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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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behalt’s für mich. Versprochen», erwiderte er und schenkte ihr ein Lächeln. Dann schlug er Mahut die Hacken in die Flanken und preschte los. Nun war ihm leichter ums Herz.
     
    Hanna schaute in der guten Stube des Herren-Müllers aus dem geöffneten Fenster. Golden lag das herbstliche Nachmittagslicht auf Rebhängen und Stadtmauer. Die Natur feierte sich selbst, das Wasser der still dahinfließenden Tauber schimmerte wie Seide. Aber nichts war vollkommen, denn gerade erklang vom Kobolzeller Kirchlein her das Bimmeln der Totenglocke. Hanna bekreuzigte sich und sprach schnell ein Gebet, darauf schloss sie das Fenster und wanderte unruhig in der holzgetäfelten Stube umher.
    Jobst Gessler hatte sie genötigt, von den Trauben zu nehmen, die mitten auf dem Tisch in einer großen blauen Schale lagen, Hanna aber wollte sich nicht verführen lassen. Bei mir kannst du dir deine angeberischen Scherflein sparen, Müller, dachte sie trotzig, obwohl sie ahnte, dass dies falscher Stolz war. Ich rühre deine Trauben nicht an. Und auch wenn du gleich mit zwei Krügen Bier zurückkommst: Glaube nicht, mich damit betrunken machen zu können.
    Lässt mich wohl absichtlich alleine hier, wie?
    Ich soll wankelmütig werden, mir ausmalen, wie es wäre, wenn ich die Herrin über diese Wohnstube mit dem prächtigen Herrgottswinkel und dem Schrank bin? Wie es wäre, wenn ich in der Schlafstube die Federbetten aufschüttelte, die Truhen öffnete und Lavendelsäckchen gegen die Motten zwischen die Wäsche legte?
    Hanna lauschte in sich hinein. Gegen ihren Willen musste sie seufzen.
    Allein diese Küche. Die Herrenmühle besaß eine gemauerte Feldstein-Herdstelle mit drei gusseisernen Kochplatten. An der Wand Haken und Regale voll mit Töpfen, Pfannen, Platten, Modeln. Dann die vielen Messer, Kellen, Löffel. Aber das alles war nichts gegen den Vorratsspind, aus dem es verschwenderisch nach Gerauchtem und Süßsaurem roch.
    Nie mehr Hunger haben, dachte Hanna, herrlich. Marie könnte zur Schule gehen   …
    Unwillig stampfte sie mit dem Fuß auf, wegen dieses Gedankens hätte sie sich am liebsten selbst geohrfeigt. Schnell öffnete sie wieder das Fenster und lehnte sich hinaus, um auf die Rumpelgeräusche des Mühlsteins zu hören. Stattdessen aber lief Johannes, der alte Müllerknecht, ums Haus, schaute zu ihr hoch und stimmte ein Lied an:
Wir sind die armen Haufen und wolln mit Pfaff und Adel raufen. Heija oho. Spieß voran, rauf und dran! Los, aufs Ziegeldach den roten Hahn. Heija oho, heija oho.
    «Hannes, wirst du wohl das Maul halten!» Es war Jobst Gesslers Stimme, polternd und genauso grob wie sein Gesicht. Hanna schloss schnell das Fenster, hörte aber noch, wie der Müller Hannes anblaffte: «Alt sein heißt doch nicht gleich dumm sein, Himmel nochmal! Jeder, der dies Lied singt, macht sich verdächtig, wenn es später mal hart auf hart kommt.»
    Hanna setzte sich wieder an den Tisch und pflücktesich jetzt doch zwei Weintrauben. Zufrieden schob sie die Früchte in ihren Mund. Richtig, Müller, dachte sie. Mit diesem Lied macht ihr euch verdächtig. Werde jetzt also bloß nicht dummdreist.
    Die Stubentür ging auf, und Jobst Gessler trat mit zwei großen Krügen schäumenden Biers ein.
    «Jetzt stoßen wir erst einmal an.» Er gab der Tür einen Tritt, sodass sie krachend ins Schloss fiel. Schwungvoll schob er Hanna einen Krug zu und setzte sich ihr erwartungsvoll gegenüber.
    «Also, Hanna, auf uns!»
    Er hob seinen Krug, Hanna zögerte.
    «Nun, magst nicht mit mir anstoßen?»
    Sie errötete. «Ich bin es nicht gewohnt, Jobst.»
    Er lachte auf. «Dann solltest du es schleunigst lernen, das Genießen, meine ich. Also auf dich! Dir zum Wohlsein, Hanna.»
    Nur langsam schlang sie ihre Finger um den kalten Krug. «Wohlsein», murmelte sie, stieß mit ihm an, nippte. Doch als sie in Jobsts belustigtes Gesicht sah, überwand sie sich und nahm einen großen Schluck. Sie musste zugeben, das Bier schmeckte köstlich. Ein duftendes Vollbier, kühl und weich, mit cremigem Schaum. Verhalten wischte sie sich den Schaum von der Oberlippe, dabei musterte sie der Müller aufmerksam. Schließlich fragte er: «Und nun?»
    Hanna ärgerte sich sogleich über seinen listigen Ton.
    «Was soll die Frage? Ich habe Euch doch schon gesagt, dass Ihr Euch falsche Hoffnungen macht. Was das Geld betrifft, stehen Arndt und ich natürlich jetzt in Eurer Schuld. Aber besser wäre es gewesen, Ihr hättet den Goltz und den anderen nichts gegeben.»
    «Kein

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