Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
er etwas zu verbergen?
Inzwischen waren 13 Tage nach dem Auffinden der brennenden Leiche vergangen und die Spezialisten des Kriminaltechnischen Institutes beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg hatten mit Hilfe von DNA-Untersuchungen festgestellt, dass es sich bei der Leiche tatsächlich um Beatrice Liangson handelte.
Wir hielten Kriegsrat. Dabei trugen wir sämtliche belastenden Indizien gegen John Dale zusammen. Es war jedoch nicht allzu viel, was für seine Täterschaft sprach. Unzweifelhaft stand fest, dass Beatrice Liangson die Geliebte des verheirateten Amerikaners war. Weiterhin stand im Raum, dass die beiden am 26. September noch ein Schäferstündchen miteinander hatten und sich am Abend des folgenden Tages wieder treffen wollten. Aber entsprach das wirklich den Tatsachen? Die Philippinerin konnte ja geflunkert haben, als sie darüber mit ihren Bekannten sprach. Doch weshalb sollte sie diesbezüglich die Unwahrheit gesagt haben?
Nach dem Abend des 27. September befragt, gab Dale an, sich nicht mehr genau erinnern zu können. Wahrscheinlich sei er zu Hause gewesen. Das war natürlich alles andere als ein wasserdichtes Alibi. Doch konnte man ihn deshalb festnageln? Viele Menschen halten sich samstag abends alleine in ihren eigenen vier Wänden auf. Es war ja auch nicht sicher, wann die Vermisste genau zu Tode kam. Immerhin vergingen fast vier Tage vom Verschwinden der Frau bis zum Auffinden der brennenden Leiche. Dale konnte vielleicht auch nur deshalb die Unwahrheit gesagt haben, weil er tatsächlich mit seiner Geliebten zusammen war und er nach deren spurlosem Verschwinden befürchtete, in etwas reingezogen zu werden, für das er in Wirklichkeit gar nicht verantwortlich war.
Doch was den frühen Morgen des 30. September betraf, konnte Dale kein Alibi vorweisen. War er es, der die Leiche der Philippinerin im Wald bis auf einen kleinen Haufen Asche verschwinden lassen wollte? Er hatte an diesem Tag kurzfristig Urlaub genommen und gab an, bis etwa 10.00 Uhr geschlafen zu haben. Das konnte man glauben oder auch nicht.
Nach einer heißen Diskussion über das Für und Wider entschlossen wir uns, einen Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen zu beantragen. Dale wurde am 14. Oktober, um 22.30 Uhr, in der Wohnung eines Bekannten festgenommen. Als ihm bei der anschließenden Vernehmung eröffnet wurde, dass er im Verdacht stehe, Beatrice Liangson ermordet zu haben, verweigerte er die Aussage und zog sich zunächst völlig in sich zurück.
Zwei Stunden später suchten wir Dale in seiner Zelle auf. Wir versuchten ihn zum Sprechen zu bringen. Doch er gab weinend an, sein Kopf sei leer und er würde nur noch schwarz sehen. Nachdem wir ihm erklärt hatten, es würden Zeugenaussagen vorliegen, die belegen, dass er sich mit seiner Geliebten am 27. September getroffen habe, gab er dies, entgegen seiner früheren Aussage, spontan zu. Er könne sich aber nicht mehr daran erinnern, wann das genau war. Mehr bekamen wir von Dale nicht zu hören.
Obwohl die Indizien sehr dürftig waren, ordnete der zuständige Haftrichter nach einem längeren Telefonat mit Kriminalhauptkommissar Stark die Untersuchungshaft gegen Dale an.
Anschließend durchsuchten wir in Begleitung zweier Kriminaltechniker die Wohnung des Inhaftierten. Hierbei konnten unter anderem zahlreiche Waffenjournale sowie Waffenerwerbsscheine für insgesamt drei Handfeuerwaffen gefunden werden. Die Waffen selbst befanden sich nicht in der Wohnung. Außerdem entdeckten wir eine Rechnung einer Autovermietung. Daraus ging hervor, dass Dale am 27. September um 16.05 Uhr einen Ford-Sierra angemietet hatte. Zu welchem Zweck hatte er sich dieses Fahrzeug geliehen? Er hatte doch selbst einen fahrbereiten VW-Passat. Und hatte es eine besondere Bewandtnis, dass er sich das Auto schon vor dem Treffen mit seiner Geliebten beschaffte?
Aus der Rechnung ging weiter hervor, dass er das Fahrzeug am 30. September, um 9.49 Uhr, wieder zurückgebracht hatte, also an jenem Tag, an dem die brennende Leiche im Wald gefunden worden war. Bis dahin hatte er 564 Kilometer zurückgelegt.
Als wir dann in Dales Küche auch noch einen Müllsack fanden, dessen Konsistenz und Farbe mit einem kleinen, angebrannten Fetzen Kunststoff übereinstimmte, der unmittelbar neben der Leiche gefunden worden war, waren wir uns ziemlich sicher, dass Dale der Mörder von Beatrice Liangson war. Doch genauso sicher waren wir uns auch, dass diese Indizien nicht für eine Anklage, geschweige denn für eine
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