Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
sie.
    Er hielt auf die Tür zu.
    In diesem Moment bemerkte Sachs den Schlüssel, der in der Wohnungstür steckte.
    »Was soll das denn?«, wunderte sie sich.
    Deng griff nach dem Türknauf.
    »Nein!«, schrie Sachs und zog ihre Waffe. »Warten Sie!«
    Aber es war zu spät. Deng stieß bereits die Tür auf - und zuckte zurück. Er sah einen kleinen dunkelhäutigen Mann, der den Arm um die Taille einer schluchzenden Halbwüchsigen gelegt hatte und sie wie einen Schild vor sich hielt. Mit der anderen Hand drückte er ihr eine Pistole an die Kehle.
     
     
    ... Fünfundzwanzig
    »Ting, ting!«, rief Eddie Deng erschrocken und hob die leeren Hände hoch über den Kopf.
    Niemand rührte sich. Sachs hörte eine Vielzahl von Geräuschen gleichzeitig: das Wimmern des Mädchens, das leise Rauschen des Verkehrs, Autohupen von der Straße. Die hektischen Anweisungen des Bewaffneten, dessen Sprache sie nicht verstand. Ihren eigenen Herzschlag.
    Sie stellte sich seitlich hin, um weniger Angriffsfläche zu bieten, und visierte mit ihrer Glock den sichtbaren Teil seines Kopfs an. Die Regel war eindeutig: So schlimm es auch kommen mochte, man lieferte sich niemals selbst aus. Man legte die Waffe nicht aus der Hand, man gab in einer Pattsituation nicht als Erster nach, man ließ nicht zu, dass ein Täter das Feuer eröffnete. Und man musste ihm klar machen, dass die Geisel ihn nicht retten würde.
    Der Mann trat ein winziges Stück näher, bedeutete ihnen mit einer Geste, zurückzuweichen, und redete weiterhin in seiner unverständlichen Sprache auf sie ein.
    Weder Sachs noch der junge Detective bewegten sich.
    »Tragen Sie eine Weste, Deng?«, flüsterte sie.
    »Ja«, erwiderte er mit zitternder Stimme.
    Sachs hatte ebenfalls eine kugelsichere Weste mit extra verstärkter Herzregion angelegt, aber aus dieser Entfernung konnte auch ein Treffer in die ungeschützten Körperteile verheerenden Schaden anrichten. Eine Verletzung der Oberschenkelarterie führte mitunter schneller zum Tod als ein Schuss in die Brust.
    »Treten Sie zurück«, flüsterte Sachs. »Ich brauche mehr Licht, um schießen zu können.«
    »Sie wollen schießen?«, fragte Deng verunsichert.
    »Treten Sie einfach zurück.«
    Sie machte einen Schritt nach hinten. Dann noch einen. Der junge Cop, zwischen dessen stacheligen Haaren Schweißtropfen glitzerten, verharrte an Ort und Stelle. Sachs blieb stehen. Er murmelte etwas vor sich hin, vielleicht ein Gebet.
    »Eddie, hören Sie mich?«, flüsterte sie und wartete kurz. »Eddie, verdammt!«
    Er schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Natürlich.«
    »Kommen Sie, schön langsam.« Dann wandte Sachs sich an den Fremden und redete beruhigend und überaus bedächtig auf ihn ein. »Legen Sie bitte die Waffe hin. Wir wollen doch nicht, dass jemand verletzt wird. Sprechen Sie Englisch?«
    Sie wichen zurück. Der Mann folgte.
    »Englisch?«, versuchte sie es noch mal.
    Nichts.
    »Eddie, sagen Sie ihm, wir werden uns schon irgendwie einigen.«
    »Er ist kein Han-Chinese«, sagte Deng. »Er wird mich nicht verstehen.«
    »Versuchen Sie es trotzdem.«
    Er öffnete den Mund, und Sachs hörte ein verblüffendes Stakkato aus Worten.
    Der Mann reagierte nicht.
    Die beiden Beamten zogen sich bis auf die Straße zurück. Kein einziger Cop oder Agent bemerkte sie. Wo, zum Teufel, stecken unsere Leute?, dachte Sachs.
    Der Fremde hielt dem verängstigten Mädchen immer noch die Pistole an den Hals. Auch er trat jetzt mit ihr nach draußen.
    »Du, hinlegen«, rief er Sachs in schlechtem Englisch zu. »Beide hinlegen.«
    »Nein«, sagte Sachs. »Wir werden uns nicht hinlegen. Ich fordere Sie auf, Ihre Waffe zu senken. Sie können nicht entkommen. Hier sind Hunderte von Polizisten. Verstehen Sie mich?« Dabei nahm sie ihr Ziel - seine Wange - aufgrund der etwas besseren Lichtverhältnisse noch genauer ins Visier. Aber es war eine verdammt kleine Trefferfläche, und die Schläfe des Mädchens lag nur etwa zwei Zentimeter daneben. Der Mann war schmächtig, daher wurde der Rest seines Körpers vollständig verdeckt.
    Er warf einen kurzen Blick über die Schulter in die dunkle Gasse.
    »Er wird schießen und losrennen«, sagte Deng.
    »Hören Sie«, sagte Sachs ruhig. »Wir werden Ihnen nichts tun. Wir.«
    »Nein!« Der Mann drückte die Waffe noch fester an den Hals des Mädchens. Sie schrie auf.
    Deng griff nach seiner Pistole.
    »Eddie, nicht!«, brüllte Sachs.
    »Bu !«, rief der Fremde, streckte den Arm und schoss Deng in die Brust. Der

Weitere Kostenlose Bücher