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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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den Boden hauen.
    »Es tut mir leid«, meinte er schließlich, als wäre damit alles gesagt. »Es tut mir wirklich leid.«
    Judith starrte ihn an.
    »Warum, Lothar?«, fragte sie tonlos. »Warum nur?«
    »Es tut mir leid«, wiederholte der König, »aber ich musste es tun. Ich habe euch gerne aufgenommen, aber jetzt ist es zu bedrohlich geworden.«
    »Warum hast du nicht mit mir darüber gesprochen? Warum hast du es einfach getan?«, fragte Judith, und sie war überrascht, dass ihre Stimme so beherrscht klang.
    Lothar starrte auf seine Fußspitzen, während er weiter aufund abschritt.
    »Es hat mit Ludwig zu tun … deinem Bruder.«
    »Ist er tot?«
    Erst jetzt fiel Judith auf, dass sie in den letzten Monaten kaum an Ludwig gedacht und nur selten mit Balduin über ihn, seine Pläne zur Revolte und was daraus geworden war, gesprochen hatte. Vielleicht, weil sie das neue, fremde Land, in dem sie Zuflucht suchten, rein halten wollten von dem, was hinter seinen Grenzen geschah. Nun schwappte es zu ihnen herüber.
    »Er ist nicht tot«, sagte Lothar, »aber seine Revolte gegen Euren Vater ist gescheitert. König Karl hat ihn unterworfen, genau genommen hat das Robert von Anjou, genannt der Starke, getan.«
    Er sprach weiter, vielleicht, um sich gegen neue Vorwürfe ihrerseits zu schützen. »Wahrscheinlich weißt du, dass Robert von Anjou sich wieder mit König Karl versöhnt hat, obwohl er kurz zuvor noch selbst dessen Feind war.«
    Judith nickte. Robert der Starke, der vor zehn Jahren in Servais zum Sendgrafen für Maine, Anjou und Touraine ernannt worden war, hatte es dem König nicht nur einmal schwer gemacht. Im Jahre 860 hatte er sich so stark gefühlt, dass er gar die Unabhängigkeit vom Herrscher einforderte und auf diese Weise bekundete, seine stolze Familie stünde der des Königs um nichts nach. König Karl hatte empört reagiert und ihm prompt sämtliche Benefizien entzogen, was Robert schließlich zum Einlenken bewogen hatte. In Entrammes bei Le Mans hatten sie zu Beginn des Jahres ihren Friedensschluss gefeiert – gerade der rechte Zeitpunkt, um Robert im Kampf gegen den aufrührerischen Sohn einzusetzen.
    »Aber Ludwig hatte doch einen Verbündeten, den mächtigen
Dux
Salomon«, sagte Judith, obwohl sie eigentlich nichts über ihren Bruder wissen wollte. Und doch sagte eine Stimme in ihr, dass es besser war, das Große und Ganze zu begreifen, ehe sie an das Wohlergehen ihres Gatten denken konnte.
    »Zunächst schienen die Bretonen auch überlegen. Ludwigs und Salomons Heer hat mit Mord, Feuer und Raub das Gebiet von Anjou und einige andere Gaue zerstört«, erzählte Lothar schulterzuckend. »Doch als sie mit ihrer Beute unterwegs in die Bretagne waren, hat Robert angegriffen. Zweihundert Edle der Bretonen sind gestorben, Salomon hat schließlich aufgegeben. Ludwig versuchte noch zu fliehen, aber offenbar hat Robert ihm persönlich sämtliche Waffen abgenommen und ihn einem Gefangenen gleich dem König vorgeführt. Dein Vater hat ihm die Abtei Saint-Martin entzogen, um diese wiederum Hukbert zu übergeben, obwohl alle Welt weiß, dass das ein verheirateter Pfaffe ist. Ein perfides Mittel, um Ludwig und seine Frau Ansgard noch mehr zu demütigen. So wie es aussieht, hat man ihnen jetzt die Grafschaft Meaux und die Abtei Saint-Crispin zugeteilt, und dort müssen sie leben … wie Gefangene.«
    »Er hätte es übler treffen können«, murmelte Judith. Nicht immer waren die Karolingerkönige mit aufständischen Söhnen gnädig verfahren. Schon mancher war auf ewig in einem Kloster verschwunden und dort zwangsweise geschoren worden.
    »Das … das ist nicht alles«, gab Lothar zu bedenken. »Dein Vater hat sich etwas dabei gedacht, ihn ausgerechnet nach Meaux zu schicken. Du weißt doch von Völundr?«
    »Einem der Anführer der Normannen? Seit Jahren sucht er die Lande heim.«
    »Und nicht immer stößt er auf den Widerstand deines Vaters. Er hat mit Völundr Verhandlungen aufgenommen und ihm zugestanden, dass er sich mit seiner Truppe in Melun niederließ. Eine weitere Garnison, unter der Führung von Völundrs Sohn, hat mit Duldung deines Vaters in Fossé das Winterlager aufgeschlagen. Es heißt, einige ranghohe fränkische Gefangene seien im Gegenzug freigelassen worden. Nun, von Melun aus hat Völundr Meaux mehrmals überfallen und ausgeraubt. Die Stadt ist so gut wie zerstört.«
    »Und ausgerechnet dorthin hat man meinen Bruder jetzt verbannt?«
    »So ist es. Scheinbar werden von den Mönchen von Meaux

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