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Das Gesicht der Anderen

Das Gesicht der Anderen

Titel: Das Gesicht der Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Barton
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dass Gäste zum Essen da sind. Olivia und Tad kommen sicher auch bald.”
    “Olivia und Tad!” Oh Gott, das hatte noch gefehlt. Diese schleimige Femme fatale hing seit drei Jahren wie eine Klette an ihrem Vater, und Tessa hatte Sorge, dass sie ihren Vater bald da hätte, wo sie ihn haben wollte. Immerhin war G. W. auch nur ein Mann. Wahrscheinlich war es auch für ihn schwer, den Avancen einer fünfzehn Jahre jüngeren Frau ewig zu widerstehen. Olivias stärkste Waffe war Sex, und diese Waffe setzte sie auch äußerst professionell ein.
    “Natürlich habe ich Olivia sofort Bescheid gesagt”, sagte Myrle. “Sie liebt deinen Vater, und ich weiß, dass er sie jetzt braucht. Sie ist ja immerhin so gut wie verlobt mit G. W., nicht wahr?”
    Ja, natürlich. G. W. brauchte Olivia Sizemore und ihren nutzlosen Sohn wie ein Loch im Kopf. Aber da Olivia und Myrle seit Studienzeiten Freundinnen waren, hatte ihre Tante Myrle Olivia nicht nur in ihrem Kampf um G. W. unterstützt, sondern sie ließ auch keine Gelegenheit aus, G. W. darauf hinzuweisen, welch eine wunderbare Ehefrau Olivia sein würde.
    Tessa biss die Zähne zusammen und sandte einen flehenden Blick zu Lucie hinüber.
    “Ich bin sicher, Tessa ist Ihnen dankbar, dass Sie Mr. Westbrooks Freundin über die Situation in Kenntnis gesetzt haben”, sagte Lucie.
    Tessa sandte ihr ein lautloses “Danke” und entschuldigte sich dann mit der Ausrede, sie müsse etwas gegen ihre Kopfschmerzen einnehmen. Stattdessen verschwand sie im Badezimmer, wo sie alle Selbstkontrolle fahren ließ und in Tränen ausbrach.
    “Bitte, Dante. Rufen Sie endlich mit guten Nachrichten an”, flüsterte sie, als ob ihr Wunsch eher erhört würde, wenn sie die Worte nicht nur dachte, sondern auch aussprach.
    Leslie Anne wusch sich das Gesicht, putzte sich die Zähne und zog ihren Pyjama an. Da fiel ihr der Obstkorb ein, den man ihr hingestellt hatte. Hunger hatte sie nicht, aber sie war durstig, und die kleine Flache Traubensaft in dem Korb sah verlockend aus. Außerdem hatte sie keine Lust, noch einmal raus auf den Gang zu dem Getränkeautomaten zu gehen. Leslie Anne stellte den Fernseher an und nahm die Flasche aus dem Körbchen. Komisch, dass keine Schutzfolie über dem Obst war. Die kleine Flasche ließ sich leicht öffnen. Leslie Anne setzte die Flasche an den Mund und probierte den Saft. Er war etwas zu warm, aber schön süß und flüssig. Das war okay.
    Leslie zog die beiden Kissen unter der Überdecke hervor und stapelte sie gegen das Oberteil des Bettes, sie kuschelte sich hinein und zappte durch die Fernsehkanäle. Sie wollte irgendein albernes, nichtssagendes Programm einschalten, das sie von ihren Problemen ablenkte. Von ihren gewaltigen Problemen.
    Meine Güte, fühle ich mich mies. Was mache ich hier allein in diesem Motelzimmer? Ich wünschte, ich wäre zu Hause in meinem eigenen Bett.
    Sie konnte ja nach Hause fahren, wenn sie wollte. Gleich morgen früh würde sie ihre Mutter anrufen und ihr sagen, sie käme nach Hause. Es war sowieso eine idiotische Idee gewesen, einfach so abzuhauen. Wenn ihr biologischer Vater wirklich ein Serienmörder war, könnte sie bis ans Ende der Welt rennen, und trotzdem würde sich daran nichts ändern.
    Und wenn es nicht wahr war? Was, wenn die Informationen in dem Päckchen gar nicht stimmten? Sie sollte nach Hause fahren, den Brief und die Zeitungsausschnitte ihrer Mutter und ihrem Großvater zeigen und darauf bestehen, dass sie ihr die Wahrheit sagten.
    Leslie Anne trank den Saft aus und warf die leere Flasche auf den Boden. In diesem Motel gab es nicht so viele Fernsehkanäle, und sie hatte keine Lust mehr zu suchen. Sie gähnte. Plötzlich war sie wahnsinnig müde. Sicher, weil sie so lange am Steuer gesessen hatte und wegen des ganzen Stresses.
    Sie gähnte noch einmal. Plötzlich fing der Raum an, sich zu drehen. Was war mit ihr los? Sie konnte sich nicht mehr aufrecht halten und kippte seitwärts aufs Bett. Als sie versuchte, ihre Hand zu heben, kam es ihr vor, als wöge sie eine Tonne. Ihre Augenlider fingen unkontrolliert an zu flattern.
    Irgendwas stimmte nicht mit ihr. Und zwar ganz und gar nicht.
    Als Dante und Dom das Motel Bama erreichten, fragten sie sich zum zuständigen Leiter des Polizeieinsatzes durch und nahmen ihn zur Seite.
    “Haben Sie das ganze Haus abgesucht?”, fragte Dante.
    “Wir haben alle Zimmer im ersten Stock überprüft und gerade auf der zweiten Etage angefangen”, antwortete Polizeileutnant Nesbitt.

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