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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Mobiltelefone zücken, um die Einwanderungsbehörde oder den Geist - von der Ankunft der Fremden zu unterrichten.
    Jimmy Mah, gekleidet in einen grauen Anzug, der mit Zigarettenasche übersät war und aus den Nähten zu platzen drohte, begrüßte sie und bat sie in sein Büro im obersten Stock.
    Er war der Vorsitzende der East Broadway Fujianese Society und damit de facto der Bürgermeister dieses Teils von Chinatown.
    Sein Büro war ein großer, schlichter Raum mit zwei Schreibtischen, einem halben Dutzend ungleicher Stühle, vielen Papierstapeln, einem modernen Computer und einem Fernsehgerät. In einem schiefen Regal standen ungefähr hundert chinesische Bücher. An der Wand hingen verblichene, fleckige Poster von chinesischen Landschaften. Chang ließ sich durch das heruntergekommene Erscheinungsbild des Zimmers nicht in die Irre führen; Mah war vermutlich mehrfacher Millionär.
    »Bitte nehmen Sie Platz«, sagte Mah auf Chinesisch. Der breitgesichtige Mann mit dem schwarzen, glatt nach hinten gekämmten Haar bot ihnen Zigaretten an. Wu nahm eine. Chang lehnte dankend ab. Er hatte das Rauchen nach dem Verlust seiner Dozentenstelle aufgegeben, weil das Geld nicht mehr reichte.
    Mah musterte ihre schmutzige Kleidung und das verfilzte Haar. »Ha, Sie beide sehen aus, als hätten Sie jede Menge zu erzählen. Ist es eine interessante Geschichte? Eine spannende Geschichte? Was könnte das wohl sein? Ich wette, ich wäre ganz wild darauf, sie zu hören.«
    Chang hatte in der Tat eine Geschichte zu erzählen. Ob interessant oder spannend, vermochte er nicht zu sagen, aber eines wusste er genau: Sie war erfunden. Er hatte beschlossen, keinem Fremden zu verraten, dass sie von Bord der Fuzhou Dragon kamen und der Geist vermutlich nach ihnen suchte. »Wir sind gerade erst mit einem honduranischen Schiff hier eingetroffen«, sagte er zu Mah.
    »Wer war Ihr Schlangenkopf?«
    »Seinen richtigen Namen haben wir nicht erfahren. Er hat sich Moxige genannt.«
    »Mexikaner?« Mah schüttelte den Kopf. »Ich arbeite nie mit Latinos zusammen.« Er sprach mit amerikanischem Akzent.
    »Unser Geld hat er genommen, aber dann hat er uns einfach am Hafen stehen gelassen«, klagte Chang. »Er wollte uns Papiere und ein Transportmittel besorgen, aber er ist verschwunden.«
    Neugierig lauschte auch Wu dieser Geschichte. Chang hatte ihn gebeten, den Mund zu halten und ihm das Gespräch mit Mah zu überlassen. Im Frachtraum der Dragon hatte Wu oft zu viel getrunken, dann immer sehr überschwänglich reagiert und mit den anderen Flüchtlingen leichtfertig über alles Mögliche geplaudert.
    »Das höre ich nicht zum ersten Mal«, sagte Mah leutselig. »Was soll dieser Betrug? Das ist doch schlecht fürs Geschäft. Scheiß auf die Mexikaner. Woher stammen Sie?«
    »Aus Fuzhou«, sagte Wu. Chang war nicht erfreut. Er hatte eine andere Stadt in Fujian nennen wollen, um das Risiko zu minimieren, dass jemand eine Verbindung zwischen ihnen und dem Geist herstellen würde.
    »Ich habe drei Kinder dabei, darunter ein Baby«, fuhr er fort und unterdrückte seine Verärgerung. »Außerdem meinen Vater. Er ist alt. Und die Frau meines Freundes hier ist krank. Wir brauchen Hilfe.« »Ah, Hilfe. Nun, das ist doch wirklich eine interessante Geschichte, nicht wahr? Aber was für eine Art von Hilfe möchten Sie? Ich kann manches bewirken. Anderes nicht. Bin ich etwa einer der Acht Unsterblichen? Nein, natürlich bin ich das nicht. Was benötigen Sie?«
    »Papiere. Ausweispapiere. Für mich, meine Frau und meinen ältesten Sohn.«
    »Sicher, sicher, das lässt sich machen. Führerscheine, Sozialversicherungskarten, irgendwelche alten Firmenausweise - von bankrotten Firmen, damit niemand es überprüfen kann. Bin ich nicht clever? Nur Jimmy Mah berücksichtigt solche Dinge. Diese Karten lassen Sie wie richtige Staatsbürger aussehen, aber einen legalen Job werden Sie damit nicht bekommen. Heutzutage zwingen die Mistkerle vom INS jede Firma dazu, alles genau nachzuprüfen.«
    »Mir wurde bereits eine Anstellung zugesichert«, sagte Chang.
    »Mit Pässen kann ich leider nicht dienen«, fügte Mah hinzu. »Das ist zu gefährlich. Auch nicht mit Green Cards.«
    »Was ist das?«
    »Aufenthaltsgenehmigungen.«
    »Wir werden untertauchen und einen allgemeinen Straferlass abwarten«, erklärte Chang.
    »Ach ja? Das kann aber lange dauern.«
    Chang zuckte die Achseln.
    »Mein Vater muss zu einem Arzt«, sagte er dann und nickte in Richtung Wu. »Seine Frau auch. Können

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