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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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füllt, geht Randal ein verblüffender Gedanke durch den Kopf. Vielleicht ist es ihm und dem egoistischen Arnie O’Connor vorherbestimmt , einander zu begegnen.
    Falls es ihm, Randal sechs, vorherbestimmt ist, dem anderen Jungen persönlich zu begegnen und ihm das kostbare Geheimnis des Glücks wegzunehmen, dann wird sich das, was jetzt wie ein weiter, beschwerlicher Weg zum Haus der O’Connors erscheint, als so einfach erweisen wie das Durchqueren dieses kleinen Zimmers.
    Er kann das Kreuzworträtsel nicht beiseite legen, denn er braucht dringend den vorübergehenden Frieden, den er durch die Fertigstellung erlangen wird. Nichtsdestoweniger zieht er, während er die Buchstaben mit Tinte in die leeren
Kästchen malt, die Möglichkeit in Betracht, das Glück zu finden, indem er es Arnie O’Connor wegnimmt, könnte sich nicht etwa als ein Traum erweisen, sondern als Schicksal .

27
    Als sie nach ihrem Besuch beim Gerichtsmediziner in eine Welt hinausfuhren, die durch das, was sie gerade in Erfahrung gebracht hatten, verwandelt war, sagte Carson: »Zwei Herzen? Seltsame neue Organe? Monster von der Stange?«
    »Ich frage mich«, sagte Michael, »ob ich auf der Polizeiakademie einen Kurs versäumt habe.«
    »Kam dir Jack nüchtern vor?«
    »Leider ja. Vielleicht ist er übergeschnappt.«
    »Er ist nicht übergeschnappt.«
    »Leute, die am Dienstag noch total normal waren, schnappen manchmal am Mittwoch über.«
    »Was für Leute?«, fragte sie.
    »Ich weiß nicht. Stalin.«
    »Stalin war am Dienstag nicht total normal. Außerdem war er nicht wahnsinnig, er war durch und durch schlecht.«
    »Jack Rogers ist nicht durch und durch schlecht«, sagte Michael. »Wenn er nicht betrunken, wahnsinnig oder durch und durch schlecht ist, dann müssen wir ihm vermutlich glauben.«
    »Meinst du, Luke könnte dem alten Jack vielleicht einen Streich gespielt haben?«
    »Luke, der sich schon als kleiner Junge rasend für Eingeweide interessiert hat? Erstens mal wäre das ein reichlich aufwändiger Streich. Zweitens ist Jack gescheiter als Luke.
Und drittens hat Luke etwa so viel Sinn für Humor wie eine Friedhofsratte.«
    Ein Wolkenfetzen verwandelte den Vollmond in eine Mondsichel. Der blasse Schein der Straßenlampen auf schillernden Magnolienblättern rief im lauen New Orleans eine Illusion von Eis hervor, von nördlichem Winter.
    »Nichts ist, was es zu sein scheint«, sagte Carson.
    »Ist das nichts weiter als eine Feststellung«, fragte Michael, »oder besteht Anlass zur Sorge, ich könnte von einer Flut philosophischer Betrachtungen fortgespült werden?«
    »Mein Vater war kein korrupter Bulle.«
    »Wie du meinst. Du kanntest ihn am besten.«
    »Er hat nie konfiszierte Drogen aus der Asservatenkammer gestohlen.«
    »Lass die Vergangenheit lieber ruhen«, riet ihr Michael.
    Als sie bremste, um an einer roten Ampel anzuhalten, sagte sie: »Der Ruf eines Menschen sollte nicht für alle Zeiten durch Lügen zerstört werden. Es sollte Hoffnung auf Gerechtigkeit bestehen, auf Ehrenrettung.«
    Michael entschied sich für respektvolles Schweigen.
    »Dad und Mom sind nicht von einem Rauschgifthändler erschossen worden, der das Gefühl hatte, Dad wilderte in seinem Revier. Das ist alles Blödsinn.«
    Sie hatte diese Dinge schon lange nicht mehr laut ausgesprochen. Es war zu schmerzhaft.
    »Dad hatte etwas entdeckt, was mächtige Leute lieber geheim halten wollten. Er hat Mom in die Geschichte eingeweiht, und deshalb ist auch sie erschossen worden. Ich weiß, dass er etwas gesehen hat, was ihn beunruhigt hat. Ich weiß nur nicht, was es war.«
    »Carson, wir haben uns schon hundert Mal die Beweisführung in seinem Fall angesehen«, rief ihr Michael ins Gedächtnis zurück, »und wir waren uns darüber einig, dass sie viel zu hieb- und stichfest ist, um wahr zu sein. Keine
Beweisführung ist jemals derart stimmig bis ins i-Tüpfelchen, es sei denn, jemand hat das alles gründlich ausgeheckt. Meiner Meinung nach ist gerade das ein Beweis dafür, dass ihm jemand etwas anhängen wollte. Aber genau darin liegt auch das Problem.«
    Er hatte Recht. Das Belastungsmaterial war nicht nur dazu gedacht gewesen, ihren Vater posthum zu überführen, sondern auch dazu, keinen Hinweis auf die Identität derjenigen zurückzulassen, die alles so geschickt eingefädelt hatten. Sie hatte lange Zeit nach dem einen losen Faden gesucht, an dem sich alles aufdröseln ließ, doch ein solcher Faden war nicht auffindbar.
    Als die Ampel auf Grün schaltete, sagte

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