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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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wie sehr Sonny Lis Tod Rhyme getroffen hatte, und so nahm er den herrischen Befehl kommentarlos hin und stellte sich mit dem Stift an die Tafel.
    Cooper faltete Lis Kleidung über einem großen Bogen Papier auseinander, bürstete sie mit einem Pinsel ab und untersuchte die so gewonnenen Partikel. »Schmutz, Farbe, gelbe Papierteilchen, die vermutlich von der Tüte stammen, und das getrocknete Pflanzenmaterial, das Amelia erwähnt hat - die Gewürze oder Kräuter«, sagte er.
    »Den Pflanzenkram überprüft sie gerade. Pack ihn in eine Tüte, und leg ihn beiseite.« Rhyme, der gegen die Schrecken eines Tatorts im Laufe der Jahre immun geworden war, verspürte dennoch einen Stich im Herzen, als er das dunkle Blut auf Lis Kleidung sah. Genau diese Sachen hatte der kleine Mann vor noch nicht allzu langer Zeit hier im Zimmer getragen.
    Zaijian, Sonny. Auf Wiedersehen.
    »Das war unter seinen Fingernägeln«, sagte Cooper nach einem Blick auf das Etikett der nächsten Plastiktüte. Er montierte die Probe auf einen Objektträger und legte sie unter das Stereomikroskop.
    »Lass mich mal sehen, Mel«, bat Rhyme und wandte sich dem Computermonitor zu. Kurz darauf erschien auf dem großen Flachbildschirm ein klares Abbild. Was haben wir hier, Sonny? Du hast mit dem Geist gekämpft, hast ihn gepackt. War da irgendwas an seinen Klamotten oder Schuhen, das auf dich übertragen wurde?
    Und falls ja, wird es uns zu seiner Haustür führen?
    »Tabak«, sagte der Kriminalist und lachte bekümmert, weil er sofort an das Laster des Cops denken musste. »Was sehen wir noch? Was sind das dort für Mineralien? Was meinst du, Mel? Silikate?«
    »Sieht so aus. Ich werde etwas davon durch den Gaschromatographen und das Massenspektrometer schicken.«
    Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten - Magnesium und Silikat.
    »Das ist Talk, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Der Kriminalist wusste, dass Talkumpuder unterschiedliche Verwendung fand: Manche Leute benutzten es als Deodorant, Arbeiter, die enge Schutzhandschuhe aus Gummi tragen mussten, rieben sich die Hände damit ein, und wiederum andere benötigten es zur Ausübung bestimmter Sexualpraktiken, bei denen Latexkleidung eine Rolle spielte. »Geh online, und bring mir alles über Talk und Magnesiumsilikat, das du auftreiben kannst.«
    »Bin schon dabei.«
    Während Cooper auf seine Tastatur einhämmerte, klingelte Rhymes Telefon. Thom nahm ab und legte das Gespräch auf den Lautsprecher.
    »Hallo?«, fragte der Kriminalist.
    »Mr.. Rhymes bitte.«
    »Lincoln Rhyme, am Apparat. Wer spricht dort?«
    »Dr. Arthur Winslow vom Huntington Medical Center.«
    »Ja, Doktor?«
    »Wir haben hier einen Patienten, einen Chinesen namens Sen. Die Küstenwache hat ihn aus einem gesunkenen Schiff gerettet und an uns überstellt.«
    Genau genommen war es nicht die Küstenwache, dachte Rhyme. »Fahren Sie fort«, sagte er.
    »Es hieß, wir sollten uns mit Ihnen in Verbindung setzen, falls es Neuigkeiten gibt.«
    »Ja, richtig.«
    »Nun, ich denke, wir haben Neuigkeiten, die Sie wissen sollten.«
    »Und worum handelt es sich?«, fragte Rhyme langsam, wenngleich er damit eigentlich sagen wollte: Komm auf den Punkt!
    Er trank bitteren Kaffee, obwohl er das Zeug hasste.
    Der siebzehnjährige William Chang saß im hinteren Teil des Starbucks, unweit der Wohnung der Familie in Brooklyn. Er wollte Ponee Tee - aus einem alten Eisenkessel, so wie seine Mutter ihn zubereitete -, aber er trank zunehmend mehr Kaffee, als wäre er ganz versessen auf dieses trübe, herbe Gebräu. Der Grund dafür war der toupierte batu, der ihm gegenübersaß und ebenfalls Kaffee trank; Tee wäre William wie ein Eingeständnis von Schwäche erschienen.
    Der Junge, der sich als Chen vorgestellt hatte, trug dieselbe schwarze Lederjacke wie gestern. Er beendete nun das Gespräch auf seinem winzigen Nokia-Telefon und hängte das Handy wieder an den Gürtel. Dann sah er übertrieben deutlich auf die Uhr. Es war eine goldene Rolex.
    »Was ist mit der Kanone passiert, die wir dir gestern verkauft haben?«, fragte er auf Englisch.
    »Mein Vater hat sie gefunden.«
    »Arschloch.« Er beugte sich drohend vor. »Du hast ihm doch nicht etwa erzählt, woher du sie hattest?«
    »Nein.«
    »Falls du uns verrätst, machen wir dich kalt.«
    Als Sohn eines Dissidenten wusste William Chang, dass man solchen Leuten keinen Millimeter nachgeben durfte. »Ich habe niemandem ein Wort gesagt. Aber ich brauche eine neue Waffe.«
    »Die wird er doch auch

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