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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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taubengraues Gewand, als sie die Treppe nach oben stieg.
    »Meine Königin!«
    Er stürzte ihr nach, nicht sicher, was er ihr sagen wollte, was er von ihr zu hören wünschte.
    Sie blieb stehen, als sie seinen keuchenden Atem vernahm, hielt ihm aber den Rücken zugewandt.
    »Was soll das, Balduin Eisenarm?«, fragte sie kühl. »Wollt Ihr mich belehren, welch segensreiche Macht die Tränen verheißen – reinigend und befreiend? Dann habt Ihr nie geweint.«
    Ehe er antworten konnte, hob sie die Hand und fuhr fort, sehr hastig, als wolle sie sich mit möglichst vielen Worten die Rührung ausreden.
    »Ich weiß, ich weiß, die Kirchenmänner sind auch auf Tränen erpicht. Schließlich schwinden solcherart die Körperflüssigkeiten, sodass man sie später nicht an die Lust verschwenden kann. Gut ist’s zu gleichem Zwecke auch, nur wenig zu trinken. Ja, ja, und unsere vielen Sünden bieten schließlich ebenso Anlass, ständig darob zu weinen. Allerdings«, sie machte eine kurze Pause, und ihr Zeigefinger reckte sich belehrend in die Luft, »dem heiligen Martin von Tours sagt man nach, dass er niemals erzürnt gewesen sei, niemals aufgeregt, niemals bekümmert, niemals amüsiert. Sein Gemütszustand war stets ein und derselbe. Und glaubt mir, ich habe bislang gut daran getan, es wie er zu halten.«
    Sie ließ die Hand sinken, wollte weitergehen. Doch da trat er vor sie und sah ihr ins Gesicht. Ihre Augen glänzten. »Ich wollte … ich wollte Euch nicht zu nahe treten.«
    »Und warum werft Ihr mir vor, ich hätte ein Herz aus Stein?«, fragte sie unwirsch.
    »Das habe ich nicht getan.«
    Sie schwieg, machte aber auch keine Anstalten, sich zu bewegen.
    Er wusste nicht genau, was er in ihrem Antlitz suchte, starrte sie nur an, immer fordernder. Lange ließ sie es einfach über sich ergehen. Ihre Braue hob sich nicht, ihre Mundwinkel zuckten nicht – nur plötzlich schloss sie ihre Augen. Er war sich nicht si-cher, ob sie seinen Blick mied oder einfach nur den ihren zu schützen suchte, aber die Macht, die nicht zuletzt von ihren kühlen, strengen Augen ausging, war gebrochen. Seine Hand schnellte hoch, berührte ihre Wange, ganz vorsichtig, ganz leicht, ein wenig so, wie sie im Stall sein Gesicht berührt hatte. Damals hatte er gemeint, sie würde seine Seele austrinken, würde nichts von ihmübrig lassen. Heute war es anders, heute sah er sich voll werden, übervoll, mit Begehren, das lauter, besitzergreifender, maßloser war als sämtliche Lüsternheit des Leibes.
    Als er die Hand wieder senkte, schlug sie die Augen auf.
    »Tut das nicht!«, brachte sie erstickt hervor.
    Ihre Augen glänzten noch stärker.
    »Tut das nicht«, wiederholte sie und zwinkerte heftig. »Ich ertrage es nicht.«
    »Wie kann ich Euch helfen?«
    Er sah an der sich hebenden Brust, wie heftig ihr Atem ging – und wie sie ihn schließlich mit aller Macht beherrschte. Der Blick, den sie nach einer Weile auf ihn richtete, war nicht länger feucht und aufgewühlt, sondern trostlos.
    »Verliert Euer Herz nicht an eine Frau wie mich. Ich bin längst zerstört.«
    Noch während sie sprach, hatte sie sich umgedreht, huschte davon, nicht mit aufrechtem, festem Gang, sondern wie ein fliehendes Tier. Wieder wollte er ihr nacheilen, so wie zuvor, doch diesmal trat ihm jemand in den Weg.
    Es war Madalgis, und erst jetzt ging ihm auf, dass sie alles beobachtet hatte, was zwischen ihm und der Königin vorgefallen war. Unwillkürlich trat er zurück und fühlte sich ertappt, als hätte er Verbotenes getan.
    »Lass sie in Ruhe!«, zischte Madalgis mit einer Stimme, die er an ihr nicht kannte und die nichts Geringeres verhieß, als dass sie eine war, die zu töten bereit war.
    Balduin nickte schwach. Als Madalgis der Königin folgte, fühlte er, wie seine Knie zitterten.
     
    Lange blieb Balduin im Gang stehen, konnte sich nicht entscheiden, ob er zurück in den Saal oder zum Stall gehen sollte, wo er zu schlafen gedachte. Ludwig würde gewiss nicht dafür sorgen, dass er ein Gemach bekam, und bis er im Saal inmitten der anderen Männer seine Ruhe fände, würde es gewiss bis zum Morgengrauen dauern.
    Immer noch stand er zögernd, als hinter ihm plötzlich ein Gekicher aufbrandete, das ihn nach Judiths heiseren Worten aufdringlich deuchte. Er fuhr herum.
    »Ich wusste nicht«, sagte Joveta mit roten Wangen und gelockten Haaren, die sich unter dem Schleier hervorstahlen, »ich wusste nicht, dass du derlei Geschichten magst. Traurig war, was der Barde uns sang,

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