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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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Nonnen, die ihr nicht grün waren. «Gisela, was kann ich dafür, dass Ritter Ulrich von Detwang ein Auge auf mich geworfen hat?»
    «Alle Männer haben das doch.»
    Gisela klang so gereizt wie unglücklich.
    «Das ist nicht wahr.»
    «Und ob. Und das weißt du ganz genau. Tu nicht so scheinheilig.»
    Hanna seufzte. Das Kloster mochte zwar dicke Mauern haben, aber für Patriziersöhne, Kapläne und Pfarrer stand die Pforte immer offen. Nun hatte es sich aber schnell herumgesprochen, dass die geheimnisvolle Köhlerin hier Zuflucht gefunden hatte, und darum war sie in der ersten Woche ständig in der Küche besucht worden. Dabei waren die Begleiter der Nonnen allesamt überrascht, wie anziehend sie aussah, und bald hieß es, sie sei gewiss die schönste Köhlerin, die jemals einem Wald entsprungen sei. Vor allem Gisela litt unter diesen Komplimenten. Sie war die Tochter des Ratsmetzgers und sollte schon vor Jahren das Noviziat absolviert haben. Aber es war nie zur Profess gekommen, weil sie immer wieder aus dem Kloster fortgelaufen war. Irgendwann war es dem Ratsmetzger dann zu viel geworden: Er nahm seine Tochter nicht mehr auf, aber auch die Priorin ließ sie nicht mehr zur Profess zu. Seitdem lebte Gisela als Laienschwester und von der Hoffnung, dass bald einer der Klosterbesucher auf sie aufmerksam und um ihre Hand anhalten würde.
    «Nicht klagen, arbeiten», sagte Rahel.
    Gisela wandte sich ab. Teilnahmslos trocknete sie einen Steingutbecher ab, während Rahel sich mit Feuereifer an den Suppenkessel machte.
    Hanna stand noch eine Weile unschlüssig herum, bis sie schließlich die Küche verließ. Ulrich hatte ihr gesagt,das Kloster habe tausend Augen und Ohren. Wenn sie hier zusammenträfen, müssten sie versuchen, so viel Abstand wie möglich zu wahren, und so hatten sie sich seit dem Spital nicht mehr geküsst. Ihnen blieb nur das Spiel der Blicke und hie und da eine flüchtige Berührung. Wenn sie im Garten miteinander sprachen, dann meist über die zunehmend gewalttätige Stimmung in der Landhege. Sie bereitete Ulrich große Sorgen, zumal der Ruf der Deutschen Ritter seit dem Vergewaltigungsvorwurf gegen Komtur Christian gar nicht mehr schlechter sein konnte.
    Aus diesem Grund hatte in der Zwischenzeit Landkomtur Wolfgang von Bibra Ulrich kommissarisch die Statthalterschaft übertragen. Damit stand Ulrich formal in Komtursrang und würde ihn so lange bekleiden, bis Komtur Christians Unschuld erwiesen war   … Ulrich hatte Hanna unter dem Gebot absoluten Stillschweigens erzählt, dass der Komtur seinen «Ausrutscher» nämlich mit einer stattlichen Summe begleichen würde, um sich dann vorerst auf sein Gut zurückzuziehen.
    Was das wohl für uns bedeutet, wenn Ulrich jetzt Komturswürde für sich beanspruchen darf?, fragte sich Hanna und huschte über den Hof in den Konversenbau, wo die Laienschwestern und -brüder wohnten. Sie zweifelte nicht an Ulrichs Liebe zu ihr, aber war es nicht dennoch völlig ausgeschlossen, dass er sie zur Frau nahm? Ein Komtur der Deutschen Ritter eine Köhlersfrau? Wie würde Ulrich im Kreis seiner Mitbrüder und Verwandten dastehen? Gar nicht zu sprechen vom Landkomtur oder gar Deutschmeister Markgraf Albrecht von Brandenburg.
    Eigentlich ist es völlig abwegig, sich Hoffnungen zu machen, überlegte sie und suchte ihre Zelle auf. Sie war eiskalt, weil sie vorhin dummerweise die Tür zum Flur geschlossen hatte. Dies passierte ihr immer wieder, sie konnte sich einfach nicht daran gewöhnen, nur der Wärmewegen bei offener Tür zu schlafen. Hier im Konversenbau wurden nur die Flure beheizt, alles, was man tat oder unterließ, war öffentlich, was bei den Nonnen übrigens nicht anders war.
    Hanna fächelte mit der Tür etwas warme Luft in ihre Zelle und setzte sich auf Maries Bett. Vielleicht läuft es ja doch nur darauf hinaus, dass ich als Magd nach Detwang komme, überlegte sie. Maries Mantelkindschaft wäre der Vorwand. Aber wie lange könnte Ulrich unverheiratet bleiben? Und was passiert, falls ich von ihm schwanger würde?
     
    «Hanna Völz?» Die Stimme von Schwester Rosalind, der Laien- oder Konversenoberin, war zu hören. «Ritter von Detwang erwartet dich im Remter!»
    «Ich komme. Gleich.»
    Hanna fühlte ihr Herz jetzt doch ein wenig schneller schlagen. Denn seit sie hier war, hatte es bislang immer nur geheißen: Hanna, die Priorin will dich sprechen. Oder: Hanna, komm in die Bibliothek. Noch nie hatte Ulrich nach ihr geschickt, demnach musste etwas Besonderes passiert

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