Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
einer Anklage wird es wohl nicht ganz reichen«, meinte ein Kollege skeptisch.
» Wir müssen unbedingt die Leiche finden. Ohne Leiche keine Anklage, das weißt du so gut wie ich«, erwiderte ich.
» Wir werden ja sehen«, entgegnete mir Schulz. » Wenn Opitz seine Freundin umgebracht hat, muss er dafür in den Knast, das sind wir dem Mädchen schuldig. Es ist doch jetzt wohl klar, dass das ein eiskalt geplanter Mord und kein Totschlag im Affekt gewesen ist. Der trug sich doch mindestens einen Tag, wahrscheinlich sogar schon Wochen mit dem Gedanken, seine Freundin umzubringen. Mit Affekt oder dergleichen kann der sich nicht mehr herausreden.«
Die Suche nach der Leiche von Corinna Roth lief auf Hochtouren. Einige Tage später konnten wir in Erfahrung bringen, dass die Familie Opitz im Hunsrück insgesamt vier große Grundstücke besaß, die natürlich in die Suche miteinbezogen werden mussten. Allerdings wurde diese Suche zwangsläufig und sehr stark von den damaligen Witterungseinflüssen bestimmt. Der Boden war tiefgefroren und es schneite immer wieder. Aufwendige Aktionen mussten deshalb mehrfach verschoben werden. Tage und Wochen vergingen, in denen wir oft zur Untätigkeit verurteilt waren.
Dennoch ließen wir nichts unversucht. So setzten wir sämtliche zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel ein, wie zum Beispiel Wärmebildkameras, mit denen man von Flugzeugen oder Hubschraubern aus die kleinsten Temperaturunterschiede am Boden sichtbar machen kann. Es dauert unter Umständen sehr lange, bis eine Leiche völlig ausgekühlt ist. Aber auch dann hat sie noch eine sogenannte Eigenwärme, die sich unter anderem durch den Verwesungsprozess ein klein wenig erhöhen kann. Diesen Umstand macht man sich bei einer Suche mit Wärmebildkameras zunutze. Die früher ausschließlich in Aufklärungsflugzeugen der Bundeswehr eingebauten hochsensiblen Geräte sollen im Kriegsfall unter anderem dazu dienen, in unübersichtlichem Gelände selbst bestgetarnte feindliche Soldaten oder Fahrzeuge zu lokalisieren. Heute befinden sie sich auch in Polizeihubschraubern, wo sie zum Auffinden von flüchtigen Straftätern, von Toten oder sich in hilfloser Lage befindlichen Menschen dienen.
Im Bereich des Wohnortes von Corinna Roth überprüften wir sämtliche Abwasserschächte und–rohre nach Leichenteilen. Hundertschaften der Bereitschaftspolizei durchkämmten Waldstücke. Speziell ausgebildete Leichensuchhunde wurden ebenso eingesetzt wie Taucher, die alle infrage kommenden Gewässer der Umgebung systematisch abtauchten. Aber durch länger anhaltende, extreme Kälteeinbrüche verzögerten sich diese Maßnahmen immer wieder.
Wir hängten Fahndungsplakate auf und verteilten Flugblätter. Auch die Presse brachte sich intensiv in den Fall ein. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland erschienen große Artikel mit Bildern von Corinna Roth.
Da wir nicht ausschließen konnten, dass Opitz die Leiche vielleicht ins Saarland verbracht hatte, führten wir auch dort, insbesondere auf den Wochenendgrundstücken, umfangreiche Suchmaßnahmen durch. Wir legten zeitweise sogar die Fischteiche der Familie Opitz trocken und führten Grabungen auf den Grundstücken durch.
Doch die Leiche blieb spurlos verschwunden. Die Aussetzung einer Belohnung in Höhe von 10 000 D-Mark für Hinweise auf den Verbleib von Corinna Roth brachte ebenfalls nicht den erhofften Durchbruch. Wir standen unter einem ungeheuren Druck, da der Verteidiger von Ralf Opitz inzwischen einen 17-seitigen Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls seines Mandanten gestellt hatte.
Uns war klar, dass die wenigen Indizien und Zeugenaussagen nicht ausreichten, um Opitz beweiskräftig zu überführen. Gespräche über Morde sind nicht strafbar. Sie konnten allenfalls ein Indiz dafür sein, dass Opitz die Tötung eines Menschen ins Auge fasste.
So kam es in diesem Fall, mehr wie in allen anderen Fällen, sehr stark auf die Arbeit der Kriminaltechniker an, um den Fall endgültig zu lösen. Nur wenn aus den am Tatort und im Pkw des Tatverdächtigen gesicherten Spuren auch tatsächlich sogenannte sächliche Indizien und echte Beweismittel herausgefiltert werden konnten, war seitens der Staatsanwaltschaft an eine Anklageerhebung und weitere Inhaftierung des Ralf Opitz zu denken.
Kommissar Schulz schärfte den Spezialisten ein, auf jedes noch so kleine Detail zu achten, um eventuell verwertbare Spuren zu erhalten. Und tatsächlich fanden die Kriminaltechniker im Kofferraum
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