem Duell hervorgegangen waren, ohne sich darüber klar gewesen zu sein, dass er damit gegen die grundlegenden Regeln des höflichen Miteinanders verstoßen hatte. Und nun machte er sich Sorgen wegen etwas so harmlos Dahergeredetem?
    Suvaïdar versprach, gegen Ende des Sommers wieder vorbeizukommen. Sie war erleichtert, dass sie nun ein paar Monate nicht lächeln, feuchte Hände schütteln und auf unbequemen Stühlen sitzend essen müsste.
    Ganz gegen seine Gewohnheit begnügte der Botschafter sich nicht damit, Suvaïdar nur bis zum Tor zurückzubringen. Stattdessen begleitete er sie etwa hundert Meter in Richtung Brücke. Bevor er sich von ihr verabschiedete, murmelte er:
    »Es ist eingetroffen, was ich vorausgesehen habe. Die Opposition hat bewiesen – zumindest in einem Bezirk –, dass die letzten Wahlen manipuliert wurden, damit die Partei gewinnt, die vom Klerus unterstützt wird. Und die Regierung wurde gestürzt. Die Situation wird ein paar Monate lang chaotisch sein. Die neuen Machthaber täten besser daran, sich um die Welten an den Grenzen der Galaxie zu kümmern ...«
    »Nur ein paar Monate?«, fragte sie enttäuscht.
    Rasser lächelte.
    »Ich kann es nicht garantieren, denn in der Politik ist nichtssicher. Wahrscheinlich fällt die Macht an die gemäßigte Partei, die sich jetzt in der Opposition befindet. Was die Beziehungen zu den peripheren Welten betrifft, vertreten sie die Maxime ›Leben und leben lassen‹. Sie werden die vielen Verluste bei Kapitän Abers Soldaten nicht ersetzen. Diese Jungen scheinen gern das Opfer eines Unfalls zu werden.«
    Nach diesen Worten machte er kehrt und ging zur Botschaft zurück.
    Ich habe diesen Mann ganz entschieden unterschätzt, dachte Suvaïdar.
    Der Botschafter hatte ihr eine wichtige Neuigkeit übermittelt, und obwohl sie große Lust hatte, zu ihrer Matte zurückzukehren, machte sie sich auf den Weg zur Sadaï. Die Dame hatte sie angewiesen, ihr sofort Bericht zu erstatten, wenn es etwas Neues über die Fremden gab. Und wenn Fior Sadaï »sofort« sagte, hatte man das wortwörtlich zu nehmen. Es war schon spät, und die Vorstellung, den mürrischen Berater Sergi wecken zu müssen, gefiel Suvaïdar nicht besonders. Aber glücklicherweise brannte im Haus auf dem Hügel noch Licht.
    Sie wiederholte die Worte Rassers.
    »Gut«, rief die Dame aus, nachdem sie aufmerksam zugehört hatte. »Dann haben wir zumindest die Zeit, uns für den Fall vorzubereiten, dass der eine oder andere der zukünftigen Führer dieser irrationalen Welten versuchen sollte, uns mit Gewalt zu annektieren. Ach, was bedeutet eigentlich ›annektieren‹?«
    »Zu Anfang werden sie das Regierungssystem verändern wollen. Da die Mehrheit der Bewohner Ta-Shimas Asix sind, sind die Fremden überzeugt, dass auch die Sadaï eine Asix sein müsse. Danach werden sie den Wunsch äußern, dass wir ihre unitaristische Religion annehmen.« Zum Berater gewandt erklärte sie: »Das ist überflüssiges Zeug, aber sie halten

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