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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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lassen.«
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, Dr. Burke«, sagte Michael, »aber viele von uns finden therapeutische Pflichtsitzungen reichlich beschissen. Bloß weil Harker gekniffen hat, heißt das noch lange nicht, Sie hätten dahinterkommen müssen, dass er abgehackte Köpfe im Kühlschrank hat.«
    »Ja, aber ich wusste, dass ihn etwas bedrückt. Ich hätte ihn drängen müssen, zu den restlichen Sitzungen zu erscheinen. «
    Letzte Nacht hatte Carson die Gelegenheit verpasst, Kathy die Gruselgeschichte über Monster in New Orleans zu erzählen. Jetzt konnte sie ihr beim besten Willen nicht erklären, dass es keinen Grund für Gewissensbisse gab und dass Harkers Psyche noch nicht einmal menschlich war.
    Um die Situation so weit wie möglich zu verharmlosen, sagte Carson zu Michael: »Kommt sie dafür in die Hölle, was meinst du?«

    »Sie riecht schon nach Schwefel.«
    Kathy rang sich ein klägliches Lächeln ab. »Vielleicht nehme ich mich manchmal zu wichtig.« Ihr Lächeln verblasste. »Aber Harker und ich schienen einen so guten Draht zueinander zu haben.«
    Ein Sanitäter unterbrach sie. »’tschuldigung, aber wir sind durch mit der Ersten Hilfe. Ms Parker steht Ihnen jetzt für Fragen zur Verfügung.«
    »Sie muss nicht ins Krankenhaus?«, fragte Carson verblüfft.
    »Nein. Nur geringfügige Verletzungen. Und das ist kein Mädchen, das so schnell ein Trauma davonträgt. Das ist Mary Poppins, aber mit noch mehr Pep.«

75
    Jenna Parker, Frohnatur, lebte zwischen einer Sammlung von Plüschteddybären, Motivationspostern – JEDER TAG IST DER ERSTE TAG DEINES LEBENS, SAG EINFACH NEIN ZUR TRAURIGKEIT – und niedlichen Keksdosen.
    Die Keramikdosen beschränkten sich vorwiegend auf die Küche: Es gab eine Clowndose, eine Eisbärdose, eine Braunbärdose, eine Frau-Holle-Dose, eine Mickymausdose, eine Schlumpfdose. Dosen in Form eines Welpen, eines neugeborenen Kätzchens, eines Waschbären, eines Kaninchens, eines Hexenhäuschens.
    Carsons Lieblingsdose hatte die Form eines hohen Keksstapels.
    Anscheinend verwendete Jenna Parker nicht viel Zeit darauf zu kochen, denn die Dosensammlung nahm die Hälfte der Arbeitsflächen ein. Von einigen Hängeschränken waren
die Türen abmontiert, damit die Regale als Schaukästen für weitere Keksdosen dienen konnten.
    »Wage es bloß nicht, auch nur ein Wort zu sagen«, murmelte Carson Michael zu, als sie die Küche betraten und mit den aufreizend fröhlichen Keramikgebilden konfrontiert wurden.
    Michael riss die Augen weit auf und heuchelte kindliche Unschuld. »Wozu soll ich kein Wort sagen?«
    Jenna saß auf einem Hocker und trug einen knallrosa Jogginganzug mit einer kleinen Applikation in Form einer Rennschildkröte auf der linken Brust. Sie knabberte an einem Keks.
    Für eine Frau, die vor so kurzer Zeit noch nackt an einen Autopsietisch gefesselt war und dicht davor gestanden hatte, bei lebendigem Leibe seziert zu werden, machte Jenna einen bemerkenswert fröhlichen Eindruck. »Hallo, ihr da. Mögt ihr einen Keks?«
    »Nein, danke«, sagte Carson, und auch Michael gelang es, das Angebot abzulehnen, ohne eine Show abzuziehen.
    Jenna hielt einen verbundenen Daumen hoch wie ein Kind, das stolz vorzeigt, was es nun schon wieder angestellt hat, und sagte: »Als ich hingefallen bin, habe ich mir in erster Linie den Daumennagel eingerissen. Ist das nicht toll?«
    »Stellen Sie sich mal vor, wie prima Sie sich fühlen würden«, sagte Michael, »wenn Sie sich ein Bein gebrochen hätten. «
    Nun ja, er hatte sich schon fast eine Minute lang krampfhaft zurückgehalten.
    Jenna sagte: »Ich meine, wenn man bedenkt, dass ich jetzt mit rausgeschnittenem Herzen dasitzen könnte, was ist da schon ein Daumennagel?«
    »Ein Daumennagel ist überhaupt nichts, null, nada«, antwortete Michael.

    »Eine Feder auf der Waage«, sagte sie.
    »Ein Staubkorn in der Waagschale«, stimmte er ihr zu.
    »Ein Hauch von Nichts.«
    » De nada .«
    » Peu de chose «, sagte sie.
    »Genau das hätte ich auch gesagt, wenn ich Französisch könnte.«
    Sie grinste ihn an. »Für einen Bullen sind Sie ganz schön witzig.«
    »Ich hatte auf der Polizeiakademie Gute Gags als Hauptfach. «
    »Ist er nicht lustig?«, fragte Jenna Carson.
    Statt einen von beiden oder alle beide in eine dieser verdammten Keksdosen zu stopfen, sagte Carson ungeduldig: »Miss Parker, wie lange sind Sie schon Jonathan Harkers Nachbarin?«
    »Ich bin vor etwa elf Monaten eingezogen. Er war vom ersten Tag an ein Goldschatz.«
    »Ein

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