Das Gespinst des Bösen
Hier in der Gegend gibt es noch eine Menge Aberglaube, und Ihr Vorhaben heizt ihn ja fast an. Ich meine, wie kann ein Haus …? Das scheint mir doch ziemlich absurd.»
«Ja.» Merrily nickte. «Das scheint es.»
Später, als Teddy zu seinem Abendspaziergang aufgebrochen war, ging sie zu Beverley in die Küche. Edelstahl, Halogenlampen. Ultrafunktional, kein Staub, keine Flecken, keine dunklen Ecken. Beverley wischte eine Arbeitsplatte mit einem feuchten Tuch ab.
«Ich wollte Sie nicht beleidigen, Merrily, ich gehe ja selbst noch oft in die Kirche, aber glauben Sie
wirklich
, dass die Atmosphäre eines Hauses beeinflussen kann, wie sich jemand verhält? Dass jemand deshalb etwas Furchtbares tut?»
«Ich schätze, das muss ich mit Ja beantworten, jedenfalls gilt das manchmal, aber –»
«Und Sie können etwas dagegen tun?»
Wie sollte man darauf antworten? Sollte sie Beverley erzählen, dass sie manchmal nachts aufwachte und sich fragte, ob sie nicht nur an einer großen, alten Konstruktion herumflickte, die sich letztlich als vollkommen hohl erweisen würde?
Merrily schloss für einen Moment die Augen und gestand sich endlich ein, dass es ihr nicht besonders gut ging. Daran, dass sie ihre Periode bekam, konnte es eigentlich nicht liegen, die war erst in … zehn Tagen zu erwarten.
«Alles in Ordnung, Merrily?»
«Mir geht’s gut. Es ist nur so, dass ich zuerst dachte, da wäre nichts dran. Ich dachte, der Bischof übertreibt, nimmt die Sache viel zu ernst. Und dann sind zwei Menschen gestorben.»
«Ja.» Beverley warf das Tuch in eins der drei Spülbecken. «Sie haben vorhin etwas gesagt, das mir etwas Sorgen macht.»
«Mmm?»
«Sie sagten, an dieser … Zeremonie sollen nicht mehr als acht Menschen teilnehmen. Und einer davon soll Teddy sein. Wie notwendig ist das? Was ich sagen will, ist – aber bitte erzählen Sie ihm nichts von diesem Gespräch, er wäre ziemlich ärgerlich –, dass es mir wirklich lieber wäre, wenn Sie das ohne ihn machen.»
«Verstehe.»
«Nein, Sie verstehen nicht. Sie sehen einen fitten, gesunden, athletischen Mann, der jeden Morgen vor dem Frühstück erst mal kilometerweit spazieren geht. Sie sehen nicht, was ich gesehen habe, als er noch Pfarrer in der Nähe von Cheltenham war.»
«Wie lange ist das her?»
«Sechs Jahre. Genauso lange wie wir verheiratet sind. Ich war damals frisch geschieden – als ich Teddy kennengelernt habe. Und mein Sohn war für ein Jahr im Ausland, ehe er anfing zu studieren.»
Beverley erzählte, dass sie zum ersten Mal seit Jahren wieder hatte durchatmen können. Bei der Scheidung wurde ihr das Haus zugesprochen, und sie erbte etwas von einem Onkel. Aber sie war erst vierzig und suchte nach einem sinnvollen Job.
«Ich habe überlegt, wieder in die Krankenpflege zu gehen, aber das ist heutzutage eine sehr undankbare Aufgabe.»
Beverley stellte den Geschirrspüler an und dimmte dann das Licht, wofür Merrily sehr dankbar war. Sie erzählte Merrily, wie sie angefangen hatte, zur Kirche zu gehen, hier und da auszuhelfen, Zeit mit dem Pfarrer zu verbringen. Ähnlich wie Merrily, als ihre eigene Ehe zu scheitern begann. Der Unterschied war, dass es Merrily eine Berufung eingebracht hatte und Bev ein Projekt namens Teddy.
«Es wurde langsam lächerlich, wie viel er zu tun hatte, der arme Mann. Vier große Gemeinden in Gloucestershire, das Telefon schien überhaupt nicht mehr aufzuhören zu klingeln. Und dann wurde in der Hauptkirche in zwei Jahren fünf Mal eingebrochen. Das passiert bei Ihnen vermutlich auch.»
«Bisher noch nicht.»
«Dann haben Sie eine Menge Glück gehabt. Und dann erlebten wir auch noch einige Fälle von wirklich schrecklichem Vandalismus. Eigentlich war es nicht nur Vandalismus, das muss man schon eher Entweihung nennen. Grabsteine wurden umgeworfen, zerschlagen, es wurden merkwürdige Symbole eingeritzt. Und eines Nachts ist jemand eingebrochen und hat doch tatsächlich in der Kirche seine Notdurft verrichtet, was wirklich furchtbar war, furchtbar, furchtbar, furchtbar …»
«Und sicher ein Fall für die Polizei.»
«Sollte man meinen, oder? Nur, wenn so was passiert, muss man leider feststellen, dass sich die Polizei nicht im Geringsten dafür interessiert, solange der Schaden nicht sehr groß oder jemand verletzt ist. Die tauchen vielleicht mal auf und nehmen gelangweilt eine Aussage auf, aber dann hört man nie wieder von ihnen.»
«Wie lange ging das so?»
«Ein paar Monate, mit Unterbrechungen. Im
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