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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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unglaublich viele wunderbare Orte, an denen man Spuren finden kann.«
    Na klasse, dachte sie und lächelte gequält.
    Dann begab sie sich zu der Stelle, an der das große, luftleere Schlauchboot im Wasser lag, und fing an, ein imaginäres Gitternetz abzuschreiten. Damit war eine spezielle Technik gemeint, mit der man Tatorte auf Spuren untersuchte, indem man das betreffende Areal wie beim Rasenmähen in mehreren Bahnen erst senkrecht und dann waagerecht durchmaß. Auf diese Weise betrachtete man jeden Fleck aus zwei Perspektiven und nahm vielleicht Details wahr, die bei nur einmaliger Überprüfung übersehen worden wären. Obwohl Dutzende anderer Suchverfahren existierten, die allesamt weniger Zeit in Anspruch nahmen und längst nicht so beschwerlich waren, verhalf das Gitternetz noch am ehesten zu brauchbaren Ergebnissen. Rhyme bestand darauf, dass Sachs ausschließlich diese Methode anwandte - genau wie er es früher von seinen Beamten und Technikern bei der forensischen Abteilung der New Yorker Polizei verlangt hatte. Dank Lincoln Rhyme war der Begriff »das Gitternetz abschreiten« beim NYPD zum Synonym für eine gründliche Tatortuntersuchung geworden.
    Schon bald verschwanden die Häuser von Easton aus Amelias Blickfeld, und nur noch eines wies darauf hin, dass sie sich nicht allein hier befand: die diffusen Blinklichter der Einsatzfahrzeuge, als würde Blut unter bleicher Haut pulsieren, schaurig und gespenstisch.
    Wenig später wurden auch diese Lichter vom Nebel verschluckt. Die Abgeschiedenheit - verbunden mit einem bedrückend starken Gefühl der Verwundbarkeit - legte sich wie ein Gewicht auf ihre Schultern. O Mann, das gefällt mir überhaupt nicht. Die Sichtweite nahm immer mehr ab, und die Geräusche der Brandung, des Winds und der Regentropfen, die laut auf die Kapuze ihres Anzugs prasselten, würden das Herannahen eines eventuellen Angreifers mühelos übertönen.
    Sie überzeugte sich davon, dass die schwarze Glock Automatik griffbereit in ihrem Holster steckte, und setzte die Suche fort.
    »Wir sollten für eine Weile Funkstille halten, Rhyme. Ich werde das Gefühl nicht los, dass immer noch jemand hier ist. Jemand, der mich beobachtet.«
    »Ruf mich an, wenn du fertig bist«, sagte er. Er klang zögernd, als wollte er noch etwas hinzufügen, aber einen Augenblick später unterbrach er die Verbindung.
    Pass auf dich auf...
    In der nächsten Stunde durchkämmte sie den Strand, die Straße und das dahinter gelegene Dickicht, wie ein Kind, das nach Muscheln suchte. Dann widmete sie sich dem intakten Boot, in dem sie ein Funktelefon fand, und anschließend der luftleeren Hülle des anderen Gefährts, das zwei ESU-Beamte inzwischen an Land gezogen hatten. Schließlich reihte sie alle sichergestellten Beweise vor sich auf: die Patronenhülsen, Blutspritzer, Fingerabdrücke und Polaroidbilder der Fußspuren.
    Dann schaltete sie das Funkgerät ein und wurde zu dem behaglichen Stadthaus in einigen Lichtjahren Entfernung durchgestellt. »Irgendwas ist komisch, Rhyme.«
    »Diese Bemerkung ist nicht gerade hilfreich, Sachs. >Komisch    »Die Immigranten... ungefähr zehn, verschwinden einfach. Das begreife ich nicht. Sie verlassen einen Unterstand am Strand, überqueren die Straße und verstecken sich im Gebüsch. Ich habe dort entsprechende Abdrücke im Schlamm gefunden. Dann lösen sie sich einfach in Luft auf. Ich vermute, sie haben sich weiter landeinwärts einen Unterschlupf gesucht, aber ich habe keine Spuren gefunden. Niemand hier würde eine solche Schar von Anhaltern mitnehmen, und kein Mensch in der Stadt hat irgendwelche Fahrzeuge bemerkt, die auf sie gewartet haben könnten. Davon abgesehen gibt es auch keinerlei Reifenspuren.«
    »Also gut, Sachs, du bist soeben der Fährte des Geists gefolgt. Du hast gesehen, was er getan hat, du weißt, wer er ist, du warst an seinen Aufenthaltsorten. Was geht dir durch den Kopf?«
    »Ich. «
    »Du bist jetzt der Geist«, fiel Rhyme ihr beschwörend ins Wort. »Du bist Kwan Ang, den alle nur Gui, den Geist, nennen. Du bist ein Multimillionär, ein Menschenschmuggler - ein Schlangenkopf. Ein Killer. Du hast gerade ein Schiff versenkt und mindestens ein Dutzend Leute getötet. Was hast du nun vor?«
    »Ich muss die anderen finden«, antwortete sie sofort. »Ich muss sie finden und ausschalten. Ich will nicht weg von hier. Noch nicht. Ich weiß nicht genau wieso, aber ich muss sie finden.« Für den Bruchteil einer Sekunde schoss ihr ein

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