Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
bedeutete dies, dass es noch einen weiteren Ort gab, an dem sich unter Umständen wichtige Beweise finden ließen. Man musste diesen Ort nur noch lokalisieren.
Neun Tage nach Entdecken der Leiche meldete sich bei uns ein Beamter des 11. Kommissariats der Kripo Frankfurt und teilte uns mit, dass bei ihnen eine 27 Jahre alte Philippinerin vermisst gemeldet wurde. Figur und Größe der Vermissten würden mit der aufgefundenen Leiche in etwa übereinstimmen. Lediglich das Alter würde stark abweichen.
Die Frau sei der Polizei bereits am 30. September von ihrem Arbeitsgeber als abgängig gemeldet worden, aber erst jetzt hätten Angehörige eine offizielle Vermisstenanzeige erstattet.
Aufgrund des großen Altersunterschiedes räumten wir der Nachricht zunächst keine Priorität ein. Wir forderten lediglich bei der Frankfurter Kripo die Vernehmungsprotokolle und Berichte des Vermisstenfalles an, aus denen hervorging, dass die abgängige Frau Beatrice Liangson hieß und am 25. Juni 1964 auf den Philippinen geboren war.
Weiter ging aus den Unterlagen hervor, dass ihr Vater noch in der Heimat lebte, wohingegen die Mutter 1978 verstarb.
Beatrice Liangson reiste im Jahr 1986 als Touristin nach Deutschland ein. Natürlich wollte sie hier keinen Urlaub machen, sondern sich in dem aus ihrer Sicht reichen Industrieland niederlassen. Nachdem ihre dreimonatige Aufenthaltserlaubnis abgelaufen war, tauchte sie deshalb in die Illegalität unter. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich als Putzfrau und Babysitterin. Seit Januar 1993 war sie bei einer deutschen Familie fest angestellt und hatte ein monatliches Einkommen von 1650D-Mark. Sie bewohnte eine Einzimmerwohnung in einem Vorort von Frankfurt.
Ihr äußeres Erscheinungsbild war alles in allem sehr gepflegt. Dennoch war die Philippinerin nicht sonderlich attraktiv. Sie war nur 1,54 Meter groß, wog jedoch 72 Kilogramm, weshalb sie richtig pummelig wirkte. Auch ihr Gesicht war als auffallend pausbäckig zu bezeichnen. Ihr typisches schwarzes Haar trug sie mittellang bis in den Nacken reichend.
Im Raum Stuttgart lebten ihre beiden Schwestern Viola und Carolina. Im Gegensatz zu Beatrice hatten die beiden das große Glück, dass sie jeweils einen deutschen Mann heiraten konnten und somit einen legalen Aufenthaltsstatus erhielten.
Nach Eingang der Vermisstenanzeige durchsuchte die Frankfurter Kripo die Wohnung von Beatrice Liangson. Dabei wurden zwei auf sie ausgestellte Pässe sowie eine amerikanische ID-Karte mit unterschiedlichen Geburtsdaten gefunden. Es waren offensichtlich alles Fälschungen. In einem der Pässe befand sich ein Stempel, der dem Inhaber den Status eines Angehörigen des zivilen Gefolges der US-Armee verlieh. Mit diesem Dokument war es Beatrice Liangson möglich, sich unbehelligt in Deutschland aufzuhalten und sogar eine Arbeitserlaubnis des Arbeitsamtes Frankfurt zu erhalten.
Neben den Ausweisdokumenten wurden in der Wohnung noch jede Menge Notizzettel, Briefe und dergleichen mit einer Unmenge von Adressen entdeckt. Die Vermisste hatte also einen sehr großen Bekanntenkreis, der von den Kollegen aus Frankfurt nur zum kleinen Teil befragt wurde.
Als wir die Vermisste Beatrice Liangson als Spur Nummer 238 aufnahmen, wussten wir, dass das wegen des großen Bekanntenkreises der Frau jede Menge Arbeit bedeutete.
Wir richteten unsere Ermittlungen zunächst nur auf das nähere Umfeld der Philippinerin. Bei Vernehmungen der beiden Schwestern und deren deutschen Ehemännern konnten wir in Erfahrung bringen, dass Frau Liangson zwar als sehr kontaktfreudig, aber auch als äußerst zuverlässig galt. Trotz der vielen Bekanntschaften schien ihr Leben geordnet zu sein. Sie war nie über einen längeren Zeitraum abwesend, ohne vorher Bescheid zu sagen. An ihrer Arbeitsstelle erschien sie stets pünktlich.
Sehr bald mussten wir unsere Befragungen auf alle ihre Freunde und Bekannten ausdehnen. Auch fragten wir bei unzähligen Krankenhäusern nach. Doch wir erhielten nicht den geringsten Hinweis auf den Aufenthaltsort von Beatrice Liangson. Lediglich eine ihrer Freundinnen sagte aus, dass Bea, wie sie von Freunden genannt wurde, am Samstag, den 27. September noch bei ihr auf einer Party war. Sie habe sich etwa um 21.30 Uhr verabschiedet und sei mit der Straßenbahn zum Flughafen gefahren, wo sie einen Mann treffen wollte. Wie der Mann hieß, konnte die Freundin nicht sagen.
Als wir diese Freundin näher unter die Lupe nahmen, stellte sich heraus, dass Beatrice Liangson
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