Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
Freund.«
»Wie kommt das? Gibt es irgendwelche Probleme?«
»Nein, ich glaube nicht, aber zu Hause sind die Kleinen, und meine Klassenkameraden sind zu jung für mich.«
»Das ist normal. Mädchen werden schneller reif. Und diejenigen, die schon etwas älter sind?«
»Die Shiro haben bereits alle die Volljährigkeitsprüfungen abgeschlossen, und wenn erst mal die Haare abgeschnitten wurden, blicken sie auf uns herab und erwarten, dass man sie respektiert, als wären sie bereits erwachsen. Der Einzige, der nett zu mir ist,ist ein Junge, der bis letztes Jahr in unserem Clan Mündel war. Mittlerweile ist er der Akademie anvertraut worden und macht mir ein bisschen Angst.« Als ihr bewusst wurde, was sie gerade gesagt hatte, fügte sie mit großen Augen hinzu: »Entschuldigung, Frau Doktor, was ich eigentlich sagen wollte ... er beunruhigt mich. Ich kenne ihn von früher, aber seit er zur Akademie geht, ist er wie ausgewechselt.«
»Das ist auf gewisse Weise nachvollziehbar. Umso besser. Auf jeden Fall bis zum nächsten Monat. Geht es dir gut, oder hast du Beschwerden?«
»Mir geht es gut, danke.«
»Dann machen wir jetzt weiter.«
Sie holte den ersten Patienten herein, und der Nachmittag verlief wie gewöhnlich. Lara war erleichtert, dass Maria Jestak ihrer Beichte nicht allzu viel Bedeutung beigemessen hatte: Ihre Klassenkameradinnen gaben mit den Jungen an, mit denen sie verkehrten, und langsam reifte in ihr das Gefühl, sie sei anders als alle anderen.
Als ihr Termin im Lebenshaus, dem sie ängstlich entgegengefiebert hatte, endlich gekommen war, fand sie es interessant, das medizinische Zentrum einmal aus der Sicht einer Patientin zu sehen. Man wies ihr eine Matte zu und untersuchte sie gründlich. Schließlich erklärte ihr eine Jestak, die Lara nicht kannte, man werde ihr ein Medikament verschreiben, das den Eisprung beschleunige. Wenn es so weit sei, würde man sie in Narkose versetzen. Bis dahin müsse sie liegen bleiben. Sie verabreichte Lara eine weißliche, leicht schimmelig riechende Mischung. Dann musste Lara warten. Sie bedauerte, in der Schule nicht darum gebeten zu haben, ein Buch mitnehmen zu dürfen, um sich damit die Zeit zu vertreiben.
Alle halbe Stunde trat die Jestak ein und machte eine Reihe von Kontrolluntersuchungen, ohne Lara eine Erklärung zu geben. Mal gab sie ihr eine Spritze, ein anderes Mal musste Lara ein Medikament schlucken; dann ging die Ärztin wieder. Nach einer ihrer Visiten hatte Lara plötzlich das Gefühl, eine schwarze Wolke lege sich auf ihr Gesicht. Es war die Narkose. Bevor Laradas Bewusstsein verlor, bedauerte sie, dass man sie in künstlichen Schlaf versetzte, anstatt sie mit Akupunkturnadeln zu betäuben. Nun würde sie nicht mitbekommen, wie man ihr ein empfängnisverhütendes Mittel einsetzte.
Mit leichter Übelkeit und einem dumpfen Schmerz im Bauch erwachte Lara wieder aus dem Dunkel auf.
»Alles ist gut«, sagte eine Stimme. »Du kannst jetzt aufwachen.«
Lara war glücklich, Maria Jestak zu sehen, ihre Lieblingsärztin.
»Das empfängnisverhütende Implantat sitzt jetzt an der richtigen Stelle«, sagte Maria, »und wir konnten eine Eizelle entnehmen. Du hast Glück gehabt. Meist klappt das nicht beim ersten Mal. Nun können wir es klonen. Nach dem DNA -Test haben wir dir eine Quote von drei Kindern zugeteilt. Nach den Volljährigkeitsprüfungen wird sich die Quote erhöhen.«
Lara war dankbar, dass sie nicht gesagt hatte: »Falls du die Prüfungen der Volljährigkeit bestehst«, wie die meisten Erwachsenen zu sagen pflegten.
»Im Lauf deines Lebens kann deine Quote sich weiter erhöhen oder verringern«, fuhr Maria Jestak fort. »Das hängt von deinem Gesundheitszustand und deiner beruflichen Karriere ab. Wie fühlst du dich jetzt?«
»Es geht so, Jestak Adaï.«
»Das ist gut. Meist fühlen die Patienten sich furchtbar schlecht. Ruhe dich noch eine Stunde aus, ich komme nachher noch mal wieder.«
Lara hätte nicht gedacht, dass sie sich so schnell wieder gut fühlen würde. Als die Ärztin wieder nach ihr schaute, war Laras Übelkeit gänzlich verflogen, und sie saß bereits auf ihrer Matte.
»Willst du aufstehen? Gut, dann gib mir deinen Arm, dir wird sicher ein bisschen schwindelig sein.«
Die Ärztin führte Lara in einen Saal, in dem sie noch nie zuvor gewesen war. Dort reichte sie Lara ein Buch und riet ihr, sich die Fotos aufmerksam anzuschauen. Sie brauche sich nicht zu beeilen, sondern solle sich Zeit lassen. Wenn es etwas gäbe, das
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