Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
Schlimmerem.
    Sie setzte das Headset auf und stöpselte es in ihr Funkgerät ein.
    Okay. Mach einfach weiter. Los.
    Sie meldete sich in der Zentrale und wurde an das Telefon durchgestellt.
    Ein Klicken.
    »Ja?«, fragte Rhyme.
    »Ich bin's«, sagte sie.
    Ein Pause.
    »Und?«
    Sie hörte, dass er sich bemühte, nicht hoffungsvoll zu wirken.
    »Er ist tot.«
    Der Kriminalist schwieg für einen Moment.
    »Ich verstehe.«
    »Es tut mir Leid, Lincoln«, sagte sie sanft.
    Abermals eine Pause.
    »Keine Vornamen, Sachs. Das bringt Unglück, weißt du nicht mehr?« Ihm versagte fast die Stimme. »Also gut. Fang an. Untersuch den Tatort. Den Changs läuft die Zeit davon.«
    »Alles klar, Rhyme. Ich lege sofort los.«
    Eilig streifte sie den Tyvek-Overall über und machte sich an die Arbeit, nahm Proben unter den Fingernägeln und von diversen anderen Substanzen, untersuchte die Schussverletzungen, die Fußspuren, die Patronenhülsen, die Projektile. Sie fotografierte, und sie sicherte Fingerabdrücke.
    Aber sie handelte völlig mechanisch. Komm schon, schimpfte sie mit sich selbst. Du benimmst dich wie eine Anfängerin. Wir haben zu wenig Zeit, um nur Beweise einzusammeln. Denk an Po-Yee, denk an die Changs. Gib Rhyme etwas, womit er arbeiten kann. Denk nach!
    Sie widmete sich erneut der Leiche und ging diesmal gründlicher vor. Jeder Fund wurde genau überdacht, musste sich ins Bild fügen, hatte gefälligst eine Erklärung seiner Herkunft und Bedeutung zu liefern.
    Einer der uniformierten Beamten kam auf sie zu, zog sich aber angesichts ihrer versteinerten Miene schnell wieder zurück.
    Eine halbe Stunde später hatte sie alles eingetütet, zusammengepackt und die Registrierkarten ausgefüllt.
    Sie ließ sich ein zweites Mal mit Rhyme verbinden.
    »Leg los«, sagte er ernst. Es tat weh, die Trauer in seiner Stimme zu hören. Jahrelang hatte sie seine Lustlosigkeit, seine Lethargie, seine Resignation mit angesehen. Das war sehr schwer gewesen, aber es ließ sich nicht annähernd mit der Qual vergleichen, die nun in Rhymes Stimme mitschwang.
    »Man hat ihm dreimal in die Brust geschossen, aber es gibt vier Hülsen. Eine stammt aus einer Modell 51, vermutlich derselben, die wir schon kennen. Die anderen sind Kaliber 45. Wie es aussieht, wurde er mit dieser Waffe getötet. Außerdem habe ich Sonnys Walther gefunden. An seinem Bein gab es Rückstände - gelbe Papierteilchen und getrocknetes Pflanzenmaterial. Das gleiche Zeug lag auf dem Pflaster verstreut.«
    »Wie ist es abgelaufen, Sachs?«
    »Ich würde folgende Theorie vorschlagen: Sonny sieht, wie der Geist ein Geschäft verlässt und etwas in einer gelben Tüte bei sich trägt. Sonny folgt ihm, stellt ihn hier und nimmt ihm die neue Pistole ab, die 45er. Er geht davon aus, dass es sich um die einzige Waffe des Geists handelt. Sonny ist erleichtert und befiehlt ihm sich hinzulegen. Aber der Geist zieht seine Reservewaffe - die Modell 51 - und schießt durch die Tüte, sodass diese Pflanzenkrümel und die Papierfetzen auf Sonny landen. Die Kugel trifft nicht, aber der Geist nutzt die Schrecksekunde und springt ihn an. Es gibt einen Kampf. Der Geist bekommt die 45er zu fassen und tötet Sonny.«
    »Du hast das gelbe Papier und das Pflanzenmaterial an Sonnys Beinen gefunden - was bedeutet, dass der Geist die Modell 51 in einem Knöchelholster getragen und von unten geschossen hat«, sagte Rhyme. »Die Pulverrückstände der 45er befanden sich hingegen höher an seinem Körper.«
    »Danach sieht es aus.«
    »Und was folgern wir aus diesem Szenario?«
    »Wo auch immer der Geist dieses Zeug in der Tüte gekauft haben mag, einer der Angestellten dort könnte ihn kennen und wissen, wo er wohnt.«
    »Willst du dir alle Läden der Gegend vornehmen, um herauszufinden, wo es gelbe Tüten gibt?«
    »Nein, das würde zu lange dauern. Wir sollten zuerst feststellen, worum es sich bei dem Pflanzenmaterial handelt.«
    »Bring es her, Sachs. Mel kann es gleich durch den Chromatographen schicken.«
    »Nein, ich habe eine bessere Idee«, sagte sie und schaute zu Sonny Lis Leiche. Sie musste sich zwingen, den Blick wieder abzuwenden. »Vermutlich sind es chinesische Kräuter oder Gewürze. Ich schaue mit einer Probe davon kurz bei John Sung vorbei. Er dürfte in der Lage sein, mir sofort weiterzuhelfen. Seine Wohnung liegt nur ein paar Blocks von hier entfernt.«
     
    FÜNFTER TEIL
    ALLES ZU SEINER ZEIT
     
    Mittwoch, von der Stunde des Hahns, 18.45 Uhr, bis zur Stunde des Affen, 15.00 Uhr, am

Weitere Kostenlose Bücher