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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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der Scheibe des Restaurants sitzen. Er winkte ihr lächelnd zu.
    Als er aufstand, um sie zu begrüßen, zuckte er kurz zusammen.
    »Nein, nein«, sagte Sachs. »Bitte bleiben Sie sitzen.«
    Sie nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz.
    »Möchten Sie etwas essen?«
    »Nein. Ich kann nicht lange bleiben.«
    »Dann wenigstens Tee.« Er schenkte ein und schob die kleine Tasse zu ihr hinüber.
    Das Restaurant war dunkel, aber sauber. In mehreren Nischen saßen Männer zusammen und unterhielten sich auf Chinesisch.
    »Haben Sie ihn schon gefunden?«, fragte Sung. »Den Geist?«
    Sie redete nur ungern über laufende Ermittlungen und sagte daher lediglich, man würde einige Spuren verfolgen.
    »Diese Ungewissheit gefällt mir nicht«, sagte Sung. »Sobald ich Schritte im Treppenhaus höre, erstarre ich vor Schreck. Es ist, als wäre ich wieder in Fuzhou. Jemand nähert sich langsam deiner Tür, und du weißt nicht, ob es ein Nachbar ist oder eine Horde von Sicherheitsbeamten, die dich verhaften sollen.«
    Sie musste unwillkürlich an Jerry Tang denken und vergewisserte sich durch einen kurzen Blick, dass tatsächlich ein Streifenwagen auf der anderen Straßenseite parkte und Sung beschützte.
    »Angesichts des Presserummels um die Fuzhou Dragon sollte man doch eigentlich davon ausgehen können, dass der Geist nach China zurückkehrt«, sagte sie. »Weiß er denn nicht, wie sehr nach ihm gefahndet wird?«
    »Zertrümmert die Kessel..«, erinnerte Sung sie.
    ».und versenkt die Boote.« Sie nickte. »Nun ja, er ist nicht der Einzige, der diesem Motto folgt.«
    Sung musterte sie eine Weile. »Sie sind eine starke Frau. Sind Sie schon immer eine Sicherheitsbeamtin gewesen?«
    »Bei uns nennt man sie Polizisten. Oder Cops. Sicherheitsbeamten arbeiten für Privatfirmen.«
    »Oh.«
    »Nein, ich hatte schon ein paar Jahre gearbeitet, bevor ich auf die Akademie gegangen bin.« Sie erzählte ihm von ihrer Zeit als Mannequin in Diensten einer Agentur an der Madison Avenue.
    »Sie haben Mode vorgeführt?« Er wirkte amüsiert.
    »Ich war jung und hatte Lust, es eine Zeit lang auszuprobieren. In erster Linie war es die Idee meiner Mutter. Ich weiß noch, wie ich einmal zusammen mit meinem Vater an einem Wagen gearbeitet habe. Er war ebenfalls Cop, aber Autos waren sein großes Hobby. Wir bauten gerade den Motor eines alten Thunderbird um. Ein Ford? Ein Sportwagen. Schon mal gehört?«
    »Nein.«
    »Und ich war damals, keine Ahnung, neunzehn oder so und hatte schon gelegentlich für eine Modellagentur in der Stadt gearbeitet. Ich lag unter dem Wagen, und meinem Dad ist ein Maulschlüssel aus der Hand gefallen. Das Ding hat mich an der Wange erwischt.«
    »Autsch.«
    Sie nickte. »Aber so richtig rund ging es erst, als meine Mutter die kleine Verletzung sah. Ich weiß nicht, auf wen sie wütender war - auf mich, meinen Vater oder die Ford Motor Company.«
    »Und Ihre Mutter?«, fragte Sung. »Passt sie auf Ihre Kinder auf, während Sie arbeiten?«
    Sie sah ihn ruhig an. »Ich habe keine Kinder.«
    Er runzelte die Stirn. »Sie. Oh, Verzeihung.« Er klang sehr mitfühlend.
    »Das ist kein Weltuntergang«, entgegnete sie gelassen.
    Sung schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Ich hätte anders reagieren müssen. Ost und West haben im Hinblick auf Familien unterschiedliche Vorstellungen.«
    Nicht unbedingt, dachte sie, vermied es jedoch, den Gedanken weiterzuverfolgen.
    »Für uns Chinesen sind Kinder sehr wichtig«, fuhr Sung fort. »Sicher, wir haben dieses Problem mit der Überbevölkerung, aber die Ein-Kind-Regel gehört zu den meistgehassten Erlässen der Regierung. Die Vorschrift gilt nur für die Han-Chinesen - die die Mehrheit der Einwohner stellen -, und so gibt es in den Grenzregionen tatsächlich Leute, die behaupten, einer der Minderheiten anzugehören, um auf diese Weise mehr als ein Kind bekommen zu dürfen. Auch ich will später noch weitere Kinder haben. Ich werde meine beiden hierher holen und dann, sobald ich eine Frau gefunden habe, noch zwei oder drei Babys in die Welt setzen.«
    Er ließ sie dabei nicht aus den Augen, und sie empfand wieder dieses behagliche Gefühl, das von seinem Blick ausging. Und von seinem Lächeln. Sie wusste nicht, ob er ein guter Arzt war, aber allein sein Gesicht trug schon dazu bei, einen Patienten zu beruhigen und den Heilungsprozess zu fördern.
    »Bestimmt wissen Sie, dass unsere Schrift auf Piktogrammen basiert. Das chinesische Zeichen für >Liebe< stellt in sinnbildlicher Form

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