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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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gibt darüber keinen Bericht, von dem ich wüsste. Er scheint keinen Grund gesehen zu haben, Herefordshire zu besuchen, ehe die Witwe seines Freundes James McBryde mit ihrer kleinen Tochter 1906 dorthin gezogen war.
    Merrily lehnte sich zurück, unsicher, ob sie enttäuscht oder erleichtert darüber war, dass «Oh, pfeif nur, und gleich komm’ ich zu dir, mein Schatz» kaum durch das inspiriert worden sein konnte, was M. R. James fast vierzehn Jahre später in der Kirche von Garway zugestoßen war – was immer das sein mochte.
    Nachlässig von ihr, diese Daten nicht selbst überprüft zu haben.
    Und was Fuchsia betraf, hatte sich ihre Einschätzung erneut gewendet: Mehr denn je sprach alles dafür, dass sich das, was Fuchsia geschehen war, nur in ihrem Kopf abgespielt hatte, ob nun durch eine Erfindung oder auf andere Weise. Es war sogar wahrscheinlich, dass Fuchsia dieselben Verbindungen zu der Erzählung erkannt hatte.
    Es war an der Zeit, noch einmal mit Huw Owen zu sprechen. Als Merrily zu dem großen schwarzen Telefon schaute, klingelte es.
    «Sind Sie zu Hause, Merrily?», fragte Bliss.
    «Raten Sie mal.»
    «Sie sind doch nicht immer noch so bissig …»
    «Machen Sie daraus verwirrt und mitgenommen.»
    «Sind Sie in einer halben Stunde oder so noch da?»
    «Haben Sie sie gefunden?»
    «Und ich bringe noch einen anderen Kerl mit», sagte Bliss.
    Die Hintergrundgeräusche klangen eher nach Polizeistation als nach Parkplatz. Sein Tonfall – und die Tatsache, dass er auf dem Festnetz anrief – ließen vermuten, dass Merrily lieber Vorsicht walten lassen sollte.
    «Wen?»
    «Sie werden ihn mögen», sagte Bliss. «Er wird Sie zum Lachen bringen.»
    «Sie haben mir immer noch nicht gesagt, ob –»
    Die Leitung war tot. Merrily saß mit dem Telefon da und sah mit leerem Blick auf den Rest der Nachricht auf dem Bildschirm.
    Zufälligerweise hieß Gwendolen McBrydes Tochter ebenfalls Jane, und MRJ mochte sie sehr. Was auch daran gelegen haben mag, dass Jane – eine Art Künstlerin, wie ihre Eltern – vom Übernatürlichen und von gruseligen Sachen generell fasziniert war. Wenn MRJ also schreibt, «wir» haben in Garway Anstoß erregt, könnte er damit neben sich selbst gut die damals bereits jugendliche Jane und möglicherweise auch ihre Mutter gemeint haben. Mir kam der Gedanke, dass Sie vielleicht gern die Biographie lesen würden, die Michael Cox über MRJ geschrieben hat – ich schicke ein paar relevante Seiten als Anhang mit.
    Viel Glück bei Ihren Nachforschungen; lassen Sie mich wissen, wie Sie vorankommen!
    Rosemary Pardoe
    Merrily setzte sich aufrecht hin und klickte den Anhang an, woraufhin zwei eingescannte Seiten von
M. R. James, Ein informelles Porträt
erschienen. Auf der ersten Seite ging es darum, dass sich die lebhafte und warmherzige junge Witwe Gwendolen McBryde vom besten Freund ihres verstorbenen Mannes möglicherweise durchaus angezogen gefühlt hatte, nachdem dieser ihr durch schwierige Zeiten geholfen hatte und seine Rolle als Janes Vormund gewissenhaft ausfüllte.
    Monty hatte sich in ihrem Haus Woodlands im Süden von Herefordshire vollkommen entspannt und war von seiner Gastgeberin mit «herzlicher und bewundernder Hingabe» behandelt worden. Gwendolen hatte ihn dazu gebracht, wie schon früher Menschen zu imitieren, in drolligen Akzenten zu reden oder vor der Hintergrundmusik zwitschernder Nachtschwalben aus
Ein Sommernachtstraum
zu lesen.
    Außerdem hatte er im nahen Abbeydore einmal während eines Gottesdienstes die Lesung gehalten. Gwendolen zufolge hatte er eine sehr schöne Stimme, die einem
seine Auffassung des Textes vermittelte
, wenn er laut las. In Abbeydore
gab sie mir das unwirkliche Gefühl, als predige ein Heiliger vor niederen Geschöpfen und Vögeln
.
    Was Gwens Tochter betraf … nun, es schien, als habe dieses Kind sehr gut zu Monty gepasst. So hatte sie beispielsweise Unmengen reizender Zeichnungen von grauenvollen Wesen angefertigt, die aus offenen Gräbern emporstiegen.
    Rosemary Pardoes Vermutung, dass Monty James mit Gwendolens Tochter in Garway gewesen war, schien den Nagel auf den Kopf zu treffen.
    Oh Gott. M. R. James hatte also in Herefordshire bei der verwitweten Mutter einer Tochter im Teenageralter gelebt, die es mit gruseligen Dingen hatte und die Jane hieß.
     
    «Das ist Jonathan Long.» Bliss zog einen Stuhl unter dem Refektoriumstisch vor. «Ein Kollege von mir.»
    Während sie Kaffee kochte, versuchte Merrily ständig, Blickkontakt

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