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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Carson: »Wir sind nicht weit von mir. Ich bin zwar sicher, dass Vicky alles unter Kontrolle hat, aber ich habe das Gefühl, ich sollte trotzdem mal nach Arnie sehen, falls es dir nichts ausmacht.«
    »Natürlich nicht. Außerdem könnte ich eine Tasse von Vickys grässlichem Kaffee jetzt gut gebrauchen.«

28
    Im ehelichen Schlafgemach der Helios-Villa stand keineswegs alles zum Besten.
    Was Victor vom Sex wollte, ging weit über die bloße Lust hinaus. Zudem wollte er nicht nur befriedigt werden, sondern erwartete uneingeschränkte Befriedigung. Bei seiner Erwartungshaltung handelte es sich im Grunde genommen um eine Forderung.
    Gemäß seiner Philosophie besaß die Welt keine andere Dimension als die materielle. Die einzige rationale Reaktion auf die Naturgewalten und die menschliche Zivilisation bestand
in dem Versuch, darüber zu herrschen, statt sich davon unterkriegen zu lassen.
    Es gab Leibeigene, und es gab Herren. Er persönlich würde sich niemals versklaven lassen.
    Wenn das Leben keinen spirituellen Aspekt hatte, dann konnte es so etwas wie Liebe nicht geben, es sei denn, in den Gemütern von Narren; die Liebe ist nämlich ein Gemütszustand und keine Sache des Fleisches. Seiner Auffassung nach hatte Zärtlichkeit in einer sexuellen Beziehung nichts zu suchen.
    Im besten Falle bot der Sex der dominanten Person eine Chance, ihre Herrschaft über den unterwürfigen Partner zum Ausdruck zu bringen. Brutale Herrschaft und vollständige Unterwerfung verliehen der Befriedigung eine weitaus größere Intensität, als es die Liebe je vermocht hätte, wenn es sie gegeben hätte.
    Erika vier war, ebenso wie ihre drei Vorgängerinnen und die anderen Bräute, die er für sich erschaffen hatte, keine Partnerin im herkömmlichen Sinne der Ehe. Für Victor war sie schmückendes Beiwerk, das es ihm gestattete, im gesellschaftlichen Umgang besser zu funktionieren, ein Schutz gegen die Belästigung durch Frauen, die in ihm die Aussicht auf Reichtum durch Heirat und ein Instrument der Lust sahen.
    Für ihn waren Lust und Macht nämlich Synonyme, und die Intensität seiner Befriedigung verhielt sich direkt proportional zu der Grausamkeit, mit der er Erika benutzte. Oft war er sehr zufrieden.
    Wie all seine modernen Geschöpfe konnte sie in Krisensituationen ihr Schmerzempfinden nach Belieben abschalten. Beim Sex erlaubte er ihr das nicht. Ihre Unterwerfung war in ihrer Vollständigkeit und Echtheit befriedigender, wenn er sie leiden ließ.
    Wenn er sie ganz besonders fest schlug, waren die Spuren
binnen Stunden verschwunden, denn wie alle seine Leute besaß sie ein rasches Heilvermögen. Wenn sie blutete, ging es in weniger als einer Minute vorüber. Schnittwunden verheilten innerhalb von wenigen Stunden, ohne Narben zurückzulassen. Blaue Flecken, die sie sich nachts zuzog, waren im Morgengrauen verblasst.
    Die meisten seiner Leute waren psychologisch so konstruiert, dass sie restlos außer Stande waren, sich gedemütigt zu fühlen, denn Scham in all ihren Nuancen erwuchs aus dem blinden Glauben, der Schöpfung lägen sittliche und moralische Gesetze zugrunde. Im Krieg gegen die gewöhnliche Menschheit, den er eines Tages in Gang setzen würde, waren Soldaten ohne moralische Bedenken erforderlich; sie mussten sich ihrer Überlegenheit derart sicher sein, dass ihnen jede Skrupellosigkeit zuzutrauen war.
    Erika dagegen gestattete er Demut, denn der Demut entsprang eine gewisse Form von Unschuld. Obgleich er nicht ganz sicher war, weshalb das der Fall sein sollte, war selbst der mildeste Missbrauch eines ausgeprägten Feingefühls faszinierender als Brutalitäten, die sich gegen eine Frau ohne jegliche Unschuld richteten.
    Er zwang sie, die Dinge über sich ergehen zu lassen, die sie am meisten beschämten, denn ironischerweise erniedrigte sie sich umso mehr und war umso gehorsamer, je größer ihre Scham und ihr Abscheu vor sich selbst wurden. Er hatte ihr in vieler Hinsicht Stärke mitgegeben, sie aber doch nicht so stark gemacht, dass er ihren Willen nicht hätte brechen, sie nicht nach seinen Wünschen hätte formen können.
    Er wusste Unterwürfigkeit an einer Frau mehr zu schätzen, wenn sie in sie hineingeprügelt und nicht schon im Tank bei der Konstruktion vorgegeben worden war, denn im letzteren Falle wirkte ihr sklavischer Gehorsam mechanisch und unbeteiligt.
    Er konnte sich zwar an eine Zeit in seiner Jugend erinnern,
die schon Jahrhunderte zurücklag, als er zu Frauen und der Ehe eine andere Einstellung gehabt

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