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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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sarkastisch. »Außerdem spart er auf diese Weise die Chartergebühr für das Schiff. Und zu Hause in China wird er vermutlich behaupten, die Küstenwache habe auf sie gefeuert und die Dragon versenkt.«
    Doch Rhyme hatte keine Zeit, auf den Geist wütend zu sein oder angesichts der grausamen Abgründe des menschlichen Herzens Bestürzung zu empfinden. »Okay, Sachs«, sagte er. »Der Strand. Erzähl uns, was passiert ist.«
    Sie lehnte sich an einen Labortisch und zog ihre Notizen zu Rate. »Etwa achthundert Meter östlich von Easton, an der Straße nach Orient Point, hat ein Schlauchboot mit vierzehn Personen die Küste erreicht.« Sie ging zu der Karte von Long Island und deutete auf die entsprechende Stelle. »In der Nähe des Leuchtturms bei Horton Point. Kurz vor Ende der Fahrt wurde das Boot an einem Felsen beschädigt und verlor Luft. Vier der Flüchtlinge wurden ins Wasser geschleudert und abgetrieben. Die anderen zehn blieben zusammen. Sie haben den Kleinbus der Kirchengemeinde gestohlen und sind entkommen.«
    »Hast du Aufnahmen der Fußspuren?«, fragte Rhyme.
    »Natürlich«, erwiderte Sachs und gab Thom einen Umschlag. Er klebte die Polaroidbilder an die Wand. »Ich habe die Spuren in einem Unterstand am Ufer gefunden. Es war zu nass für eine elektrostatische Untersuchung«, erläuterte sie. »Daher musste ich mich mit Fotos begnügen.«
    »Die sind sehr gut geworden«, sagte Rhyme und fuhr mit dem Rollstuhl nahe heran.
    »Ich zähle neun Personen«, stellte Dellray fest. »Wie kommen Sie auf zehn, Amelia?«
    »Weil ein Kleinkind dabei ist, nicht wahr?«, sagte Rhyme.
    Sachs nickte. »Richtig. Unter diesem Wellblechdach waren ein paar seltsame Muster im Sand, die ich mir zuerst nicht erklären konnte. Es sah so aus, als hätte man etwas gezogen, aber es gab keine Fußabdrücke davor - nur dahinter. Schließlich kam ich darauf, dass sie von einem krabbelnden Kind stammen mussten.«
    »Okay«, sagte Rhyme und widmete sich den Schuhgrößen. »Wir haben es voraussichtlich mit sieben Erwachsenen und/oder Jugendlichen, zwei jüngeren Kindern und einem Kleinkind zu tun. Einer der Erwachsenen dürfte schon etwas älter sein - er hat einen schlurfenden Gang. Ich sage >er< wegen der Schuhgröße. Und jemand ist verletzt - vermutlich eine Frau, wenn man wiederum die Größe der Abdrücke berücksichtigt. Der Mann neben ihr stützt sie.«
    »Sowohl am Strand als auch im Wagen gab es Blutspuren«, fügte Sachs hinzu.
    »Haben Sie Proben genommen?«, fragte Cooper.
    - »Bei dem Boot und am Strand war nicht mehr viel zu machen der Regen hatte das meiste bereits weggespült. Ich habe drei Proben aus dem Sand. Und jede Menge aus dem Wagen, noch ganz frisch.« Sie suchte eine Plastiktüte mit mehreren Röhrchen heraus und gab sie ihm.
    Der Techniker bereitete einige Muster zur näheren Bestimmung vor und füllte ein Formular aus, in dem er die Serologie der Gerichtsmedizin um die schnellstmögliche Untersuchung der Proben bat. Dann ließ er das Material durch einen uniformierten Beamten ins Labor bringen.
    Sachs fuhr unterdessen fort. »So, der Geist ist in einem zweiten Boot ungefähr zweihundert Meter westlich der ersten Stelle gelandet.«
    Sie vergrub die Finger in ihrem dichten roten Haar und kratzte sich heftig am Kopf. Sachs fügte sich häufig kleinere Verletzungen zu. Sie war eine schöne Frau, ein früheres Fotomodell, aber sie hatte oftmals abgebrochene, bisweilen auch blutige Fingernägel. Rhyme versuchte schon längst nicht mehr zu begreifen, woher dieser schmerzhafte Zwang kam, aber in gewisser Weise beneidete er Amelia, denn auch er selbst verspürte diese rätselhafte Anspannung. Leider stand ihm kein solches Sicherheitsventil zur Verfügung, um sich auf blutige Art etwas Luft zu verschaffen.
    Er schickte ein stummes Stoßgebet an Dr. Weaver, seine Neurochirurgin: Bitte helfen Sie mir irgendwie. Befreien Sie mich nur ein kleines bisschen aus dieser furchtbaren Gefangenschaft. Bitte.
    Wütend rief er sich zur Raison, verdrängte die privaten Sorgen und wandte sich wieder Sachs zu.
    »Dann.« Amelia stockte kurz, und man merkte ihr die Betroffenheit an. »Dann hat er sich auf die Suche nach den Flüchtlingen gemacht, um sie zu töten. Zwei der über Bord gegangenen Leute hat er gefunden und durch Schüsse in den Rücken ermordet. Einen hat er verwundet. Der Vierte wird noch vermisst.«
    »Wo ist der Verwundete?«, fragte Coe.
    »Er wird erst in ein Krankenhaus gebracht und danach ins INS-Gefängnis nach

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