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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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ihrem Geschmack gewesen, als zuvor sämtliche Höflinge und Kleriker auseinandergestoben waren, kaum dass sie zu reden angesetzt hatte. Dass sie den Papst ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis einfach anrief, hatte die Gefolgsleute derart schockiert, dass keiner den Versuch unternommen hatte, sie zum Schweigen zu bringen. Schließlich war Papst Nikolaus selbst zu ihr getreten und hatte die Hand gehoben – freilich zu spät. Das, was sie der Welt hatte verkünden wollen, war gesagt.
    »Es ist nicht so, dass Wir die Regungen deines Herzens missachten«, setzte Nikolaus gedehnt an. »Aber zugleich wollen Wir deinen Vater nicht vor den Kopf stoßen.«
    »Das Frankenreich ist zersplittert, es gibt der Könige viele«, gab Judith zurück. »Der fränkische Christ kann seinem Ortsbischof darum nicht länger trauen, denn jener mag die Interessen seines Königs oft mehr im Sinn haben als die der Kirche. Ihr allein, Heiliger Vater, der Ihr hier in Rom residiert, seid frei von jedwedem Vorurteil. Ihr müsst Euch keinem König unterwerfen –und auch nicht der Meinung eines Hinkmar von Reims folgen.«
    Ihre Worte kamen immer schneller, wirkten jedoch nackt, weil sie von keiner mitreißenden Geste begleitet wurden. Papst Nikolaus schien diese nicht zu fehlen, auch er regte sich kaum. »Ich habe keinen Grund, an Hinkmars Urteil zu zweifeln«, sagte er. Es entging ihr nicht, dass er erstmals auf den Pluralis majestatis verzichtete.
    »Und warum nicht?«, gab Judith forsch zurück. »Euer Vorgänger, Leo IV, hat immer klar betont, dass die Bischöfe nicht ohne Rückfragen in Rom tätig werden sollten. Doch ich kann mich daran erinnern, dass Hinkmar einst, als er Bischof wurde, eigenmächtig Geistliche abgesetzt hat, weil jene Günstlinge seines verhassten Vorgängers Ebbo waren. Dafür wurde er nicht zuletzt von Eurem Vorgänger scharf gemaßregelt.«
    »Was allerdings nichts mit deiner Ehe zu tun hat.«
    »Das mag sein. Ich denke jedoch, Ihr tut gut daran, Euch dannund wann zu vergewissern, dass Hinkmar sich Euch nicht minder bereitwillig beugt als zuvor Papst Leo. Gilt nicht auch für Euch der Grundsatz: Der Papst hat das Recht, die Angelegenheiten aller Kirchen zu regeln, alle Synoden dürfen nur auf seine Anordnung hin einberufen werden, die Metropoliten unterstehen seiner Autorität; wo das Kirchenrecht schweigt, kann er neues Recht einsetzen?«
    Ihre Worte klangen wie auswendig gelernt – was dem Papst nicht entging. »Ich sehe, du zitierst mich.«
    »Ein König muss zum Wohle der Kirche handeln, nicht der Papst zum Wohle des Königs«, sagte sie. »Ihr seid meinem Vater nichts schuldig, Eurem Amt hingegen schon. Und Ihr seid auch keinem Bischof wie Hinkmar von Reims etwas schuldig. Unter Bonifaz III. wurde doch festgehalten, dass der römische Bischof das Haupt aller Kirchen ist. Hinkmar darf als Erzbischof Anteil an Eurer Machtfülle nehmen, doch er ist ein Untergebener des Papstes, Euch nicht ebenbürtig.«
    Nikolaus beugte sich etwas nach vorne, hob dann ein Buch in die Höhe, das sich auf seinem Schreibtisch befand. »Weißt du, was das ist, Judith?«
    »Solange ich es nicht gelesen habe … nein.«
    »Nun, vielleicht kennst du diese Schriften«, sagte der Papst mit jenem eigentümlichen Zucken der Mundwinkel, das auf ein Lächeln schließen lassen konnte. »Es ist die Vita einer großen Frau, aufgeschrieben von einer Nonne, die die letzten Lebensjahre von ihr bezeugt hat. Einer frommen, gottgefälligen Frau, im übrigen auch einer Königin.«
    Judith erwiderte sein Lächeln, das ebenso wenig ihre Augen erreichte wie seins. »Wenn Ihr darauf zu sprechen kommt, so wollt Ihr mir gewiss sagen, dass ein solch tugendhafter Mensch mir zum Vorbild gereichen sollte.«
    »Nicht nur dir, liebste Judith, sondern der ganzen Christenheit. Die Menschen deiner Heimat verehren sie als Heilige – und ich werde mich diesem Urteil anschließen, auf dass viele ihrem Beispiel folgen. Dem Beispiel, stets auf das Wort Gottes zu hören, bescheidenund demütig seine Pflichten zu tun, sämtlichen Lastern abzuschwören und Kraft allein aus dem Gebet zu sammeln.«
    Salbungsvoll klang er, als spräche er nicht länger zu ihr allein, sondern zu seiner ganzen Kirche. Judith ließ sich davon nicht einschüchtern.
    »Ich würde nicht hier stehen und Euch in Gewissensnöte stürzen, würde ich mich ebenfalls so verhalten – das wollt Ihr mir doch sagen, nicht wahr? Wer ist sie … diese Heilige?«
    »Bathildis ist ihr Name«, antwortete der Papst,

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