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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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Reich bekannt war.
    »So ist es«, bestätigte sie.
    »Ich habe von ihm gehört«, sagte der Mann, und es war nicht recht herauszuhören, ob in seiner Stimme Respekt oder Verachtung durchklang. »Er ist ein mutiger Krieger … und hat vielen meines Volkes den Tod gebracht.«
    Johanna zögerte. Wieder wusste sie nicht, ob dies als Anerkennung gemeint war, weil Balduin solcherart ein würdiger Gegner war, oder als Ausdruck lang schwelenden Hasses. Sie entspannte sich erst, als der Mann zu seinem Sohn trat, ihm die schweren Hände auf das blonde Köpfchen legte, halb schützend, halb streichelnd.
    »Er ist … er ist nicht als Feind hierhergekommen«, erklärte sie.
    Dann wandte sie sich ab. Eben trat Balduin aus Roriks Haus.
     
    Nachdem sie den Ort verlassen hatten, ritten sie lange schweigend. Auch als sie die Rauchsäulen, die von den vielen Häusernhochstiegen, nicht mehr sehen konnten, fühlte Johanna immer noch die neugierigen Blicke der Menschen auf sich ruhen, die bei ihrer Abreise ein ähnlich stilles Spalier gebildet hatten wie bei ihrer Ankunft. Gleichwohl sie hier niemand belauschen konnte, deuchte es Johanna noch gefährlich, Balduin zu drängen, ihr mehr von seinem Gespräch mit Rorik zu verraten.
    Der Himmel war farblos wie am Tag zuvor, die Luft ein wenig salziger und schwüler, weil der Wind nachgelassen hatte. Johanna musste sich mehrmals den Schweiß von der Stirne wischen und verbiss sich mühsam ein ächzen. Noch am Tag zuvor, als sie es betreten hatten, hatte sie gehofft, dieses Dorf so schnell wie möglich zu verlassen – jetzt freilich bedauerte sie es, dass sie sich dort nicht länger hatte ausruhen und wieder zu Kräften kommen können, ehe sie sich auf den anstrengenden Rückweg machten.
    Ihre beiden jungen Begleiter schienen unruhig. Auch sie wagten nicht, die Stille zu durchbrechen, warfen Balduin aber neugierige Blicke zu. Balduin schien es nicht zu bemerken. Als Johanna versuchte, seine Miene zu deuten, musste sie erkennen, dass sie nicht nur verschlossen, sondern regelrecht verdrossen wirkte.
    Indes sie ihre Neugierde beherrschen konnte, wollte sie ihm zumindest ihr Verständnis bekunden – für das, was er getan hatte, auch wenn sie über den genauen Umfang seines Bündnisses mit Rorik nichts wusste.
    »Es sind keine Tiere«, sagte sie, »ich habe das immer geglaubt, aber … vielleicht sind es Menschen wie wir. Vielleicht ist es darum richtig, dass du dich in Roriks Dienst stellst. Ich meine, König Karl lässt dir doch keine andere Wahl, als ein Bündnis mit den Normannen zu schließen.«
    Balduin blickte verwirrt auf und sah sie an, als wüsste er nicht, wovon sie redete, und als wäre es das Unsinnigste, was er jemals vernommen hatte.
    »Das hast du doch, oder?«, fragte sie. »Du hast dich doch mit Rorik verbündet?«
    »Ja«, erklärte er gedehnt und machte dabei einen hilflosen Eindruck.»Ja, das habe ich getan. Ich habe zugesagt, fortan an seiner Seite gegen die Truppen des Königs zu kämpfen und ihm alles über deren Taktik zu verraten. Im Gegenzug soll ich die Stadt Dorestad bekommen, was wiederum heißt, dass ich die aufrührerischen Kaufleute von dort verjagen soll.«
    Johanna legte ihre Stirn in Falten. »Du klingst … du klingst, als hätte das alles nichts mit dir zu tun.«
    Er zuckte die Schultern, rang eine Weile mit sich und stieß dann hervor: »Ich werde mich an dieses Bündnis nicht halten. Ich habe Rorik einen Schwur geleistet, aber ich werde ihn brechen.«
    Die beiden Burschen, die hinter ihnen ritten, begannen aufgeregt zu tuscheln.
    »Aber … aber du bist doch hierhergekommen …«, setzte Johanna an.
    »Ja, ich bin hierhergekommen, um aller Welt zu zeigen, dass ich durchaus bereit wäre, Rorik als Lehnsherr zu dienen. Und ich habe auch dich das glauben lassen, auf dass du mich nicht durch ein unbedachtes Wort oder eine Geste verraten würdest. Aber … aber es hat von Anfang an dem Zwecke gedient, König Karl unter Druck zu setzen. Er weiß nun, dass ich es ernst meine. Und ich glaube nicht, dass er es zulassen wird, dass ich mit dem Feind gemeinsame Sache mache.«
    Johanna wusste nicht, was sie mehr beunruhigte: dass er ihr seine Absichten verschwiegen hatte oder dass sie zu sehr mit sich, ihren Ängsten und Erinnerungen beschäftigt gewesen war, um zu erahnen, was in ihm vorging.
    »Wenn du König Rorik dein Wort gegeben hast, darfst du es nicht einfach brechen!«, entfuhr es ihr unwillkürlich.
    Balduin lachte auf, bitter und trostlos. »Das sagst du

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