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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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bei den Meilern bleiben.» Valentin strahlte von einem Ohr zum anderen, während Hanna an seinen Lippen hing, als sei sie in ihn verliebt. «Wir waren bei Jobst Gessler, haben aber dort nur seinen Knecht, den alten Hannes, angetroffen. Aber der wusste zum Glück Bescheid, wo der Müller dich hingebracht hat. Hanna, es tut mir so leid. Wäre ich doch bloß an deiner Seite gewesen.»
    «Wer ist denn ‹wir›? Du bist doch allein gekommen, oder?»
    «Nicht ganz.» Valentin sog scharf die Luft ein. «Der Ritter, mit dem du nach dem Beben Marie gesucht hast, dieser Ulrich   … wir trafen uns zufällig bei euch zu Hause.» Er sah sie eindringlich an, doch Hanna schaute ihn nur erstaunt an, obwohl ihr Herz schneller zu schlagen begann. «Während ich zu dir ins Spital bin», sprach Valentin angespannt weiter, «ist er zum Büttelhaus, um dort nachzufragen, was mit Marie geschehen ist.»
    «Nein! Himmel, er muss zum Hegemeister. Der hat Marie doch mit auf sein Pferd genommen. Wieso weiß er das denn nicht?»
    Hanna klang ungeduldig, geradezu ungehalten. Warumwurde alles immer komplizierter? Valentin wird nichts für mich tun können, und dem Ritter bin ich weniger wichtig als Marie, dachte sie. Mit einem Mal war ihr wieder bewusst, wie wenig sie mit Valentin anfangen konnte und wie sehr sein Schafsgesicht sie abstieß. Und es tat einfach weh, dass ausgerechnet er sie im Spital suchte, Ulrich sich hingegen lieber um Marie kümmerte.
    «Ärgere dich nicht», sagte Valentin gönnerhaft und versuchte, Hanna an sich zu ziehen. Doch sie trat einen Schritt zurück und schaute beschwichtigend zum Zehntscheuer-Verwalter, dem anzusehen war, dass er allmählich die Geduld verlor. «Dieser Ritter Ulrich wird sich schon um Marie kümmern. Schließlich ist sie sein Mantelkind.»
    «Sie ist was?»
    Valentin hatte gerade noch Zeit, Arndts Worte zu wiederholen, da platzte dem Verwalter der Kragen: «Zum Henker, Bursche, quatsch sie beim Bader voll. Und du, Hanna, wirst nie mehr sagen, du hättest Ohrenschmerzen. Komm mit, oder ich vergess mich.»
    Sofort eilte sie die Stufen hinab, Valentin folgte ihr. Rüde packte sie der Verwalter am Ellenbogen und stieß sie vorwärts. Er hat heute einen schlechten Tag, dachte sie, was geht es mich an. Am liebsten hätte sie laut gejubelt. All ihre Enttäuschung war verflogen. Sogar der Aderlass verlor jetzt einen großen Teil seines Schreckens. Sie konnte ihm gelassen entgegensehen.
    Natürlich muss Ritter Ulrich sich unter diesen Umständen zuerst um Marie kümmern, dachte sie. Andersherum wäre es zwar auch gegangen, aber Valentin, dieser Tropf, er hätte sich deswegen das Maul zerrissen. So herum ist es besser. Aber eins ist gewiss: Jetzt gibt es für mich immer einen Grund, Ritter Ulrich zu besuchen   …
    «Ich dachte schon, dieser Ritter würde dir nachstellen», hörte sie Valentin neben sich. «Aber als ich ihn währenddes Ritts auf dich ansprach, machte er nur ein mürrisches Gesicht. Er hat kaum gesprochen. Und wenn, dann von Marie. Dass sie klug sei und er ihre Rettung als Wink des Himmels begriffen habe. Du glaubst gar nicht, wie ich mich für sie freue.»
    «Und Babur? Hat Hannes etwas von ihm erzählt?»
    «Ja, besser gesagt: nein. Oder vielmehr, dass unser Babur wohl nie mehr jemanden beißen wird.»
    «Marie wird es nicht verkraften.»
    «Dann gibt es eben einen neuen Babur für sie.»
     
    Als Hanna das Baderzimmer betrat, verließ sie aller Mut. Aus dem hellen Raum mit seiner anmutig lächelnden Muttergottesstatue hatte man zwar einen schönen Blick auf den Kalk- und Stöberleinturm, doch der strenge Geruch nach Kampferlösung und verbranntem Fleisch war ekelerregend. Er entströmte einer auf dem Operationstisch vor sich hin dämmernden und wimmernden Frau. Sie war festgeschnallt, der Bader verband ihr gerade eine Stelle unter der rechten Armbeuge. Die linke zeigte eine bis auf den Knochen klaffende Brandwunde.
    «Sie hat konvulsivische Zuckungen», erklärte der Baderchirurg dem Aufseher, der sich angewidert abwandte. «Falls das Brennen auch nichts mehr hilft, dann nur noch Gott. Baldrian, Bilsenkraut, Theriak: Alles war umsonst.»
    «Ja, schrecklich», antwortete der Aufseher mit belegter Stimme und deutete auf Hanna. «Aber bei der Völz hier gibt es noch Hoffnung. Lass sie wieder zur Ader. Angeblich hat sie Ohrenschmerzen.»
    «Hinterher nicht mehr.»
    Beide lachten. Der Bader nickte dem Aufseher zu, der dem eintretenden Spitalkaplan Ott schnell noch Valentin vorstellte und

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