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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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einem Band befestigt; ihr elegantes Kleid, unter dem man der Risse wegen den Stoff des Unterrocks sehen konnte, und die Frisur, die am Abend zuvor in einem ästhetischen Zentrum sorgfältig aufgetürmt worden war und durch die sterile Haube schon ein wenig gelitten hatte – dies alles löste sich immer mehr in Wohlgefallen auf. Sie musste wirklich nicht besonders gut aussehen.
    Einer der Milizen baute sich vor ihr auf und streckte die Hand aus. »Die Papiere!«
    Win entging der aggressive Tonfall nicht. Er glaubte, der Milizsoldat wolle Suvaïdar angreifen; deshalb gab er ihm durch einen Schlag mit der Handkante auf den Ellbogen zu verstehen, dass es besser sei, die Dame in Ruhe zu lassen. Der Milizsoldat schrie vor Schmerz auf und taumelte einen Schritt zurück.
    Sein Begleiter, der nicht mit Widerstand gerechnet hatte, zögerte einen Augenblick, bevor er zur Waffe griff, die er unvorsichtigerweise in der Tasche gelassen hatte. Win kannte weder Schuss- noch Lichtstrahlwaffen, aber die Bewegung kannte er.Die gleiche Bewegung machte ein Ta-Shimoda, wenn er sein Messer ziehen wollte.
    Win machte einen Schritt auf den Mann zu. Dann verpasste er ihm mit der ganzen Kraft einen jungen Asix einen Schlag, der ihn zu Boden schickte. Der Kopf des Milizionärs knallte auf eine steinerne Stufe.
    »Oje, er hat sich gestoßen«, stellte Oda fest. »Jetzt gehören wir wirklich zu den Feinden.«
    Tichaeris drehte sich Win zu und bedeutete ihm zu schweigen, als der Asix den Mund öffnen wollte. Win ließ den Kopf hängen.
    »Du musst das wieder einrenken, Win«, sagte Tichaeris erbost. »Im Raumschiff wird es ein klärendes Gespräch geben, und ich verspreche dir, dass der Meister einen detaillierten Bericht erwartet!« Tichaeris ging auf die Raumkapsel zu, wobei sie Suvaïdar einen Vorschlag machte. »Wir könnten ihr Fahrzeug nehmen, wenn du es steuern kannst.«
    »Nein, das ist keine gute Idee. Sie sind alle miteinander vernetzt. Die Zentrale kann sie jederzeit lokalisieren und falls nötig das Kommando übernehmen. Wenn sie bemerken, dass niemand antwortet, rufen sie die Kapsel zurück und schicken eine zweite Patrouille, um die Insassen zu suchen. Es sei denn, jemand ist schon dabei, sich die Live-Holobänder anzusehen – dann sind sie sogar noch schneller hier.«
    Sie bückte sich, um die beiden Verwundeten zu untersuchen. Derjenige, den Tichaeris geschlagen hatte, erholte sich allmählich, der andere aber atmete schwer. Als sie den Puls an der Halsschlagader fühlte, sah sie, dass aus einem Ohr des Mannes Blut lief. Sie öffnete mit zwei Fingern das linke Augenlid, dann das rechte, und stellte fest, dass die Pupillen starr und ungleich groß waren.
    Hirnfraktur mit massiver zerebraler Blutung, diagnostizierte sie. Wenn man ihn rechtzeitig versorgt ...
    Doch trotz energischer Proteste ihres Gewissens gegen die Verletzung ihres professionellen Ethos erhob sie sich und ging weiter. Sofort folgten ihr die anderen.
    Bei einem Blick über die Schulter bemerkte Suvaïdar, dasseinige der Leute, die bei der Ankunft der Milizen so eilig verschwunden waren, nach und nach wieder auftauchten und sich näherten, ermutigt durch die Reglosigkeit der beiden Verletzten.
    »Mit ein bisschen Glück könnte es als Überfall ausgelegt werden, vor allem, wenn man ihnen Waffen und Kleidung geraubt hat«, sagte sie, verstummte dann aber. Sie brauchte ihren ganzen Atem, um nicht abgehängt zu werden.
    Innerhalb einer Stunde war Suvaïdars bislang ruhiges und durchgeplantes Leben von einer Woge der Gewalt auf den Kopf gestellt worden, die ihr die überaus unangenehmen Seiten ihrer Geburtswelt vor Augen führten. Von einer angesehenen Ärztin am wichtigsten Krankenhaus der Stadt hatte sie sich in eine Flüchtige verwandelt. Mehr noch: Sie war nun Teil der Aggression gegenüber einem Vertreter der Ordnungspolizei geworden, und es war aussichtslos zu hoffen, dass die Kameras der Raumkapsel sie nicht ausfindig machen würden. Sobald die Bänder ausgewertet waren, würde die künstliche Intelligenz in der Milizzentrale, die in der Lage war, gleichzeitig mit sämtlichen Polizeirevieren in Verbindung zu treten, mit Hilfe von Milliarden Bildern in der Datenbank ihre Identität ermitteln – und auch die von Oda.
    Nur ganz kurz verspürte Suvaïdar ein Gefühl der Genugtuung, wenn sie an die knifflige Aufgabe dachte, Tichaeris und Win zu identifizieren. Beide waren nirgendwo registriert.
    Mit Freude beobachtete sie, dass ihre drei Gefährten keinerlei

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