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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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rumpelnd nach unten.
    Als hätten sie beide auf dieses Geräusch gewartet, flogen sie aufeinander zu. Sie küssten sich mit einer Leidenschaft, als wollten sie alles nachholen. Hanna fühlte sich in einem Strudel versinken, der nur ein Versprechen kannte: sich noch größerer Lust hinzugeben. Sie wollte nicht mehr stehen, sondern liegen, wollte mehr als nur das Spiel von Zungen und Lippen.
    Sie fühlte seine Hände über ihren Rücken wandern, spürte, wie er sie langsam in Richtung Tisch schob. Bald berührten ihre Hüften die Tischkante, einen Augenblick später schon saß sie auf dem Tisch. Hanna ließ sich nach hinten fallen, Ulrich bedeckte ihren Hals mit Küssen, schließlich presste er sein Gesicht auf ihre Brust und den Bauch. Zeit und Raum lösten sich auf, während das Rumpeln des Speiseaufzugs zum Stillstand kam.
    «Ich liebe dich», flüsterte er. «Und ich möchte dich ganz, Hanna.»
    «Das wirst du auch bekommen, bald.»
    Sie richtete sich auf und küsste ihn wieder, während sie dabei seine Hand zwischen ihren Schenkeln festklemmte. Die Lust war kaum auszuhalten, und sie musste sich beherrschen, nicht zu stöhnen. Doch natürlich war der Tisch des Remters kein Bett, und nach einer Weile holtedas Läuten der Stundenglocke sie wieder in die Wirklichkeit zurück.
    Ulrich setzte sich wieder auf einen der Sessel neben dem Kamin, Hanna zog einen einfachen Stuhl vom Esstisch heran und nahm darauf Platz. Beide schlossen sie für eine Weile die Augen und warteten, bis sie wieder ruhig atmen konnten.
    Erst dann sprach Ulrich aus, weshalb er eigentlich hergekommen war. «Dein Bruder, scheint es, hat die Köhlerei aufgegeben. Zumindest habe ich keinen Meiler mehr gesehen, euer Zuhause ist verwaist. Arndt hat seine Sachen gepackt. Ich habe nachgesehen.»
    «Um Himmels willen! Und wo ist Marie? Du hast sie doch vor vier Tagen bei uns abgesetzt.»
    «Ich weiß nicht, wo sie ist. Aber wir kennen sie ja. Sie ist selbständig und wird wieder herfinden.»
    «Dein Wort in Gottes Ohr.»
    Hanna brauchte eine Weile, um die Nachrichten zu verarbeiten. Seit sie im Kloster war, hatte sich Maries Zustand gebessert. Ulrich hatte ihr erzählt, dass er beim Abdecker gewesen war, dieser aber sich an keinen Hund erinnern konnte, auf den Baburs Beschreibung passte. Seitdem sprach sie wieder, und wenn sie gemeinsam im Konversenremter schreiben und lesen übten, vergaß Marie für eine Weile ihren Schmerz.
    «Und wenn Babur wiederkommt?», hatte ihre Schwester sie eines Morgens gefragt. «Vielleicht ist er ja gar nicht tot?»
    «Er könnte sich tot gestellt haben, ja. Dann hat er sich nachts davongeschlichen und leckt sich irgendwo an der Tauber seine Wunden. Das tun Hunde doch.»
    «Glaubst du wirklich?»
    Hanna musste immer wieder gerührt lächeln, wenn sie sich den Klang von Maries hoffnungsvoller Stimme inErinnerung rief: dieses Flüstern und Hauchen, dazu die groß aufleuchtenden Kinderaugen. Es war der vollkommenste Ausdruck einer reinen Seele, und wenn sie sich etwas für Marie wünschte, dann, dass sich ihre Hoffnung erfüllte und sie bald wieder mit Babur durch die Wälder tollen würde.
    Ulrich rutschte auf seinem Sessel ein Stück vor und streichelte Hanna über das Knie. Sie drückte seine Hand und schloss für einen Moment die Augen.
    Ulrich seufzte. Langsam zog er seine Hand wieder zurück. Eine Weile lang sahen sie sich nur an. Jeder wartete, dass der andere zuerst weitersprach.
    «Und wo, glaubst du, ist Arndt abgeblieben?», fragte Hanna schließlich.
    «Mehr als du werde ich kaum wissen. Arndts Herz schlägt nicht gerade für uns Deutschherren, nicht wahr?»
    Betroffen verzog Hanna das Gesicht. «Schon. Und daran hat deine Großzügigkeit leider nichts mehr ändern können. Im Sommer hat er sich dem Herren-Müller und dessen Getreuen angeschlossen, die Arbeit an den Meilern hat sehr darunter gelitten. Unser Vater musste erst ein Machtwort sprechen, damit Arndt wieder als Köhler arbeitete. Ich kann mir gut vorstellen, dass er jetzt irgendwo in der Landhege bei einem dieser unzufriedenen Bauern untergeschlüpft ist.»
    Ulrich nickte nachdenklich. «Irgendwie haben sie alle nicht mehr viel zu verlieren», sagte er dumpf. «Weißt du, was das größte Elend ist? Dass ich meinen Bauern und Häckern die Steuern und Dienste so gut wie nicht senken oder ersparen kann. Meine sogenannten Ritterbrüder wachen wie Kettenhunde darüber, dass unsere Untertanen in der Landhege gleich behandelt werden.»
    «Und das bedeutet: gleich

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