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Das Gesicht der Anderen

Das Gesicht der Anderen

Titel: Das Gesicht der Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Barton
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geborgenen Welt ein hässlicher, böser Ort geworden. Ein Ort, an dem sich Monster an jungen Mädchen vergriffen. Ein Ort, an dem unschuldige Kinder geboren wurden, die die Folge einer Vergewaltigung waren. Ein Ort, an dem Kinder ihren eigenen Eltern nicht trauen konnten.
    Dante räusperte sich. Tessa kam zurück in die Realität. “Entschuldigen Sie”, sagte sie. “Ich war gerade mit den Gedanken woanders.”
    “Wie lautet Ihre Bitte?”
    “Oh, die Bitte. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie noch so lange hierblieben, bis Leslie Anne wach ist und sich von Ihnen verabschieden kann. Offensichtlich hat sie eine gewisse Zuneigung zu Ihnen entwickelt.”
    Dante zögerte, dann sagte er hastig, als wolle er Leslie Anne eigentlich nicht noch einmal sehen: “Natürlich. Ich bleibe noch hier, um ihr Auf Wiedersehen zu sagen.”
    Was war bloß los mit ihm?, fragte sich Tessa. Er war irgendwie anders, nicht viel, aber doch so sehr, dass sie es bemerkte.
    “Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir unseren Kaffee in der Bibliothek weitertrinken?”, fragte sie, denn sie wollte ihn lieber unter vier Augen fragen, warum er sich plötzlich so seltsam benahm.
    “Ich bin fertig.” Damit stand er auf.
    Tessa nickte und erhob sich ebenfalls. Sie ließ ihre Tasse stehen und ging zur Tür. Dante folgte ihr. Hal und Eustacia kabbelten sich immer noch, während sie das Frühstück für G. W. zubereiteten.
    Draußen im Flur blieb Tessa stehen. Hier waren sie allein, also fragte sie Dante: “Möchten Sie mir vielleicht erklären, was los ist?”
    Er sah sie mit einem Blick an, der zu sagen schien: Ich weiß nicht, was Sie meinen.
    “Irgendetwas ist anders an Ihnen”, erklärte sie.
    “Das liegt daran, dass mein Job hier beendet ist.”
    “Nein, es ist noch etwas anderes. Sie verhalten sich anders als …”
    Er packte sie unvermittelt am Arm, sodass sie erstaunt den Mund aufriss. “Das möchte ich lieber in Ruhe besprechen.” Er nickte in Richtung der geschlossenen Küchentür.
    “Ich verstehe.”
    Sie folgte ihm den Gang entlang bis zur Bibliothek. Nachdem er die Schiebetür hinter sich geschlossen hatte, wandte er sich ihr zu. Sie spürte, dass sie nervös wurde. Instinktiv wusste sie, dass ihr das, was sie gleich zu hören bekam, nicht gefallen würde.
    “Lucie war heute Morgen schon hier”, eröffnete Dante ihr und zeigte auf den großen Mahagonischreibtisch. “Sie hat ein Päckchen mitgebracht, das in Hannah Wrights Wagen lag. Dieses Päckchen ist per Post an Leslie Anne geschickt worden, bevor sie ausgerissen ist.”
    Tessa rauschte das Blut in den Ohren, als sie den dicken Polsterumschlag auf dem Schreibtisch liegen sah. “Was ist drin?”
    “Sehen Sie hinein”, forderte Dante sie auf. “Aber seien Sie drauf gefasst, mit Ihrer Vergangenheit konfrontiert zu werden.” Er sah sie mit einer Mischung aus Mitgefühl und Trauer an.
    Tessa wurde von Angst überwältigt. Sie hatte das Gefühl, plötzlich keine Luft mehr zu bekommen. Doch sie nahm all ihren Mut zusammen und ging hinüber zum Schreibtisch. Ein paar Sekunden stand sie einfach da und betrachtete den gepolsterten Umschlag. Es führte kein Weg daran vorbei. Sie musste hineinsehen.
    Sie nahm den Umschlag und leerte den Inhalt auf den Schreibtisch. Ihre Hand zitterte, als sie nach einem der Zeitungsausschnitte griff, die sich auf der grünen Filzauflage verteilt hatten.
    “Sind das Artikel über
ihn
?”, fragte sie.
    “Ja”, antwortete Dante. “Sie handeln alle von Eddie Jay Nealy.”
    Tessa würgte es. Sie schaffte es nicht, sie konnte sich diese Zeitungsausschnitte nicht ansehen. Allein die Erwähnung seines Namens jagte einen Schauer der Angst durch ihren Körper. Sie legte den Ausschnitt schnell wieder zurück auf die Tischplatte, als ob das bloße Anfassen sie beschmutzt hätte. “Das ergibt alles keinen Sinn. Heißt das, jemand hat diese …”, sie betrachtete die Zeitungsausschnitte, “… diese Schnipsel absichtlich an Leslie Anne geschickt?”
    Dante nickte. “Jemand, der wollte, dass sie die Wahrheit über ihren leiblichen Vater erfährt.”
    Er ging hinüber zu Tessa. Sie spürte, dass er sie berühren wollte, und wünschte, er würde es tun. Sie brauchte jetzt eine starke Schulter, die ihr Halt bot.
    “Es ist auch ein Schreiben dabei”, fuhr Dante fort. “Mit dem Computer geschrieben. Ohne Unterschrift.”
    “Ich verstehe nicht, wie das möglich ist. Keiner außer Daddy, Tante Sharon und mir – und den Behörden, die damals involviert

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