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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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Ermüdungserscheinungen zeigten. Tichaeris und Oda gingen mit weit ausholenden Schritten; Win, der barfuß lief und darauf achten musste, wohin er seine Füße setzte, trabte unermüdlich – wenig elegant zwar, aber er fraß förmlich die Kilometer.
    Suvaïdar bedauerte, keinen Sport mehr getrieben zu haben, seitdem sie auf Wahie lebte. Anfangs war es nur eine Trotzreaktion auf die Strenge der Lehrer an der Akademie gewesen; danach hatte sie die Gewohnheit schlicht und einfach aufgegeben. Nach den vielen Stunden, die sie stehend im Operationsraum verbrachte, hatte sie nur noch den Wunsch, es ihren neuen Mitbürgern gleichzutun und die Beine gemütlich unter dem Tischeines Cafés oder einer Bar zu verschränken, anstatt sich in einem Fechtsaal abzuplagen.
    Einige Zeit schritt Suvaïdar noch schweigend dahin; dann musste sie anhalten. Sie presste die Hand auf ihre Seite und sagte: »Ich ... ich kann nicht mehr mithalten. Ihr seid zu schnell.«
    »Meinst du denn, wir könnten jetzt langsamer werden?«, fragte Tichaeris unsicher.
    »Nein, das nicht. Aber ich platze, wenn ich nicht endlich durchpuste.« Sie atmete einige Male tief ein und aus; dann sprudelte es aus ihr heraus:
    »Solange sie glauben, dass es sich um einen Angriff aus der hiesigen Unterwelt handelt, werden sie sich damit begnügen, ein paar Häuserblocks auf den Kopf zu stellen. Aber wenn sie erst einmal die Bänder ins Visier genommen haben, werden sie sich auf die Suche nach uns machen. Sobald sie mit der Jagd beginnen, sollten wir aus ihrer Reichweite sein. Mit den technischen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, finden sie uns schnell. Ich glaube, wir sollten die Hauptachsen meiden, auch wenn es der kürzere Weg ist. Die Patrouillen durchstreifen das Gebiet mit Fahrzeugen. Da wir zu Fuß unterwegs sind, werden wir sofort ihre Aufmerksamkeit erregen. Ich hoffe, dass sie möglichst viel Zeit verlieren, wenn sie in den Archiven des demografischen Instituts und der Einwanderungsbehörde nach euch suchen, ohne euch finden zu können.«
    Die Gefährten gingen weiter und versuchten, die Richtung zum Astroport einzuschlagen, dessen Lichter nun im Norden zu erkennen waren. Aber die kleinen Straßen, die sie gehen mussten, waren unberechenbar. Manchmal mündeten sie in Sackgassen, an deren Ende plötzlich eine Mauer stand, oder sie führten in weitem Bogen vom Ziel weg, sodass die Gefährten einen Teil des Weges wieder zurückgehen mussten.
    »Tichaeris«, sagte Suvaïdar, »du und dieser Unglücksrabe von Asix – wart ihr zusammen an der Akademie des Clans?«
    »Nein, an der Akademie des Inneren Friedens.«
    Das war eine der sieben großen, clanübergreifenden Kriegskunstschulen von Gaia, die nur die Allerbesten aufnahm. Dortwurde der Kampf ohne Waffen, Säbelfechten, Degenfechten und der Kampf mit zwei Waffen gelehrt.
    »Ist der Meister dort immer noch der alte Midori?«, fragte Suvaïdar nach.
    »Nein, jetzt unterrichtet Tarr Huang.«
    »Er ist ein Asix!«, warf Win begeistert ein.
    »Aber ja, ich kannte ihn gut, er war ...«
    Suvaïdar wurde von einem Stöhnen Wins unterbrochen. Er war auf eine spitze Scherbe getreten und hatte sich in den Fuß geschnitten. Suvaïdar verband ihn, so gut es ging, mit einem Stoffstreifen, den sie aus ihrem Unterrock riss. Jetzt fehlte nicht mehr viel, und er würde wirklich wie ein Vagabund aussehen. Oda dagegen, von oben bis unten ein Shiro, sah trotz aller Anstrengungen tadellos aus.
    »Es gibt da noch etwas, das mich beschäftigt, Oda Adaï«, sagte Suvaïdar, als sie den Weg fortsetzten. »Wenn sie zu mir und zu dir gekommen sind, weil wir zur Familie der Haridar gehören, heißt das doch, dass jemand auf Ta-Shima es ihnen nahegelegt hat. Dieser Gedanke gefällt mir ganz und gar nicht.«
    »Ich verstehe ebenso wenig, weshalb sie nach den Kindern der letzten Sadaï gesucht haben.«
    »Vielleicht, weil sie glauben, Ta-Shima sei eine Erbmonarchie.«
    Win, der ein besonders feines Ohr besaß, signalisierte den Gefährten jedes Mal, wenn sich irgendetwas näherte. Und jedes Mal beeilten sich dann alle, Zuflucht in einer dunklen Gasse oder hinter einer Straßenecke zu suchen. Diese Vorsichtmaßnahme war vermutlich übertrieben, denn die Polizei oder gar die Spezialeinheit hätte sich ihnen in aller Stille genähert und sie sowieso geschnappt. Aber sie trafen nur auf Privatfahrzeuge. Die Miliz fahndete vermutlich in den berüchtigten Vierteln der Stadt, ohne damit zu rechnen, dass die Gefährten den Weg zum Astroport

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