Das Geständnis der Amme
auseinanderpresste. Ehe er sich auf sie legen konnte, hielt sie ihn zurück und richtete sich wieder auf. Nicht mit Worten,sondern mit Gesten und Blicken deutete sie an, was sie von ihm wollte, und er verstand und folgte ihrem Beispiel, indem er nun seinerseits begann, sich langsam, unerträglich langsam auszuziehen und seinen eigenen Körper zu berühren, seine vernarbten Schultern, seine festen Brustwarzen, den harten Bauch, sein Geschlecht, das sich aufrichtete, unter seinen Fingern wuchs, schließlich unter ihren, nachdem sie der Spur seiner Hände gefolgt war.
Nun endlich ließ sie sich zurückfallen, ließ mit der einen Hand nicht von seinem Körper und streichelte mit der anderen den eigenen.
»Komm zu mir«, flüsterte sie rau, als er sich auf sie legte, als sie nicht mehr wusste, wo sein Leib begann und der eigene endete. »Komm zu mir … «
Wenig später lagen sie erschöpft nebeneinander, die Körper klebrig und langsam erkaltend.
Sein Brusthaar erzitterte dort, wo ihr Atem es traf, weich und gleichmäßig nun, nicht länger so hart und abgehackt wie noch vor wenigen Augenblicken, als dieser Atem – desgleichen wie der unruhige Herzschlag – den Zuckungen ihres Leibes gefolgt war. Sie hatte aufgeschrien, als ihre Lust den Höhepunkt erreicht hatte, ihr Körper sich plötzlich krümmte. Die Starre, die dem folgte, erschreckte ihn kurz; er ängstigte sich, dass er ihr wehgetan hätte. Obwohl all ihr Tun so selbstverständlich, so natürlich erschienen war, hatte er bis zuletzt den Zweifel nicht abstreifen können, ob er ihr wirklich Lust bereitete. Doch dann, als sie die Augen geöffnet hatte – ihre Wangen waren tief gerötet –, stand darin weder Vorwurf noch Unbehagen, nur der satte Friede eines Leibes, der, eben noch von Anspannung und Begehren gejagt, sich nunmehr ausruhen konnte. In diesem Moment, noch in ihren Blick versunken, überkam diese Befriedigung auch ihn selbst, nicht laut und stürmisch wie einst, sondern fast schmerzhaft sanft. Für einige Augenblicke, da er nicht atmen konnte, der Herzschlag aussetzte, auch sein Atem, verharrte er ganz in dieserLust gefangen, ehe diese sich mit einem leichten Kribbeln zurückzog.
Als er sich von ihr rollte, war Judith bereits eingeschlafen, zumindest schien es so, denn sie atmete regelmäßig und hielt ihre Augen geschlossen.
Er blieb ruhig liegen und widerstand dem Durst, den ihm die trocken gewordene Kehle aufzwang. Das konnte warten, desgleichen wie die Entscheidung, ob dies als Zeichen ihrer Versöhnung genügte.
Als sie erwachte, war er fast eingenickt.
»Balduin«, murmelte sie. Er öffnete die schweren Lider, hoffte, sie würde ihnen noch einige Momente der schläfrigen, gelassenen Ruhe schenken, ehe sie sie mit Worten füllte. Doch sie störte diese Ruhe nicht lange, sondern begnügte sich mit einem Satz, ehe sich ihr Kopf wieder senkte und auf seiner Brust zu liegen kam.
»Balduin … ich glaube, wir werden ein Kind haben.«
Er nickte wortlos, dachte an den Augenblick im Saal, als er dem König den Eid geschworen hatte. Er war voller Angst gewesen vor dem Krieg, der ihn erwartete, und der Armut, weil Judith keine Mitgift bekam. Jene Angst war nicht geschwunden, aber sie ward nicht länger von der Frage begleitet, wozu er dieses Leben auf sich nahm.
Für Judith, dachte er und schloss die Augen. Für unseren Sohn. Für unsere Kindeskinder, die irgendwann in Frieden leben werden.
Der Geruch der Blüte war so stark, dass er in Johannas Nase kitzelte und sie beinahe niesen musste. Dennoch beugte sie sich fasziniert über das Beet, das ihr Rotrude zeigte. Eine Woche währte nun schon der Aufenthalt in Verberie, und Johanna sehnte sich nach dem Augenblick, da sie endlich wieder die Heimreise antreten würden – und doch hatte sie inmitten des Hofstaats einen Menschen gefunden, mit dem sich nicht nur vernünftig reden ließ, sondern von dem sie sogar manches lernen konnte.
Wenig war über diese Rotrude bekannt. Johanna hatte rasch festgestellt, dass im Umfeld des Königs meist über das geschwiegen wurde, was sein Missfallen erregen konnte. So erging es Judith und Balduin, die trotz der Eheschließung und des neuerlichen Lehnseids wie Luft behandelt wurden, und so erging es Rotrude, einer Verwandten des Königs – Johanna glaubte herausgefunden zu haben, dass es die Cousine einer seiner Tanten war –, die in Jugendjahren beschlossen hatte, weder zu heiraten noch ins Kloster zu gehen, sondern den dritten Weg erwählt hatte, der
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