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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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Gewalt drohen. »Ich würde zum Verräter wie …«
    »Wie ich einer bin«, brachte Balduin den Satz zu Ende, um schnell fortzufahren: »Aber nein, das verlange ich gar nicht von dir. Niemand muss wissen, dass … dass du mir geholfen hast. Sieh, in meinem rechten Schuh trage ich einen kleinen Dolch. Das hat mir mein einstiger Lehrer Arbogast geraten. Ein Krieger, so meinte er, dürfe niemals gänzlich unbewaffnet sein. Suidger, ach Suidger«, seine Stimme geriet nun werbend. »Du müsstest nichts weiter tun, als ihn herauszunehmen und neben mir liegen zu lassen – alles Weitere fügt sich von selbst. Keiner wüsste, wo genau am Leib ich ihn versteckt gehalten habe. Man würde über mich fluchen, es eine heimtückische List nennen. Doch niemand käme auf die Idee, dich anzuklagen. Ich werde auch warten … warten, bis mich noch andere der Männer gefesselt gesehen haben, nachdem du mich wieder verlassen hast. Suidger, denkst du nicht …?«
    Er brach ab, seine Stimme hatte einen flehentlichen Klang angenommen, doch er wollte nicht betteln wie ein Weib.
    Suidger schien nachzudenken. »Ich tu's«, presste er schließlich hervor. »Aber ich tu's nur, weil Ihr so viele Normannen erschlagen habt.«
    Balduin sank zurück. Welch ein Irrwitz, dachte er, dass ihm ausgerechnet das zur Hilfe gereichte …
    Nie war er so lange gerannt, nie hatte er vollkommener Erschöpfung derart entschlossen die Stirn geboten. Seitdem er sich befreit und mitten in der Nacht aus dem Zelt hatte fliehen können, war er so schnellen Schrittes unterwegs, als wären sämtliche Dämonen der Hölle hinter ihm her, auch dann, als die Brust schmerzte und seine Fußballen blutig waren.
    Irgendwann musste er die Geschwindigkeit seiner Schritte drosseln. Aber selbst dann hielt er unbeirrbar an seinem Weg fest –nicht die Truppe vor Augen, die gottlob bisher die Verfolgung noch nicht aufgenommen zu haben schien, sondern Judith, die gewiss irgendwo in Sorge auf ihn wartete.
    Es war noch stockdunkel, als der holprige Weg plötzlich von einem Feuerschein erhellt wurde. Es war das erste Mal, dass er auf andere Reisende traf, bislang war er nur an manch schlafendem Dorf und einem Kloster vorbeigekommen. Er wollte sich unauffällig vorbeischleichen, um weder Fremde zu erschrecken, die ihn für einen Räuber halten konnten, noch sich selbst in Gefahr zu bringen. Doch als er den Weg auf Höhe des Feuers erreicht hatte, fiel ein schwarzer, dünner Schatten auf ihn. Er fuhr herum und erblickte eine nur allzu vertraute Gestalt.
    »Mein Gott, Johanna!«
    Ihre knöchrigen Hände legten sich um ihn. »Allmächtiger Gott, ich danke dir!«, rief sie aus. Nie hatte er sie derart inbrünstig mit dem Herrn im Himmel sprechen gehört, nie war ihm ihre Umarmung derart weich vorgekommen. »Du hast dich befreien können«, stellte sie fest. »Du hast …«
    »Was zum Teufel machst du hier?«, unterbrach er sie hektisch.
    Sie zögerte, sprach aber schließlich doch den ihr verhassten Namen aus. »Judith … Sie wollte dir nachreisen.«
    »Wo ist sie?«, fragte er und löste sich aus der Umarmung.
    Er fühlte ihren Blick, als er zu ihrem Gefährt trat, hörte, wie sich ihre Stimme, eben noch so erleichtert, der Häme nicht gänzlich enthalten konnte.
    »Es ist zu spät, Balduin«, sagte Johanna leise.
    Er hörte nicht auf Johannas Widerworte, denen mittlerweile auch Madalgis und Joveta lauschten, die von den Stimmen geweckt worden waren.
    »Tu das nicht!«, sagte sie ein ums andere Mal. »Das darfst du nicht!«
    »Ihr müsst mit einem Pferd auskommen«, erklärte er barsch, »ich nehme das andere.«
    Das Tier wieherte unruhig.
    »Balduin … Balduin, bitte! Überlass sie den Männern des Königs, sie werden ihr gewiss nichts tun. Und vielleicht, vielleicht verfolgt König Karl dich nicht länger, wenn er denn wenigstens seine Tochter wieder bei sich weiß. Balduin … Es ist zu spät, um einzugreifen. Gewiss hat sie das Lager schon erreicht!«
    Erstmals, nachdem Johanna ihm berichtet hatte, was seit seinem Verschwinden geschehen war – Judith war ihm augenblicklich zu Pferde gefolgt, die anderen Frauen mit dem Gefährt – und er ihr bekundet hatte, was er nun tun würde, blickte Balduin Johanna an. »Du bist verrückt, wenn du meinst, dass ich tatenlos zusehe, wie sie mir in den Westen zu folgen glaubt und sich dabei einer Gefangenschaft ausliefert!«
    »Und wenn es ihr Geschick ist? Denkst du nicht, dass du genug für sie getan hast? Warum willst du dein Leben opfern? Ach

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