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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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von Detwang betonte das «mir» und klang sichtlich stolz. Hanna spürte, dass sie nur zu gerne ein Enkelkind wie Marie hätte. Aber diesen Gefallen wollte sie ihr nicht tun. Bevor Marie eure Dünkelhaftigkeit zu spüren bekommt, schicke ich sie lieber zu den Nonnen, dachte sie böse. Bildet Euch bloß nicht ein, Frau von Detwang, dass Ihr einen Keil zwischen mich und Marie treiben könnt.
    «Wir werden sie fragen», entschied Hanna. «Ansonsten sorgen ja auch die Dominikanerinnen für sie. Sie versteht sich so gut mit Schwester Rahel und Gisela.»
     
    Wenigstens brauchten sie nicht zu laufen. Katharina von Detwang hatte Maries wegen darauf bestanden, dass sie den Pferdeschlitten nahmen.
    «Willst du nicht doch bleiben, Kindchen? Wenigstens ein oder zwei Tage? Wir könnten wieder zusammen lesen. Oder ich zeige dir die alte Burg   …»
    «Lieber nicht», presste Hanna hervor und errötete gleichzeitig.
    Marie aber wurde wankelmütig: «Und was ist, wenn ich danach nach Hause will?»
    «Dann fährt dich der Frieder. Wann immer du möchtest.»
    «Gut», entschied Marie. «Ich bin neugierig auf die Burg.»
    Sie stieg wieder aus und rannte zurück ins warme Gutshaus.
    «Das ist die Mantelkindschaft, Hanna. Gönne einer alten Frau diese Freude. Sei stolz auf deine Schwester und schmoll jetzt nicht. Ulrich wird seine Gründe haben, warum er dich derart an der Nase herumführte.»
    Katharina von Detwang tätschelte Hannas Hand. Für einen Moment wirkte sie herzlich, wie eine liebenswerte Mutter, die ihrer zukünftigen Schwiegertochter ins Gewissen redet. Hanna brachte ein Lächeln zustande: «Danke für Eure Gastfreundschaft, Frau von Detwang. Vielleicht sehen wir uns ja doch einmal wieder.»
    «Das weiß Gott, mein Kind.»
    Frieder, der Kutscher, schaute sich um. Der Schlitten wurde von zwei Braunen gezogen, Dampf wehte um die Nüstern der Pferde. Hanna wollte sich gerade das Fell um ihre Knie wickeln, da drückte ihr Ulrichs Mutter ein Säckchen Geld in die Hand.
    «Es ist von Ulrich, ich habe noch etwas dazugelegt. Und   …» Sie zögerte und schaute Hanna fest an, «wenn es eben so kommt, wie es uns Frauen bestimmt ist, verlass dich auf mich. Eine Mutter weiß nämlich um die Geheimnisse ihres Sohnes.»
    Sie hob den Arm, die Kutsche ruckte an.
    Hanna glühte. Sie hat alles gewusst, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hätte mich vor Frederike bloßstellen können, hat es aber nicht getan. Warum aber tut sie dann so hoheitsvoll? Oder hat sie sich längst mit allem abgefunden und will es nur nicht zugeben?
    Hannas Gedanken überschlugen sich, während derSchlitten immer schneller wurde. Ulrichs Mutter wurde kleiner, Hanna sah sie winken, dann war Marie bei ihr und nahm sie an die Hand.
    «Himmel, wink doch auch einmal», ermahnte Ursula sie.
    «O Gott, ja, natürlich.»
    Sie hob den Arm, doch im selben Augenblick drehte Katharina von Detwang sich um. Hanna ließ den Arm sinken.
    «Komm, zähl nach», drängelte Ursula. «Freu dich! Jetzt können wir einkaufen. Und bestimmt nicht nur ein Huhn, sondern ein halbes Dutzend. Dazu Wein, Bier und Brot satt. Komm, vergiss ihn. Wenigstens für eine Weile. Wir machen es uns schön. Glaubst du etwa, ich habe letzte Nacht nicht mitbekommen, dass du auf einmal nicht mehr neben mir lagst? Hanna, Himmel, du hast einen Traum erlebt. Aber erzähl mal: Hat’s bei dir auch so geblutet? Und dann so ein Kleid!»
    «Jaja, wir machen es uns schön.» Hanna war jetzt so durcheinander, dass sie kein Wort mehr hervorbrachte. Ich bin das dümmste Huhn auf der Welt, dachte sie. Habe ich doch wirklich geglaubt, niemand würde es merken.
    «Weißt du was? Das Beste ist doch, dass diese widerliche Frederike nichts mitbekommen hat. Das ist dir doch klar, oder? Dein Ulrich hat ihr Hörner aufgesetzt, indem er ihr beim Weihnachtsmahl ständig nachgeschenkt hat. Pass auf, ich sag dir jetzt: Wenn du ihr noch einmal begegnest, dann verdrehst du die Augen und sagst nur den einen Satz: Es war so schön, Frederike, so schön. Das könnt Ihr Euch überhaupt nicht vorstellen.»

22
    Sie hatten genügend Holz und mehr als ausreichend zu essen. Hanna überließ Ursula einen Großteil des Geldes zum Wirtschaften, den Rest versteckte sie in ihrem Töpfchen unter der Eiche. So sollte man es immer mit dem Geld halten, dachte sie: den siebten Teil sparen. Das ist, als ob das Geld bei einem Rast macht. Ihm wächst dabei neue Kraft zu, die man dann in Notzeiten doppelt spürt. Auch Gott hat sich ja, nachdem er in sechs

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