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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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Mächten gegenüber, an seine Wut und Ohnmacht. Acht lange Jahre war dies jetzt her. Er war damals siebzehn Jahre alt gewesen, sie elf. Barbara war ein frühreifes Mädchen. Sie waren anfangs noch Spielgefährten, bald schon wie Bruder und Schwester, schließlich   … ja, was? Was wäre gewesen, wenn? Denn wenige Tage, nachdem sie sich das erste Mal geküsst hatten, war Barbara tot, wurde ertrunken aus der Tauber gefischt.
    Narren, rief er den Figuren zu, nun habt ihr mich zum Weinen gebracht.
    Er verließ die Kirche und schwang sich auf seinen Rappen. Mahut schnaubte und fiel sofort in zügigen Trab. Eigentlich ist doch alles so einfach, dachte Ulrich. Ich bin ein Deutscher Ritter, und so wie wir uns dem Schutz der heiligen Elisabeth von Thüringen anbefohlen haben, habe ich meinen Mantel um diese beiden armen Menschenkinder geworfen. Was zögere ich also?
    Ulrich wurde leicht ums Herz. Hinter ihm schlug die Kirchturmuhr zwölfmal. Vor einem Bauernhaus lud ein älterer Bauer mit seinem Sohn ein Fuhrwerk mit schrumpeligen, viel zu kleinen Rüben ab. Flüchtig streifte Ulrichs Blick ihre ausgemergelten, unzufriedenen Gesichter. Sie grüßten ihn, rissen ihre Mützen vom Kopf, worauf er ihnenfreundlich zunickte. Die Sommerdürre hat ihnen arg zugesetzt, dachte er. Die Angst vor einer Hungersnot ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Ich darf jetzt meine Speicher nicht vor ihnen verschließen. Helfen, wehren, heilen. Das geht auch mit Brot und Öl, Rüben und Kraut.
    Er trieb Mahut an, doch erst nachdem er keinem Bauern mehr begegnete, genoss er es wieder, Herr und Ritter zu sein. Es war ein süßes Gefühl – als gieße das Sonnenlicht Wärme in seine Seele.
    Ja, ich werde mich um sie kümmern. Wozu habe ich sie sonst vor den Flammen gerettet?
    Er schloss für einen Moment die Augen und überließ sich dem Wind, der ihm über Wiesen und Felder entgegenblies. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, welche Richtung Mahut wie von selbst eingeschlagen hatte. Zielstrebig trabte er quer über eine Wiese auf den Waldrand zu.
    «He, Mahut, woher weißt du, wohin ich will?»
    Es sollte scherzhaft klingen, doch Ulrich gestand sich ein, dass es in Wirklichkeit sein Herz war, das die Zügel lenkte, und nicht sein Verstand. Zwei Köhlermädchen sind es nur, dachte er. Marie und Hanna. Die Kleine ist niedlich   … und die Große?
    Hübsch.
    Er verspürte einen Stich im Herzen, doch schon im nächsten Moment schlug es wieder ruhig. Oder täuschte er sich da? Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Er hatte sich den Bart abnehmen lassen, seitdem sah er heiterer und lebenszugewandter aus. Schon länger hatte ihn seine Mutter deswegen bedrängt. Ulrich, hatte er ihre warme, aber tadelnde Stimme im Ohr, es wird Zeit, dass du auf Freiersfüßen stehst und ernsthaft um ein Mädchen wirbst. Und ohne Bart wirst du dabei mehr Erfolg haben. Er muss weg, dann schlagen die Mädchenherzen höher.
    Meinst du wirklich, Mutter? Glaubst du, Frederike würde es sich deswegen anders überlegen? Er rief sich die Gestalt von Frederike von Neustett ins Gedächtnis. Vor Monaten hatte er sie umworben, sie aber hatte einen anderen Ritter im Kopf gehabt. Sie war schlank und besaß eine stolze Ausstrahlung. Das hatte ihn gereizt. Mit ihrem puppenhaften Gesicht wirkte sie sehr weiblich, wenn nur die Lippen darin nicht gar so schmal gewesen wären.
    Unmerklich schob sich Hannas Bild vor das Frederikes.
    Ulrich lächelte. Köhlerin gegen Rittertochter, dachte er. Hanna   … ihre weichen vollen Lippen   … nur einmal möchte ich sie küssen   … Ihre Hüften sind jedenfalls ein Blickfang für jeden Mann   … und dann, wie ihr Busen sich unter ihrem Kleid abzeichnet, oder ihr straffer warmer Bauch. Stundenlang hätte ich so mit ihr reiten können. Und obwohl sie eine Köhlerin ist, roch sie trotz des Rauchs etwas nach Minze   …
    Der Weg zum Wachsenberg hinauf wurde steiler, für Mahut aber war das keine Herausforderung. Er fiel von selbst in Galopp, als wolle er zeigen, wie stark und ausdauernd er war. Bald kreuzten sie den Weg, der rechter Hand nach Neusitz führte. Leuchtend gelbe Blätter regneten von den Obstbäumen. Im Wald huschte vor ihm ein Eichhörnchen einen Buchenstamm hoch, schon kreischte der erste Eichelhäher.
    Es ist und bleibt ein Wunder, dachte Ulrich. Hätte es nicht geregnet, wäre bestimmt der gesamte Wald zwischen Neusitz und dem Wachsenberg in Flammen aufgegangen. Die Köhlersleut wird es kaum trösten. Andere haben

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