Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
Vom Netzwerk:
und schloss sie von innen.
    Er war zufrieden. Das Abenteuer konnte beginnen.
    *
    Li Hao schlug ein Bein über das andere und schaute sein Gegenüber an, doch seine Gedanken gingen eigene Wege. Er hörte den Monologen nicht wirklich zu. Seit er vor einer Woche an Bord gegangen war, war es jetzt das dritte Mal, dass Oberst Aziz Rasser, der bevollmächtigte Botschafter – nach dem Rücktritt seines Vorgängers war er nach Ta-Shima entsandt worden – ihn vorgeladen hatte, um mit ihm zu plaudern. Der Professor wusste mehr oder weniger bereits, was er da hörte, denn Seine Exzellenz neigte dazu, sich zu wiederholen.
    Rasser war ein kräftiger Mann, etwa fünfzig Jahre alt, blond und unbehaart, mit markanten Zügen, auch wenn das Alter langsam die Konturen seines Kinns zu einem Doppelkinn aufweichte. Er war der Militär-Karrieretyp und hatte klare und präzise Vorstellungen – nicht viele zwar, aber denen, die ihn umtrieben, widmete er sich mit großer Hingabe.
    Rasser nährte das relativ negative Vorurteil, was seinen Zielplaneten anbetraf. Li Hao hatte vor Antritt seiner Reise viele Berichte von Menschen gelesen, die vor ihm auf Ta-Shima gewesenwaren. Nachdem er einige Tage Zeit gehabt hatte, die Ureinwohner, die zur Besatzung gehörten, genauer zu beobachten, war er überzeugt, handfeste Beweise gefunden zu haben, die seine Meinung stützten. Er würde dies seinem Ansprechpartner zu erklären wissen.
    Mittlerweile war der Professor völlig in sich versunken und machte sich seinerseits so seine Gedanken. Er hatte erkannt, dass er seine Ernennung zum Kulturattaché einzig und allein einem der vielen typischen Vorurteile Neudachriens zu verdanken hatte: Seine Exzellenz hatte die Nominierung von Fuman Davi abgelehnt – eine hervorragend qualifizierte Ärztin und zudem überaus willensstark –, nachdem er festgestellt hatte, dass es sich um eine Frau handelte. Dieser unbequeme Posten, so Rasser, passe nicht zu einer Dame. Seiner ganz eigenen Logik folgend, nahm er zwar seine beiden Ehefrauen und seine jüngere Tochter mit nach Ta-Shima, aber was Fuman Davi anbetraf, wollte er partout nicht von seiner Ansicht abweichen.
    Glücklicherweise hatte irgendjemand in Neudachren ihm erzählt, dass ein Anthropologe die geeignetste Person für den Posten des Kulturattachés sei, und nachdem man festgestellt hatte, dass der Professor sich auch für Linguistik begeisterte, war die Wahl auf ihn gefallen.
    Die Überlegungen des Professors und der Monolog des Botschafters wurden durch ein diskretes Klopfen an die Tür jäh unterbrochen. Ein Mann aus der Crew, ein Asix aus Ta-Shima, wie der Professor mittlerweile wusste, kam mit einem Tablett ins Zimmer. Er stellte es auf den Tisch und sagte kurz und knapp: »Abendessen!« Dann wandte er sich ab, um den Raum zu verlassen.
    Doch der Botschafter hielt ihn auf und musterte ihn von oben bis unten. »Findest du, dass deine Bekleidung angemessen ist? Habt ihr von der Handelsraumfahrt denn gar keinen Respekt vor einer Uniform?« Dann blickte er skeptisch auf die Thermobox. »Und was soll das hier sein?«
    »Abendessen«, wiederholte der Asix.
    »Was soll das heißen?«, fragte der Botschafter mit erhobenerStimme. Als guter Neudachrener war er davon überzeugt, dass es ausreichen würde, lauter in seiner eigenen Sprache zu sprechen und sich deutlich zu artikulieren, um sich verständlich zu machen.
    »Abendessen«, wiederholte der Raumfahrtbegleiter fast genauso laut. Dann verneigte er sich und verließ den Raum.
    »Die Ureinwohner müssen wirklich primitiv sein!«, entrüstete sich der Botschafter. »Selbst diejenigen, die Uniform tragen ... die sie im Übrigen nicht sehr sorgsam behandeln, wie mir scheint. Als ich noch an der Spitze eines Astroports stand, hätte ich nie toleriert, dass einer meiner Untergebenen mit offenem Kragen herumläuft, oder dass er bunte Armbinden oder unvorschriftsmäßige Stiefel trägt. Man merkt, dass wir es nur mit einer Handelsflotte zu tun haben, nicht mit einer Flotte des Militärs! Diese Zivilisten   ... äh, nichts für ungut, Professor, Sie sind ein kultivierter Mensch, und ich habe den allergrößten Respekt vor Wissenschaftlern. Aber diese Einheimischen! Nun, was soll man machen? Der Kommandant behauptet, dass es aufgrund des Fiebers in Gaia besonders schwer sei, geeignetes Personal von anderen Planeten für diese Linie zu finden. Deshalb bestehe seine gesamte Crew, abgesehen vom Ersten Offizier, aus Ureinwohnern.« Er seufzte tief. »Es steht wohl außer

Weitere Kostenlose Bücher