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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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als würde sie von unsichtbaren Kräften verprügelt, sie spürte nie gekannten Ekel. Schroff ruckte Jobst Gessler zurück. Er ließ sie los, doch nur um ihren Kopf zwischen die Hände zu nehmen und sie erneut zu küssen. Hanna keuchte und fand endlich genügend Kraft, ihn von sich zu drücken, doch im nächsten Moment hatte er ihr auch schon wieder den Arm um die Hüfte gelegt.
    «Jetzt bist du meine Frau, Hanna. Und? Bin ich so widerwärtig? Mit Veit Goltz kann ich es doch allemal aufnehmen, wie?» Er lachte übertrieben laut auf und schubste Hanna in die Arme Veits, der sie genauso an sich presste wie der Müller. Dann zog er sein Geldsäckel und ließ die Münzen klimpern. «Und weil du jetzt gleich mit mir kommst, zahl ich diese Geizhälse aus. Damit Arndt und die kleine Marie Ruh haben.»
    Reihum drückte er den Männern Geld in die Hand. Vergelt’s dir Gott, Jobst. Fast demütig klangen die Stimmen,Götz Breitling gar zog den Hut. Hanna wurde übel. Niemand sah sie an, jeder war bis in die letzte Pore von der Zufriedenheit erfüllt, Geld bekommen zu haben. Triumphierend blickte Jobst Gessler um sich, dann, urplötzlich, versteinerte sein Gesicht, und er rief: «Ihr seid erbärmlich, wisst ihr das? Wenn ich gesagt hätte: Los, kniet nieder und küsst mir den Ring, weil ich ab heute der neue Papst bin: Ihr hättet es getan.»
    «Nicht so stolz, Jobst», bellte Hans Goltz. «Sonst stopfen wir dir mit deinem Klimpersack das Maul.»
    «Ihr Einfaltspinsel! Nun lasst mich doch einmal scherzen.»
    Alle lachten. Am lautesten Hans und Veit Goltz.
    Er ist der Teufel, dachte Hanna bestürzt, ein richtiger Teufel. Und die anderen sind seine Gesellen. Mit seinem Geld hat dieser Widerling alle in der Hand und spielt mit ihnen, wie er es braucht. Aber ich werde es dieser Horde von Afterkriechern zeigen. Und wenn ich dafür all unser Erspartes opfern muss.
    «Ich geh mit Euch, Jobst Gessler, damit wir in Ruhe über alles sprechen können», sagte sie und wand sich aus Veits Umarmung. «Danke für Eure Großzügigkeit. Vergelt’s Euch Gott.»
    «Dann wird das unser Polterabend, wie?»
    Jobst Gessler rieb sich die Hände und schaute in die Runde. Die Männer sagten nichts, einige nickten andeutungsweise.
    Hanna aber hatte sich schon auf den Weg gemacht. Hocherhobenen Hauptes schritt sie schnell voran. Tief atmete sie die herben Düfte der Streuobstwiesen ein und versuchte, durch die Betrachtung der schiefen und teils mit Flechten bewachsenen Obstbäume neue Kraft zu gewinnen.
    Als Jobst Gessler zu ihr aufschloss und wieder den Armum ihre Hüfte legen wollte, schüttelte sie ihn energisch ab. Doch der Müller probierte es immer wieder. Als sie eine halbe Stunde später durch das Rothenburger Rödertor traten, war Hannas Widerstandskraft aufgebraucht. Nein, ich habe mich nicht verkauft, begehrte sie innerlich auf. Ich lasse es nur um des lieben Friedens willen zu. Im Moment habe ich keine andere Wahl. Aber glaube ja nicht, Jobst Gessler, du hättest gewonnen.
    Sie wandte ihre Schritte nach links in die Neugasse und hörte, wie die Goltz-Brüder und die anderen Männer sich am Abzweig zur Brauhausgasse lautstark voneinander verabschiedeten. Für einen Moment konnte sie alleine gehen. Da riss der Himmel auf, und das milde Herbstlicht ließ den Putz der Fachwerkhäuser aufleuchten. Fensterläden wurden aufgestoßen, ein paar Schritte weiter duftete es nach Weißkohleintopf mit Birnen und Rauchspeck. Hanna lief das Wasser im Mund zusammen, doch gleichzeitig schauderte es sie. Der Duft zog nämlich vom Faul- oder Mörderturm herüber. Schwere Sünder warteten dort auf ihr letztes Stündlein.
    Da bekommt einer seine Henkersmahlzeit, dachte sie. Möge Gott seiner Seele gnädig sein.
    «Da hat unsereins es besser, wie?», hörte sie Jobst Gessler wenige Schritte hinter sich sagen, als habe er ihre Gedanken erraten. «Lieber mal Bauchknurren als mit vollem Wanst an den Galgen oder unters Rad.»
    Das sagt ausgerechnet einer, der gewiss nie Hunger gelitten hat, dachte Hanna bei sich und fühlte nicht die geringste Lust, etwas zu antworten. Weiter vorne, aus der Schmiede von Peter Wolff, klang monotones Hämmern. Kinder spielten Fangen vor dem Haus. Just in diesem Moment hatte Jobst Gessler sie eingeholt und legte ihr wieder den Arm um die Hüfte.
    «Der Herren-Müller hat ’ne Neue», posaunte der Sohndes Schmieds die vermeintliche Neuigkeit ins Haus. «Die Tochter vom Köhler, vom Völz!»
    Hanna biss sich auf die Zunge und ballte die

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